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Schulleiter-Mangel
Manager-Aufgabe ohne Manager-Bezahlung

Es ist ein Führungsjob, den kaum jemand übernehmen möchte: Schulleiter sind Mangelware. In Nordrhein-Westfalen fehlt an jeder siebten Schule ein Rektor, besonders an Grundschulen. Jetzt hat NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) Pläne vorgestellt, um das Problem zu bekämpfen.

Von Stefan Lauscher | 05.04.2018
    Yvonne Gebauer, FDP, Bildungsministerin NRW, am 12.7.2017 im Landtag in Düsseldorf
    NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) möchte den Mangel an Schulleitern verringern. (imago stock&people)
    Die Grundschule Applerbecker Mark im Dortmunder Süden. Während draußen auf dem Schulhof kurz vor Unterrichtsbeginn noch die Kinder toben, brütet Schulleiter Thomas Baumeister mit Kollegen über den Vertretungsplan für heute. Einige Arbeiten hat er schon delegiert. Trotzdem: Immer muss Vieles noch ganz schnell entschieden werden. Schulleiter sein: Ein wichtiger, aber ganz sicher kein Traumjob.
    "Ich bin hier an zwei Schulen zuständig. Das bedeutet für mich, dass ich an zwei Tagen in der Woche in der anderen Schule in Lichtendorf bin. Und dann bin ich hier nicht vor Ort. Und diese Dinge, die müssen ja morgens spontan oftmals geregelt werden, sodass ich das gar nicht leisten kann."
    Bessere Bezahlung
    Schulleitung ist eine Manager-Aufgabe - ohne Manager-Bezahlung. Wohl auch deshalb sind viele Posten, teilweise schon seit Jahren, unbesetzt. In Nordrhein-Westfalen hat derzeit jede siebte öffentliche Schule keinen Chef. In Zahlen: Es fehlen über 700 Schulleiter und sogar über 900 Stellvertreter. Im vergangenen Jahr hat die damals noch rot-grüne Landesregierung deshalb die Bezahlung der Schulleiter angehoben. Von Besoldungsgruppe A13 auf A14. Das ist nicht wenig Geld: brutto rund 950 Euro mehr.
    Seit CDU und FDP in Düsseldorf regieren werden nun auch die Stellvertreter besser bezahlt. Aber wirklich geändert hat sich an dem seit Jahren dramatischen Schulleitermangel dadurch nichts. Jetzt greift NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer zum nächsten Kunstgriff: Top-Sharing.
    Schulleitung durch zwei
    "Ab dem Schuljahr 2018/2019 werden wir im Regierungsbezirk Arnsberg einen Schulversuch durchführen und erproben. Nämlich den Schulversuch, ob es möglich ist, dass eine Grundschule durch zwei gleichberechtige Teilzeitkräfte geführt werden kann."

    Ministerin Gebauer versteht das Modell vor allem als Angebot an Frauen, die Beruf und Familie vereinbaren müssen und sich deshalb bislang scheuen, einen Leitungsposten zu übernehmen. 91 Prozent der Lehrer an Grundschulen sind Frauen. Das Ganze soll auch finanziell attraktiv sein. Eine geteilte Schulleiterstelle soll mit 120 Prozent bezahlt werden. Ob sich die beiden Teilzeit-Schulleiter die Stellen genau zur Hälfte teilen oder in anderen Anteilen, ist ihnen überlassen. Und warum erst mal nur fünf Schulen?
    "Wir können jederzeit mittendrin weitere Schulen mit in diesen Schulversuch aufnehmen. Das war mir ganz wichtig."
    Mentoren sollen helfen
    Außerdem geplant: Ein Mentoren-Programm, bei dem erfahrene Schulleiter Nachwuchskräften ein Jahr lang unterstützen. Und: Schulverwaltungsassistenten, die Lehrer und Schulleitungen von einfachen Verwaltungsarbeiten entlasten sollen. 45 werden jetzt eingestellt. 45 für über 5.000 Schulen in NRW. Die Ministerin räumt ein: Es ist nur ein Anfang.
    Julia Gärtner ist Grundschullehrerin in Duisburg. Und nimmt gerade teil an einem Qualifizierungsseminar für angehende Schulleiter. Sie kennt die Probleme aus ihrem Schulalltag. Mehr Geld allein, sagt sie, wird die Situation nicht verbessern. Man muss das Mehr an Verantwortung auch schon wollen.
    "Wenn man es mal realistisch betrachtet hat man irgendwo eine Managerposition. Wenn ich das mit der Wirtschaft vergleiche, wie da Managergehälter aussehen, bei Menschen, die so viel Führungsverantwortung haben - also, ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendeinen Schulleiter oder eine Schulleiterin gibt, die das nur aus finanziellen Gründen tut."