Freitag, 19. April 2024

Archiv

Schulpolitik
Mehr Demokratie wagen

Zu Jahresbeginn verschickte die hessische Landesschülervertretung 50.000 Plakate an alle Schulen. Auf den Plakaten wird die Rechtslage zu Fragen geschildert, die an Schulen immer wieder zu Streit führen. Etwa, wann es Hitzefrei gibt oder wann Klausuren korrigiert sein müssen. Am Wochenende nun zog die LSV Hessen eine erste Bilanz.

Von Ludger Fittkau | 22.02.2016
    Wenn es so läuft, wie es sich die hessische Landesschülervertretung vorstellt, hängt jetzt in jedem Klassenzimmer des Landes ein neues Plakat. Ein Plakat, auf dem Schüler und Lehrer darüber aufgeklärt werden, welche Rechte Schüler haben, die im Schulalltag oft untergehen. Etwa, dass Klausurteilnehmer das Recht haben, ihre Ergebnisse innerhalb von drei Wochen genannt zu bekommen. Erik Thiel und Lukas Schneider sind die stellvertretenden hessischen Landesschülersprecher. Sie erklärten bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden, warum die Landeschülervertretung 50.000 Plakate mit Infos über Schülerrechte an alle Schulen des Landes verschickt hat:
    "Wir haben festgestellt, dass einfach viele Streitfragen innerhalb der Klassenräume aufkommen. Gerade auch im Punkt hitzefrei, Klausuren und den Umfang von Hausaufgaben. Und da haben wir uns überlegt, wie könnten wir das am Kreativsten gestalten und haben gedacht, mit einem Plakat könne das am besten funktionieren, um den Schülern klar zu machen, das die Schule eben kein rechtsfreier Raum ist. Und da wir auch gemerkt haben, dass viele Lehrer und viele Schulleitungen sich nicht an die Schülerrechte halten und viele Schüler sich auch nicht zu wehren wissen, dachten wir, mit diesem Plakat könnten wir am Leichtesten dort eine Aufklärung stattfinden lassen"....
    50 Plakate für jede Schule
    Das Plakat informiert mit viel Text über die Rechtslage in fünf Themengebieten, in denen es nach Erfahrung der hessischen Landesschülervertretung die größten Streitpunkte gibt. Es geht um Fehlzeiten und Entschuldigungen, um Klausuren und andere Prüfungen. Auch hitzefrei ist ein Thema, dort, wo es Sekundarstufe 1 und Sekundarstufe 2 gibt. Und auch die Versetzung in der Sekundarstufe 1. Am vergangenen Wochenende diskutierte die hessische Landesschülervertretung nun die ersten Erfahrungen mit der umfangreichen Plakataktion, die vom hessischen Kultusministerium und dem Landeselternbeirat unterstützt wird. Landesschülersprecherin Svenja Appuhn:
    "Bisher haben wir überwiegend positive Rückmeldungen bekommen, gerade von Schülervertretern, die sich sehr darüber gefreut haben. Die gesagt haben, das ist wichtig, dass Schüler über ihre Rechte aufgeklärt werden. Auch von einigen Schulleitern ist das positiv begrüßt worden. Von Lehrern selbst, die jetzt im Unterricht damit konfrontiert werden, dass sie ihre Klausur wohl nach drei Wochen zurückgeben müssen, haben wir jetzt noch keine Rückmeldungen bekommen. Aber das Plakat ist ja auch im Wesentlichen für die Schüler und nicht für die Lehrer gemacht."
    Lehrer, Schulleitungen und das Kultusministerium sollen sich aber von Forderungen der hessischen Landesschülervertretung angesprochen fühlen, die über die Plakataktion hinausgehen. Über die Rechte der Schüler müsse regelmäßig im sogenannten "Powi" -Unterricht - also in Politik und Wirtschaft - informiert werden, fordern die hessischen Landesschülervertreter. Die Rolle der Schüler soll in der Schulkonferenz gestärkt werden, bereits vorhandene Schülerräte sollen mehr Entscheidungskompetenz bei Schulangelegenheiten bekommen, fordert Landesschülersprecherin Svenja Appuhn:
    "So hat der Schülerrat, also die Zusammenkunft aus allen Klassensprecherinnen und Klassensprechern, bereits jetzt Entscheidungsrechte. Also tatsächliche Mitbestimmungsrechte, wenn es um das Schulprogramm oder die Grundsätze zu Hausaufgaben und Klassenarbeiten geht, wir fordern aber eine deutliche Erweiterung."
    Mehr Mitbestimmungsrechte für Schülerräte
    Klarere Mitbestimmungsrechte sollen die Schülerräte etwa bei geplanten Änderungen der Schulordnung bekommen, aber auch ganz konkret beim Warenangebot im Schulkiosk. Svenja Apphuhn:
    "Für uns stellt sich die Frage, weshalb dürfen Schüler da nicht mitbestimmen, weshalb sind sie da nur anhörungsberechtigt? Die Schüler sind doch im Endeffekt die Konsumenten im Schulkiosk."
    Über die aktuelle Plakataktion hinaus will die hessische Landesschülervertretung in den nächsten Monaten weitere Aktionen für mehr Beachtung der Schülerrechte an Schulen starten. Dazu bemüht sie als Slogan einen alten Satz von Willy Brandt: "Mehr Demokratie wagen!" Landesschülersprecherin Svenja Apphuhn am Schluss der Pressekonferenz in Wiesbaden:
    "Weil wir glauben, dass man uns Schülern manchmal mehr zutrauen kann und manchmal mehr zutrauen muss und dass man manchmal mehr Demokratie wagen muss."