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Schokoladiger Dreiklang

Steffen Kohlert, Hallore auf Lebenszeit, genießt offensichtlich die Wirkung, die der riesige Saal auf mich macht mit seinen Holzbalken und goldbestickten Fahnen an den Wänden. Ursprünglich wurde hier Salz gelagert. Heute ist es das Halloren- und Saline-Museum.

Von Sabine Wuttke | 03.01.2010
    Hubertus Sommerfeld auf dem Händel Weinberg
    Hubertus Sommerfeld auf dem Händel Weinberg (Sabine Wuttke)
    "So, herzlich willkommen bei den Halloren, im Festsaal der Salzwirker-Bruderschaft der ehemaligen königlich-preußischen Saline. Nehmen Sie Platz."

    Steffen Kohlert, Hallore auf Lebenszeit, genießt offensichtlich die Wirkung, die der riesige Saal auf mich macht mit seinen Holzbalken und goldbestickten Fahnen an den Wänden. Ursprünglich wurde hier Salz gelagert. Heute ist es das Halloren-und Saline-Museum.

    "Das Schöne an dem Saal ist die Originalausstattung mit den alten Balken und natürlich die vielen Fahnen, die der Bruderschaft über Jahrhunderte hinweg geschenkt wurden. Wir haben hier zum Beispiel die älteste Fahne aus dem Jahre 1608."

    Geschenke, die ahnen lassen, welche Wertschätzung die Salzwirker-Bruderschaft genoss, die älteste Bruderschaft der Welt übrigens. Kein Wunder, denn mit dem "weißen Gold" haben die Hallorenarbeiter den Landesherren die Kassen gefüllt. Auf dem Gelände des Museums ist eine solche Salzsiederei noch heute zu besichtigen und zu erleben.

    "So, hier riecht's auch noch richtig nach Rauch. Geräusch. Merken Sie das, es ist alles schwere Handarbeit. Oder, wie man in Halle sagte, schwere Kläche, der Sieder hat im Endeffekt diese Siedepfanne angefeuert mit Stroh und Holz und hat dann unter der Pfanne immer ein ordentliches Feuer brennen lassen, damit die Sole auf eine Temperatur von 80 bis 90 Grad gebracht werden konnte. Und dann muss man im Endeffekt die Salzkristalle, die auf den Pfannenboden abgesunken sind, mit einer Schaufel in den Weidekorb bringen. Und das den ganzen Tag, bis ein Tagwerk vollbracht ist. Und man sprach über die Salzsieder einst, sie wären weiße Äthiopier, rußgeschwärzt, und wenn man den Qualm hier so erlebt, kann man sich auch vorstellen, dass das mit Feuer und Hitze eine sehr anstrengende Arbeit war. Das Prinzip der Salzsiederei ist hier wunderbar nachvollziehbar. Wasser verdampft, Salz bleibt zurück. Es sammelt sich am Pfannenboden."

    Einen angenehmen Nebeneffekt gab es übrigens auch noch, mit dem die schwere Arbeit des Salzsiedens "unterfüttert" wurde ...

    "Oben hingen die Würste. Wenn man keinen Schornstein hatte, kann man natürlich über einer Siedepfanne auch ordentlich räuchern, und so war es üblich bei den Halloren, dass Schlackwürste über den Siedepfannen hingen und das eine oder andere Ei wurde auch als Solei hergestellt."

    ... um verschenkt zu werden ...

    "Es ist ein alter Brauch, dass zum Neujahr die traditionellen Geschenke Schlackwurst und Soleier überreicht werden, und es gibt eine Übereinkunft mit dem Bundespräsidialamt, dass jeweils bei einem Amtsantritt eines neuen Bundespräsidenten, dass dieses alte Halloren-Ritual auch beim Bundespräsidenten durchgeführt wird. Horst Köhler hat schon Halle'sche Schlackwurst und Soleier probiert."

    Die alte Salzsiederei liegt nicht von ungefähr direkt an der Saale. Der Fluss war ein wichtiger Transportweg für Waren aller Art. Die schweren Lastkähne haben einerseits Brennmaterialien für die Saline gebracht und im Gegenzug das Salz zum Teil bis nach Böhmen transportiert. Alte Speicher am Fluss zeugen davon, dass Halle einmal ein Handelsknotenpunkt war, nicht nur Salz verschifft, sondern das eine oder andere auch zwischengelagert wurde. Einer dieser noch erhaltenen sanierten Speicher ist seit 1997 Hotel. Werner Kupfernagel gehört seit der Eröffnung zum Haus und bestätigt:

    "Das Ankerhofhotel wurde 1836 gebaut als Speicher direkt am Saale-Arm gelegen und diente als Zwischenstation. Das ging von Weizen, Salz hin bis zu sämtlichen Waren, die man hier gebraucht hat."

    Vielleicht wurde ja hier auch der Wein von Händels Weinberg zwischengelagert - vor dem Weitertransport nach England? Denn Händels Familie,

    "... die hatten ja diesen Weinberg bei Höhnstedt, und berichtet wird, Händel ließ sich diese Weine später sogar bis nach England bringen."

    "Also dann, herzlich willkommen auf dem Händel-Weinberg und sehr zum Wohl!"

    Hubertus Sommerfeld genießt es, vor dem Weinberghäuschen in der Sonne zu sitzen, hier oben, mit dem Blick in das Naturschutzgebiet Salzatal, einen Schluck Wein zu probieren. Laut Urkunde kaufte Händels Großvater diesen Weinberg 1624. Vor rund zehn Jahren haben ihn Hubertus und Ilse Sommerfeld wieder aufgerebt. 203 Rebstöcke der Sorte Gutedel, der ältesten bekannten Rebsorte, wachsen seitdem wieder hier, an der Weinstraße Mansfelder Seen, wenige Kilometer nordwestlich der Saalestadt. -Händel, Halle und Halloren sind ein Dreiklang. Den Namen Halloren trägt übrigens auch die älteste deutsche Schokoladenfabrik – in Halle. Deren Geschichte geht bis 1804 zurück. Die neueste Kreation stammt aus dem Jahr 2.009 – Händelpralinen, per Hand hergestellt von der 30-jährigen Madeleine Laurich, seit fünf Jahren Chocolatier.

    "Wir haben hier einen gefüllten Hohlkörper mit englischem Toffee und Haselnusskrokant, und das Ganze mit einer zweiten Schicht Nugat, und das wird jetzt überzogen in dunkler Schokolade. Ich tauche die Händelpraline in die Schokolade ein, streif das schön ab und setze es auf mein Pergamentpapier, lasse es kurz anziehen, und dann noch ein Aufleger, das ist weiße Schokolade mit einem Notenblatt und den Initialen von Händel, die werden draufgelegt und drei Körner Salz. Und fertig ist die Händel-Praline. Und das ist so eine Kombination zwischen England und Halle, das haben wir in dieser Praline vereinigt. Englischer Toffee, weil er in England gelebt hat und Halloren das haben wir mit dem Salz verbunden."

    Halle und Händel – bis zu seinem 18. Lebensjahr war er in der Saalestadt zu Hause, aber es blieb eine Verbindung über seinen Tod hinaus. Und in Halle erzählt man sich gern, dass in seinem berühmtesten Oratorium, dem Messias, das große Halleluja ist

    "... vielleicht auch wirklich ein bisschen eine Hommage an Halle ..."