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Schutz vor Abzocke
Technikberatung für Senioren

Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet heute in Frankfurt am Main den Deutschen Seniorentag, zu dem 20.000 Teilnehmer erwartet werden. Ein großes Thema: Smartphones und Tablet-PCs und der Umgang mit ihnen, denn oft werden Senioren beim Kauf neuer Geräte über den Tisch gezogen. Um das zu verhindern beraten im Frankfurter "Café Anschluss" Ehrenamtliche.

Von Ludger Fittkau | 02.07.2015
    Zwei Senioren sitzen an der Uferpromenade in Langenargen (Baden-Württemberg) auf einer Parkbank.
    Immer mehr Senioren haben Handys und wollen damit klarkommen. (dpa / picture alliance / Felix Kästle)
    Im geräumigen Sozialzentrum im Nord-Westen von Frankfurt am Main sind Tische und Stühle wie in einem normalen Café gruppiert. In einer Saalecke zischt eine Kaffeemaschine. Auf einem Teil der Tische stehen fest-installierte Computer, an denen ältere Menschen im Internet surfen. Oder auch andere unterstützen, die mit irgendeinem Computerproblem Hilfe suchen. Das "Café Anschluss" in Frankfurt am Main ist eines der ältesten nicht- kommerziellen Internet-Cafés für Senioren in Deutschland. Getragen vom Frankfurter Verband der Alten- und Behindertenhilfe:
    "Mein Name ist Bernhard Jansen ist bin hier ehrenamtlicher Tutor im Café Anschluss. Ich bin hier Tutor, seitdem ich nicht mehr berufstätig bin. Mache hier Kurse und bin hier für Hilfe am PC Dienstags immer anwesend."
    "Die arbeiten sich richtig rein"
    Bernhard Jansen war als gelernter Radio- und Fernsehtechniker während seines ganzen Berufslebens immer mit den neusten Computertechniken konfrontiert. Dass im Café Anschluss nun alte Menschen zu ihm kommen, die in ihrem Beruf etwa als Bäcker oder Metzger kaum etwas mit Computern zu tun hatten, imponiert ihm sehr:
    "Habe ich großen Respekt vor. Weil die Leute praktisch in ihrem Leben Berufe ausgeübt, die mit so intensiver Computernutzung gar nicht betraut waren. Und die arbeiten sich das auch richtig rein und können sogar hier Berater werden, teilweise."
    An einigen Tischen sitzen an diesem heißen Nachmittag ältere Menschen zu zweit oder zu dritt und haben einen Tablet-PC oder ein Smartphone vor sich liegen. Pensionierte Technikfreaks beraten hier ehrenamtlich Menschen zwischen 50 und 80 Jahren, wie sie etwa ihr nagelneues Mobil-Gerät sinnvoll verwenden können. Der Wirtschaftswissenschafter Reinhard Witt ist ein weiterer pensionierter Computerexperte, bei dem man Hilfe findet - schon beim Kauf neuer Digitalgeräte:
    "Es ist mir auch sehr wichtig, den älteren Menschen Kriterien an die Hand zu geben, damit sie im Geschäft der verkäuferischen Eloquenz nicht so ausgeliefert sind. Da habe ich in der letzten Zeit traurige Beispiele erlebt, wo eben ältere Menschen, man muss schon das Wort sagen, übers Ohr gehauen wurden. (...) In einem Fall hatte ich eine Dame, die hat tatsächlich jeden Monat 15 Prozent ihrer Rente für einen Vertrag abdrücken musste, der für sie keinerlei Nutzen hatte. Und sie kam da aber nicht mehr raus."
    App über Notdienstapotheken
    Auf der anderen Seite bieten gerade Smartphones und Tablet-PCs vielerlei Vorteile für Senioren - etwa aktuell bei Sommereisen durch Apps, die helfen können, sich am Urlaubsort zu Recht zu finden. Reinhard Witt sichtet deshalb permanent neue Apps:
    "Zum Beispiel eine App über Notdienstapotheken. Da drückt man eben einmal drauf und schon kommen die Notdienstapotheken der Gegend, in der ich mich gerade befinde, mit Öffnungszeiten. Das ist natürlich eine große Hilfe, die man traditionell über ein Notebook nicht bekommen würde."
    Doch der Teufel steckt im Detail, weiß Reinhard Witt. Gerade Smartphones und Tablet-PCs funktionieren eben doch in manchen Dingen anders als ein Computer, der zuhause fest installiert ist:
    "Die Herausforderungen sind natürlich die Steuerung dieser Geräte, das Verstehen dieser Geräte und überhaupt, was ich in meiner Tätigkeit eben oft merke, dass diese Geräte mit den Menschen in einen Dialog treten. Das ist nicht wie früher, dass man sagen kann: Drücke Knopf 1, dann drücke Knopf 5 und dann Knopf 6, sondern man muss verstehen, was das Gerät im Display zeigt und dann eine vernünftige Reaktion darauf abgeben. Das bereitet manchen eine große Schwierigkeit."
    Große Herausforderungen für Senioren
    Auch nach 16 Jahren sind die Beratungsangebote und Kurse, die das Café Anschluss in Frankfurt am Main zu neuen Computertechniken anbietet, weiterhin gut besucht. Immer wieder werden neue Ehrenamtliche gesucht, die Lust haben, ihr technisches Wissen an die Alten weiterzugeben, die aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet kommen und Hilfe suchen. Christine Fischer organisiert im Café Anschluss das pädagogische Angebot, mit dem sie sich ab heute auch auf dem Deutschen Seniorentag in der Frankfurter Messe vorstellt. Immer auch auf der Suche nach neuen Mitarbeitern:
    "Wir haben das Glück, das Café ausschließlich mit vielen engagierten Ehrenamtlichen betreiben zu dürfen. Und suchen immer wieder Tutoren – aktuell speziell in den Bereichen Fotografie und Video. Oder auch zu Apple-Produkten oder auch anderen Kursen. Sodass wir uns freuen, wenn immer wieder Tutoren hinzukommen, weil wir uns auch reger Beliebtheit erfreuen bei den Nachfragen nach Einzelhilfen."