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Schönwetter-Hoffnung zum Klimagipfel

Die Erwartungen an den gestern begonnenen Klimagipfel im mexikanischen Cancun sind nach dem Scheitern in Kopenhagen gering. In Teilbereichen erhoffen sich einige Teilnehmer aber Fortschritte - und dadurch neues Vertrauen untereinander.

Von Georg Ehring | 29.11.2010
    Der erste offensichtliche Unterschied sei das Wetter, meint Christiana Figueres, die Chefin des UN-Klimasekretariats. Anstatt wie in Kopenhagen in Eiseskälte und Schneechaos treffen sich die Teilnehmer des Weltklimagipfels im tropisch heißen Mexiko, im Badeort Cancun an der Karibikküste. Die Unterhändler tagen streng abgeschirmt in einem Nobelhotel, für Veranstaltungen und Aktionen von Umweltverbänden und anderen Interessengruppen ist die Messe der Stadt in sicherer Entfernung reserviert. Chaotische Szenen wie im vergangenen Jahr soll es dieses Mal nicht geben.

    "In dieser Situation werden wir nicht noch einmal sein. Wir planen dieses Mal sehr bewusst, wie viele Menschen wir in die Halle lassen werden, um die Grenzen für die Sicherheit in den Hallen nicht zu sprengen. Die Regierung von Mexiko hat uns gesagt, wie viele das sein können."

    Trotzdem werden wohl mehr als 20.000 Menschen zum Klimagipfel kommen, diese Zahl nannte das mexikanische Außenministerium. Dabei sind die Erwartungen an das politische Ergebnis bescheiden geworden. Es geht um Fortschritte in Teilbereichen, so bei der Unterstützung von Entwicklungsländern bei der Anpassung an den unvermeidlichen Klimawandel und um Schutz der Wälder.

    Zumindest könnte die Völkergemeinschaft das Ziel festschreiben, dass die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzt wird, hofft Martin Kaiser von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Ein großes Klimaabkommen unter Beteiligung aller Staaten ist derzeit nicht in Sicht.

    "Es ist klar geworden, dass Präsident Obama und die USA im Klimaschutz keinen Millimeter vorankommen werden. Deshalb liegt es jetzt auch gerade an Deutschland und der Europäischen Union, den Verhandlungsprozess von den USA unabhängig zu gestalten und gemeinsam mit Ländern wie China und Indien jetzt ein zukunftsfähiges Abkommen zu skizzieren."

    Die Differenzen zwischen den in mehreren Gruppen zusammengeschlossenen Staaten sind groß: China und Indien machen im eigenen Land bei der Einführung erneuerbarer Energien Fortschritte, vor allem bei den Chinesen könnte dies dazu führen, dass sie ihre Klimabilanz auch international stärker überprüfen lassen. Das hatten sie in Kopenhagen verweigert, was im vergangenen Jahr zum mageren Ergebnis beigetragen hatte.

    Kleine Inselstaaten drängen auf radikalen Klimaschutz, andere von der weltweiten Erwärmung besonders bedrohte Länder haben sich mit ihnen zusammengeschlossen und wollen als Ziel eine Erwärmung der Welt um höchstens eineinhalb Grad. Carlos Fuller aus Belize spricht für die Gemeinschaft der englischsprachigen Länder in der Karibik:

    "Wir sagen, das ist das Äußerste, was wir verkraften können. Schon ein Temperaturanstieg um einen Grad zerstört viele unserer Korallenriffe, wäre also zu viel. Deshalb müssen wir den Anstieg so weit wie möglich unter eineinhalb Grad halten."

    Die derzeit unüberbrückbaren Gegensätze haben auch zu Zweifeln an den Erfolgsaussichten internationaler Klimakonferenzen generell geführt. Abkommen in Einzelfragen sollen in Cancun Vertrauen schaffen und dazu beitragen, dass in den nächsten Jahren auch eine Einigung über Emissions-Obergrenzen weltweit wieder machbar wird. Das Kyoto-Protokoll von 1997, das die großen Industriestaaten außer den USA mit Minderungspflichten belegte, läuft Ende 2012 aus.

    Auch wenn der Fortschritt als Schnecke daherkommt - nach Ansicht von UN-Klimachefin Christiana Figueres gibt zu weltweiten Verhandlungen unter Beteiligung aller Staaten keine Alternative.

    "Sie müssen sich noch einmal klar machen, dass das Klima ein globales Problem ist und letztlich nur eine globale Lösung haben kann. Es gibt auf der Welt kein einziges Land, ob klein oder groß, das nicht bereits direkt vom Klimawandel beeinträchtigt ist. Deshalb müssen alle Länder Teil der Lösung sein. Im Verlauf dieses Jahres hat sich ein wachsendes Verständnis dafür entwickelt, dass viele Länder diese Angelegenheit viel ernsthafter angehen und Vertrauen zueinander wieder aufgebaut haben."