Freitag, 29. März 2024

Archiv


Schutz vor den Öko-Rechten

Ein Neo-Nazi im Bioladen? Das ist gar nicht so absurd, wie es klingt. Denn wer die Heimat liebt, der liebt auch die Natur und die Umwelt - so sehen das die Rechten. Sie versuchen Umweltgruppen zu unterwandern – mit Erfolg. Deshalb gibt es nun in Rheinland-Pfalz einen Leitfaden zum Schutz vor Öko-Rechten.

Von Ludger Fittkau | 24.12.2012
    Rechtsradikale in der Naturschutzbewegung – die grüne rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken hat damit ganz konkrete Erfahrungen gemacht:

    "Ich habe selber erlebt, zum Beispiel auf Veranstaltungen zum Thema Gentechnik, dass hier die Verbindung zum rechten Gedankengut hergestellt wurde von Aktivisten, die extra gekommen sind und das nicht nur einmal, sondern wir wissen, dass da Interesse besteht. Und die offensive Auseinandersetzung ist meines Erachtens der beste Weg, um dann auch Unterstützung zu leisten für die vielen Naturschutzverbände, die sich ja auch abgrenzen müssen."

    Bisher sind es vor allem ostdeutsche Bundesländer, in denen Rechtsradikale versuchen, systematisch Umweltgruppen zu unterwandern. Oft brauchen die Demokraten in Bürgerinitiativen eine Weile, um die Rechtsextremen zu erkennen. Toralf Staud, Journalist und Kenner der rechten Szene:

    "Ich habe mit Leuten in Mecklenburg gesprochen, die sagten, wir haben eine Weile gebraucht, um zu erkennen, was wollen die. Und dann waren wir auch naiv und konnten uns gar nicht vorstellen, dass so ein NPD-Funktionär jetzt kommt und gegen zum Beispiel einen Braunkohletagebau aktiv wird. Die Aktivisten aus der Region haben es aus Naturschutz- aber auch aus Klimaschutzgründen gemacht und sie wunderten sich: Moment, dieser hier redet immer vom amerikanischen Großkonzern, der hier Profite machen will. Daran merkten sie dann letztlich, das ist ein Rechtsextremist, weil sie feststellten: Er argumentiert immer mit der fremden Macht, die unsere heimische Energie sich aneignen will. Und dadurch haben sie es dann gemerkt und sind dann auch aktiv geworden."

    Fremde Einflüsse bedrohen sogenannte "deutsche Kulturlandschaften" – das sei bundesweit ein Argumentationsmuster der Rechtsradikalen, stellt die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken fest. Rechtsextreme thematisieren in einem Atemzug Neophyten, also Pflanzen und Tiere, die von außen kommen sowie Menschen, die zuwandern:

    "Allein dieser Begriff der 'deutschen Kulturlandschaften', der letztlich nichts anderes ist als die Abgrenzung von anderen Kulturlandschaften, die Ausgrenzung derer Bewohner bis hin zur Legitimation von Besiedlung von 'nicht deutscher Kultur fähigen Gebieten' bis hin zur Zwangsvertreibung und Mord – ich glaube, das ist das, was wir leisten können, die Hintergründe solcher Terminologie offen zu legen und damit auch zu verhindern, dass Leute solche Wege mitgehen. Aber gleichzeitig wollen wir natürlich die Unterstützung gegen Gentechnik und für den Naturschutz."

    Doch diese Unterstützung soll eben nicht aus der falschen, der rechtsextremen Ecke kommen. Ulrike Höfken freut sich, dass sich seit der Veröffentlichung der rheinland-pfälzischen Broschüre "Naturschutz gegen Rechtsextremismus" in den vergangenen Monaten bereits viel getan hat:

    "Was wirklich beeindruckend jetzt als Reaktion auch, das zum Beispiel der Bund für ökologische Lebensmittelwirtschaft eine Resolution gegen Rechtsextremismus veröffentlicht hat. Dass die Anbauverbände Bioland, Demeter und Naturland auch Satzungsänderungen vornehmen wollen, um ganz klar zu machen, dass rechtsextreme Verbandsmitglieder ausgeschlossen werden können und nicht in diese Verbände gehören."

    Rheinland-Pfalz will nun weitere Aufklärungsmaterialien vor allem für Jugendliche zur Verfügung stellen. Inhaltlich soll es auch um den Zusammenhang von Nationalismus und Kriegsgefahr gehen. Zu diesem Thema plant das Mainzer Umweltministerium gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland eine Veranstaltung zum sogenannten "Westwall" an der Grenze zu den westlichen Nachbarländern. Der BUND erschließt aus Naturschutzgründen zurzeit die Überbleibsel dieser ehemals über 600 Kilometer langen Befestigungsanlage aus dem Zweiten Weltkrieg unter der Überschrift "Grüner Wall im Westen". Ulrike Höfken:

    "Und ich finde, gerade bei diesem Projekt des BUND, grüner Wall im Westen, kann man sehr gut friedenspolitische, demokratische und naturschutzfachliche Diskussionen zusammenführen und sich einerseits über die Ursprünge klar werden und andererseits auch den Blick nach vorne richten."