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Schwammige Kriterien für den Ehrendoktor

Bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde scheint auch Dankbarkeit eine Rolle zu spielen. Einen Doktor honoris causa tragen zudem häufig bekannte Persönlichkeiten. Welche Kriterien sind entscheiden für die Vergabe des Titels?

Von Dirk Biernoth | 06.03.2013
    Kermit der Frosch ist Ehrendoktor der Herpetologie, also der Lehre der Amphibien. Verliehen wurde der grünen Puppe der Dr. honoris causa vom Southampton College der Long-Island-University in den USA. Dieses Beispiel zeigt, was ein Ehrendoktor wert ist, wenn die Hochschule relativ laxe Kriterien für die Ehrenpromotion aufstellt. Am Southampton College hält man auch heute noch an der Entscheidung fest. Schließlich habe Kermit der Frosch viel für die Umweltbewegung getan, heißt es in der Begründung.

    Auch die Universität in Lübeck hält an der Verleihung der Ehrendoktorwürde für Annette Schavan fest. Deren Begründung birgt zwar nicht ganz so viel Komik, ist aber genau so umstritten. Sie habe die Medizinstudienplätze in Lübeck erhalten und den Wissenschaftscampus engagiert begleitet, heißt es da. Für andere Universitäten ist diese Begründung äußerst dünn. Einen Ehrendoktor aus purer Dankbarkeit – das würde es an der Ruhr-Universität in Bochum nicht geben, sagt Sprecher Jens Wylkop.

    "Das würde nicht reichen. Sagen wir mal so. Sie müssen es schon profund begründen. Und sicherlich kann Dankbarkeit auch eine Rolle spielen. Aber es muss in erster Linie die Begründungen für die wissenschaftlichen Verdienste vorliegen."

    Dankbarkeit hat bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde schon immer eine Rolle gespielt. Schon 1470 bekam Lionel Woodville die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford. Er war der Schwager von König Edward IV. Die Oxford-Chronisten hielten fest, dass dies eindeutig ein Versuch gewesen sei, die Gunst eines Mannes mit großem Einfluss zu bekommen. Auch an der Ruhr-Universität in Bochum hat es bereits Ehrendoktoren mit bekannten Namen gegeben. Der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau und die langjährige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth haben hier ihre Ehrenpromotion erhalten. Und 2004 hat der ehemalige NRW-Ministerpräsident und damals amtierende Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement seinen Ehrendoktor in Bochum bekommen.

    "Es musste aber immer ein wissenschaftlicher Bezug gegeben sein. Also, bei Wolfgang Clement war es so: Zum einen wurde er natürlich für seine politische Verdienste auch geehrt. Für den Strukturwandel in der Region. Es war aber in der Begründung auch ganz klar gesagt worden: Er hat sich immer als Vermittler für Rechtspraxis und Wissenschaft verdingt. Und er hat auch seit 1994 im Kuratorium eines Instituts der Uni für Berg- und Energierecht sich eben auch um die wissenschaftlichen Belange gekümmert."

    Auch diese Begründung lässt jetzt keine außergewöhnliche wissenschaftliche Leistung des ehemaligen Ministerpräsidenten erkennen, auch wenn sie sich deutlich mehr Mühe gibt als die Lübecker Begründung für Annette Schavan. An der Universität Bochum regelt jede Fakultät selbst die Verleihung der Ehrendoktorwürde in ihrer Promotionsordnung. 20 verschiedene Fakultäten – das heißt: 20 verschiedene Promotionsordnungen.

    "Wobei es da sicherlich einen Tenor gibt: Und das ist im Wesentlichen die Verleihung dieser Ehrendoktorwürde für besondere wissenschaftliche Verdienste oder eben auch für herausragende Leistungen für das Fach an sich."

    Genau so schwammig, wie es hier klingt, steht es dann auch in den meisten Promotionsordnungen vieler Universitäten. Jedenfalls rechtfertigt so ähnlich auch das South Hampton College die Vergabe der Ehrendoktorwürde an Kermit den Frosch.

    Nur an der Technischen Universität in Darmstadt würde die grüne Puppe mit Sicherheit keinen Doktortitel bekommen. Einem Sprecher zufolge können die Fachbereiche hier nur Vorschläge für Ehrenpromotionen machen. Eine Jury aus verschiedenen Professoren entscheidet dann über die Verleihung. Dazu muss mindestens auch ein wissenschaftliches Gutachten aus dem Ausland vorliegen. Das letzte Wort hat in Darmstadt dann der Senat. Diese Regelung soll eine zu beliebige Vergabe der Ehrendoktorwürde verhindern.