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Schreiben statt kellnern

Über die Internetseite mylittlejob.de können Studierende Minijobs finden, die man bequem von zu Hause aus erledigen kann. Der Lohn: Zwölf Euro die Stunde. Jeder, der den 25 Fragen umfassenden Wissenstest besteht, kann mitmachen. Doch der Minijob von daheim hat auch Nachteile.

Von Marcus Engert | 29.04.2013
    Es nervt. Dieses alte, klappernde Fahrrad. Ein neues Rad muss her. Aber gerade jetzt passt es so gar nicht. Da kommt das Angebot von "mylittlejob.de" eigentlich gerade recht: Immatrikulierter Student muss man dafür sein und einen kleinen Wissenstest bestehen.

    Die Jobs klingen machbar. Zum Beispiel:

    "Artikel zum Thema Autovermietung. Es soll ein hochwertiger Artikel (mindestens 950 Wörter) mit sehr gutem Sprachstil und guter Struktur geschrieben werden."

    Zwölf Euro soll es dafür geben. Ich melde mich an. Wenig später kommt die Bestätigung – und die Einladung zum Wissenstest.

    Wer mitmachen will, muss 25 Fragen beantworten – ab 13 richtigen hat man bestanden. 50 Sekunden Zeit pro Frage. Na dann mal los, denke ich. Mache mir einen Kaffee – und starte den Test.

    Der erste US-Präsident? Die korrekte Schreibweise von Rhabarber? Was mit dem Volumen eines Würfels passiert, wenn man alle seine Seiten verdoppelt? Logik, Mathe, Allgemeinwissen, Sprache. Am Ende reicht's bei mir.

    Ich bin drin – und doch irgendwie skeptisch. Ich frage Marlon Litz-Rosenzweig, eine der beiden Gründer:

    "Für Studierende ist ganz klar der Vorteil, dass man flexibel von zu Hause Jobs erledigen kann, die eben nicht so eintönig sind wie Kellnern oder Umzugskisten schleppen. Das sind wirklich Sachen, die auch auf die Kompetenzen der Studenten abzielen. Alles intellektuell, alles online, nichts hat mit körperlicher Arbeit zu tun."

    7000 Studierende und 300 Unternehmen würden mitmachen – und das Feedback sei eigentlich ganz gut. Klar seien manche auch unzufrieden, weil ihre eingereichten Jobs vom Unternehmen als nicht gut genug bewertet wurden. Dann gibt es auch kein Geld. Andersrum: Jeder, der einen Job entsprechend den Vorgaben löst, würde auch bezahlt. Mylittlejob.de ist dabei nur ein Vermittler:

    "Das ist richtig. Die Unternehmen wählen selbst, wie viel ihnen der Auftrag Wert ist. Das ist im Prinzip der Mechanismus des freien Marktes. Wenn die Vergütung zu gering ist, wird sich daran kein Student wagen."

    Das gilt auch in die andere Richtung: Für meine Steuern und Sozialversicherungen bin ich selbst in der Pflicht.

    Ich laufe zum Campus der Leipziger Uni. Darf ich als Student auf der Seite überhaupt so viel jobben, wie ich will? Ich habe mir also einen Termin bei Ina Schulz geben lassen. Sie berät an der Uni Leipzig Studierende in allen Finanzfragen.

    "Ich hab mylittlejob gefunden, und da hab ich ein paar Fragen dazu."

    "Also, ich hab die Seite auf deinen Hinweis ein bisschen angeguckt, und ich finde sie bedenklich. Also, wer gerne so ganz freie Tätigkeiten machen möchte und sich auch einem gewissen Risiko gerne gegenübersieht, der soll das tun. Leute, die eine bestimmte Summe im Monat benötigen, die werden sich weiterhin Jobs suchen, die sicherer sind, krankenversichert, unfallversichert."

    "Darf ich als Student auf der Seite unbegrenzt viele Jobs machen, und Geld verdienen?"

    "Also eigentlich hat man als Student nur die Möglichkeit, 20 Stunden pro Woche zu arbeiten – in der Studienzeit! Alle anderen Zeiten, die man arbeitet, müssten dann auf Nachfrage nachgewiesen werden, dass die in der studienfreien Zeit abgeleistet worden sind."

    "Was passiert denn, wenn ich mehr als da arbeite und mir das jemand nachweisen kann? Was hat das für mich für eine Folge?"

    "Das man vor der Sozialversicherung kein Student mehr ist."

    Zurück daheim entschließe ich mich, mylittlejob auszuprobieren – und klicke auf den Text zum Thema "Autovermietung". Jetzt sehe ich auch das Briefing, und das klingt gar nicht mehr so einfach. Das Schlagwort "Leasingübernahme" soll 25-30 Mal in meinem Text vorkommen. Ganz ehrlich: von Autoleasing und Langzeitmieten habe ich keine Ahnung. Am Ende habe ich mich eine Stunde einlesen müssen, eine weitere Stunde geschrieben.

    Mit meinem ersten Versuch hier hätte ich zwölf Euro in zwei Stunden verdient. Ob das gut genug ist, und ob man so einen echten Nebenjob ersetzen kann: Das muss wohl am Ende jeder selbst ausprobieren.