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Schottisches Referendum
Heiße Phase im Kampf um die Unabhängigkeit

TV-Duell, die zweite Runde: Alex Salmond und Alistair Darling werden im britischen Fernsehen über Währung, Erdöl und schottische Identität streiten. Denn in knapp vier Wochen entscheiden die Schotten im Referendum über ihre Unabhängigkeit. Der Wegbereiter der Volksabstimmung Salmond konnte sich im ersten TV-Duell nicht durchsetzen.

Von Jörg Ambrüster | 25.08.2014
    Schottlands Erster Minister Alex Salmond und der frühere britische Finanzminister Alistair Darling diskutierten beim TV-Duell über das Für und Wider einer Unabhängigkeit des Landes.
    Schottlands Erster Minister Alex Salmond und der frühere britische Finanzminister Alistair Darling diskutierten beim TV-Duell Anfang August über das Für und Wider einer Unabhängigkeit des Landes. (AFP / Pool / Peter Devlin)
    Alex Salmond ist einer der Wegbereiter dieses Referendums, seit Jahren hat er mit seiner Scottish National Party Werbung gemacht für ein unabhängiges Schottland. Er gilt außerdem als redegewandt und schlagfertig. Trotzdem konnte er sich beim ersten Fernsehduell Anfang August nicht wirklich durchsetzen - im Wortgefecht mit Alistair Darling, dem ehemaligen Labour-Finanzminister, blieb er schwach.
    Pfund oder Euro?
    Die heiße Phase vor diesem Referendum hat inzwischen begonnen und neben der Frage, welche Seite die bessere Figur macht, geht es immer mehr um harte Fakten, vor allem ums Geld. Zum Beispiel darum, ob die Schotten das Pfund behalten können. Alex Salmond will das gerne - eine eigene schottische Währung wäre für ihn ein zu großes Risiko - aber die Regierung in London hat immer wieder klargemacht, dass eine Währungsunion im Falle der schottischen Unabhängigkeit für sie nicht in Frage kommt. Salmond bleibt allerdings ebenfalls stur - so wie hier bei einer Debatte im schottischen Parlament.
    "Wir werden das Pfund auf jeden Fall behalten, und zwar weil wir uns nach dem Willen der schottischen Bürger richten. Das Pfund gehört nicht den Politikern in London - es ist Schottlands Pfund, und wir behalten es."
    Ein Ausweg aus dieser Währungskontroverse wäre natürlich ein Euro-Beitritt. Aber der Euro ist bei den Schotten nicht sehr populär - und das nutzen die Unabhängigkeitsgegner gnadenlos aus. Ed Balls, der ehemalige Labour-Finanzstaats-Sekretär meinte gestern in der "Sunday Times" mit einem mitleidigen Unterton, ein unabhängiges Schottland habe keine andere Möglichkeit als den Euro einzuführen, mit allen unangenehmen Konsequenzen, die das dann leider mit sich bringe. Diese Währungsdebatte wird deshalb mit Sicherheit heute Abend beim TV-Duell weiter geführt.
    Streit um Erdöl-Vorkommen vor der Küste
    Gestritten wird in diesen Tagen auch um die Erdöl-Vorkommen in der Nordsee vor der schottischen Küste. Die Unabhängigkeitsbefürworter sehen darin noch für Jahrzehnte eine sprudelnde Einnahme-Quelle, die Gegenseite bezweifelt das. Und vor einigen Tagen bekam sie dafür Unterstützung, und zwar ausgerechnet von Ian Wood, einem der angesehensten Öl-Unternehmer des Landes, ebenfalls Schotte.
    "Ich glaube es ist meine Verantwortung, dass ich auf die Fakten hinweise - vor allem, wenn es um Fakten geht, die für viele Schotten bei diesem Referendum von Bedeutung sind. Und da ist es leider so, dass die Schätzungen über die Öl-Vorkommen sehr ungenau sind - da klafft sozusagen ein riesiges Loch."
    Schottische Identität
    Harte Fragen, wie die nach der künftigen Währung oder den Öl-Reserven sind natürlich nur die eine Seite der Medaille - für viele Schotten geht es bei diesem Referendum auch um die eigene Identität, immer wieder ist davon die Rede, dass Schottland mit der Unabhängigkeit ein besseres Land werde, ein Land ohne Atomwaffen, ein Land ohne die eiskalte Londoner Sozialpolitik, ein grüneres Land. Für viele Schotten ist ihr Land das bessere Großbritannien. Der Biologe Hugh Pennington hat das vor einigen Tagen in der BBC so formuliert.
    "Ich will nicht rassistisch sein, aber wir Schotten nehmen dem englischen Charakter etwas von seiner Schärfe, wir haben in der Vergangenheit immer wieder einige der negativen Aspekte der englischen Kultur abgemildert - die schottische Aufklärung zum Beispiel hat diesem Land sehr gutgetan."
    Gerade solche Argumente bringen aber auch viele Schotten auf die Palme, der Journalist Alaistair McKay meinte vergangen Woche in einer Zeitungskolumne, er schäme sich für diese Art von nationalistischer Rhetorik, die Schottland als einen Wegbereiter in eine neue bessere Welt darstelle. Das Rennen bleibt allerdings spannend: Die Unabhängigkeitsbefürworter liegen zwar in den Umfragen immer noch zehn Punkte hinter den Gegnern, aber ein erheblicher Teil der Schotten ist noch unentschlossen.