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Schuldenkrise
Gipfeltag bedeutet für Brüssel Ausnahmezustand

Beim Aufeinandertreffen von Alexis Tsipras und den anderen Regierungschefs der Eurozone nach dem Referendum sollte es um die Zukunft Griechenlands gehen. Aber alle Beteiligten sind kaum ein Schritt weiter gekommen. Der Missmut der Akteure wächst und ein weiterer Gipfeltag mit Ausnahmezustand in Brüssel ist für Sonntag angesetzt.

Von Ann-Kathrin Büüsker | 08.07.2015
    Die EU-Staats- und Regierungschefs - darunter Kanzlerin Merkel und Frankeichs Präsident Hollande - beraten auf ihrem Sondergipfel in Brüssel.
    Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone beraten auf einem Sondergipfel über die Griechenland-Krise. (picture alliance / dpa / Olivier Hoslet)
    Wieder einmal kreisten gestern Hubschrauber über Brüssel. Rund um den Sitz des Europäischen Rates waren die Straßen weiträumig abgesperrt, an jeder Ecke mindestens zwei Polizisten. Hier kam nur noch durch, wer eine entsprechende Genehmigung hat
    Die einzigen Autos, die hier noch fuhren, waren Polizeiautos - und die Limousinen der Regierungschefs der Euro-Länder. Eine nach dem anderen fuhr vor dem Justus-Lipsius-Gebäude vor, in dem es um die Zukunft Griechenlands gehen sollte. Während Griechenlands Premier Alexis Tsipras mit einem Lächeln an den wartenden Journalisten vorbei huschte, trat Kanzlerin Angela Merkel, die direkt nach ihm ankam, schnurstracks vor die Mikrofone:
    "Guten Tag. Nachdem Auslaufen des zweiten griechischen Programms und nachdem ... Na, ich fang noch mal an, ist so laut hier."
    Merkel wirkte etwas fahrig, nahm sich eine Sekunde, um sich zu sammeln – und kam dann doch wieder ein wenig ins Trudeln.
    "Ohne Solidarität gibt es keine Möglichkeit, zu helfen. Ohne Solidarität und ohne Reformen ist der Weg, den wir zu gehen haben, nicht möglich."
    Die Kanzlerin war eine der ersten der 19 Staats- und Regierungschefs, die an diesem Abend erschienen. Vor dem offiziellen Zusammensitzen in großer Runde, stand noch ein Vorgespräch mit Alexis Tsipras an, mit dabei Jean-Claude Juncker und François Hollande teilnahmen. Während Merkel schon vor Ort war, rauschte Hollande noch mit großem Getöse durch die Brüsseler Straßen.
    Kein Vorschlag zu Lösung mitgebracht
    Später twitterte Merkels Pressesprecher Steffen Seibert ein Foto, auf dem man die vier am Tisch versammelt bei Kaffee und Kuchen sieht. Ganz so heimelig dürfte es danach beim Treffen der Regierungschefs nicht mehr zugegangen sein, denn inzwischen war klar geworden: Die Griechen haben keinen neuen Vorschlag zur Lösung mitgebracht, wie Jeroen Dijsselbloem, Vorsitzender der Euro-Gruppe nach der Sitzung der Euro-Finanzminister am Nachmittag mitgeteilt hatte:
    "Bis jetzt gibt es keinen neuen Vorschlag des griechischen Finanzministers. Die Griechen wollen nun um Unterstützung durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus bitten - hoffentlich bis morgen früh. Dann werden wir eine Telefonkonferenz der Eurogruppe einberufen."
    Alexis Tsipras dürfte deshalb in der Runde der Regierungschefs einiges zu erklären gehabt haben - hatten doch im Vorfeld nahezu alle betont, dass Griechenland nun am Zug sei.
    Erneutes Treffen für Sonntag geplant
    Knapp vier Stunden warteten die Journalisten im großen Pressesaal, dann war klar: Das Treffen der Regierungschefs hat keine Ergebnisse gebracht. Es wird ein Weiteres geben müssen - Am kommenden Sonntag. Dann sollen auch die EU-Länder mit am Tisch sitzen, die nicht Mitglied der Eurozone sind. Bei der abschließenden Pressekonferenz waren Angela Merkel die Anstrengungen der vergangenen Stunden und Tage deutlich anzusehen, dennoch war sie sehr fokussiert:
    "Über Summen haben wir nicht geredet. Und zweitens sehen Sie mich heute hier nicht ausgesprochen optimistisch. Ich berichte Ihnen von einer Ratssitzung, die sehr ernsthaft abgelaufen ist. Also von einer Sitzung der Mitglieder der Eurogruppe und ich berichte Ihnen davon, dass wir uns Sonntag wieder treffen wollen, sowohl in der Zusammensetzung, danach auch in der Zusammensetzung der 28. Und ich glaube, diese Ankündigung als solche spricht dafür, dass die Situation vergleichsweise ernst ist."
    Es wartet noch viel Arbeit auf die Mitglieder der Eurogruppe - und all jene, die den Gipfel begleiten. Und so klang dann auch das Abschlussstatement von Merkels Pressesprecher Seibert in manchen Ohren wohl eher wie eine Drohung, als ein Versprechen:
    "Bis bald."