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Schuldenstreit mit Griechenland
Merkel lehnt Verhandlungen vor Referendum ab

Griechenland ist ohne Geld von außen wohl bald zahlungsunfähig. Mit einem neuen Vorstoß will die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras doch noch zu einer Einigung mit den Gläubigern kommen. Die reagierten zunächst verhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, Verhandlungen seien erst nach dem Referendum am Sonntag möglich.

01.07.2015
    Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht im Deutschen Bundestag über den Schuldenstreit mit Griechenland.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht im Deutschen Bundestag über den Schuldenstreit mit Griechenland. (AFP / Odd Andersen)
    Gestern Abend war das Hilfsprogramm für das hoch verschuldete Griechenland abgelaufen. Eine fällige Rate an den Internationalen Währungsfonds zahlte Athen nicht. Die Euro-Finanzminister hatten einen Antrag auf Verlängerung der Hilfen abgelehnt. Dennoch gehen die Verhandlungen über eine Einigung im Schuldenstreit weiter.
    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat den Institutionen von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) einen weiteren Brief mit Sparvorschlägen geschickt. Gestern hatte Tsipras vorgeschlagen, dass Athen Gelder aus dem Europäischen Rettungsfonds ESM erhalten soll, während parallel umgeschuldet wird.
    Tspiras erklärt sich nach einem Bericht der "Financial Times" in einem zweiten Brief an die Geldgeber bereit, deren Hilfsangebot unter bestimmten Bedingungen anzunehmen. Er soll etwa verlangt haben, die Mehrwertsteuer auf den griechischen Inseln auf niedrigem Niveau zu belassen und das Renteneintrittsalter langsamer anzuheben als zuletzt geplant. Über den Vorstoß wollen die Euro-Finanzminister am Nachmittag beraten.
    Merkel: "Der Euro ist stark"
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erteilte dem Gesuch zumindest vorerst eine Absage. "Vor dem Referendum kann über kein neues Hilfsprogramm beraten werden", sagte sie im Deutschen Bundestag. Gespräche seien ohnehin nicht ohne ein Mandat des Bundestags möglich, weil es um den ESM gehe. "Wir können das auch in Ruhe abwarten, denn Europa ist stark." Die Zukunft Europas stehe nicht auf dem Spiel. Dennoch sei die aktuelle Lage eine Qual für die Menschen in Griechenland. Tsipras hatte für Sonntag ein Referendum über die Reformpläne angekündigt. Ein Regierungsvertreter in Athen betonte heute, dass die Abstimmung stattfinden solle. Verhandlungen würden danach fortgesetzt.
    Während der Bundestags-Debatte kritisierte der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, die Kürzungspolitik der deutschen Regierung und der Troika. Dieser Weg sei klar gescheitert. Die Bundeskanzlerin habe nun die Chance, in letzter Sekunde als Retterin der europäischen Idee in die Geschichte einzugehen - oder als deren Zerstörerin. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warf Merkel und Gabriel vor, innenpolitische Interessen vor die Interessen Europas zu stellen. Griechenland brauche nun endlich eine Umschuldung.
    Banken öffnen für Rentner
    Rentner drängeln sich vor einer Bank in Athen, um ihre Renten ausgezahlt zu bekommen.
    Rentner drängeln sich vor einer Bank in Athen, um ihre Renten ausgezahlt zu bekommen. (AFP / Louisa Gouliamaki)
    In Griechenland bleiben die Banken und die Börse in Athen weitestgehend zu. Rund 1.000 Bankfilialen haben ausnahmsweise geöffnet, damit sich Rentner mit Bargeld versorgen können. Vor den Schaltern bildeten sich schon heute früh lange Warteschlangen. Viele griechische Rentner verfügen nicht über eine EC- oder Kreditkarte und sind somit nicht in der Lage, an den Automaten Geld abzuheben. Bis Freitag sollen die Banken für Rentner geöffnet bleiben. Ansonsten sind die Geldhäuser bis Montag geschlossen.
    (hba/swe)