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Konzernumbau
VW macht Milliarden für E-Mobilität locker

Vorstand Herbert Diess will VW zur Nummer 1 der E-Mobilität machen. Drei VW-Werke sollen für die E-Mobilität umgerüstet werden, darunter Emden und Hannover-Stöckeln. Doch die Stimmung dort ist gemischt. Denn für die Produktion von E-Autos ist weniger Personal nötig als für Autos mit Verbrennungsmotor.

Von Alexander Budde | 16.11.2018
    VW-Vorstand Herbert Diess bei einer Presskonferenz am 16.11.2018. Der Volkswagen-Konzern stockt seine Investitionen in die Elektromobilität und Digitalisierung in den kommenden fünf Jahren auf knapp 44 Milliarden Euro auf.
    VW-Vorstand Herbert Diess bei einer Presskonferenz am 16.11.2018. Der Volkswagen-Konzern stockt seine Investitionen in die Elektromobilität und Digitalisierung in den kommenden fünf Jahren auf knapp 44 Milliarden Euro auf. (dpa / Julian Stratenschulte)
    Manfred Wulff arbeitet seit 30 Jahren im Volkswagen-Werk Emden. Im Verbund mit Robotern montierte er Karosserieteile des VW-Passat. Zuletzt gab es Absatzprobleme mit der klassischen Limousine, die einst ein Verkaufsschlager war – und Wulff, mittlerweile Betriebsratsvorsitzender, sorgt sich wegen Kurzarbeit und Schließtagen. In der "Autostadt am Meer", wo rund 10.000 Menschen direkt bei oder mittelbar für VW arbeiten, ist der Zwang zur Veränderung besonders groß.
    "Wir bauen den Passat jetzt seit über 40 Jahren hier am Standort, sind Leitwerk für dieses Fahrzeug und hier geht schon ein Stück Geschichte aus dem Werk raus, wenn wir ab 2022 den Passat hier in Emden nicht mehr bauen werden."
    Für Emden ist es ein Glücksfall, dass VW-Lenker Herbert Diess den Strukturwandel nun mit aller Macht vorantreiben will. Konzernweit steigert VW die Investitionen für das Autonome Fahren, die Digitalisierung und die Elektromobilität auf kaum vorstellbare 44 Milliarden Euro.
    Keine konkreten Aussagen über den Abbau von Arbeitsplätzen
    Allein für die Umstellung der Fertigungslinien in Emden binnen vier Jahren ist eine Milliarde vorgesehen. Wichtigstes Modell soll ein vollelektrisches Kompaktmobil zum Einstiegspreis von unter 20.000 Euro werden. Weil ein Elektroauto viel weniger Komplexität aufweist als eines mit Verbrennungsmotor, wird deutlich weniger Personal gebraucht. Wieviele Arbeitsplätze genau in den kommenden Jahren über die VW-übliche Altersteilzeit abgebaut werden sollen, dazu heute wenig Konkretes.
    Doch Vorstand und Gesamtbetriebsrat vereinbarten für kriselnde Standorte wie Emden und Hannover-Stöcken eine Verlängerung der Beschäftigungsgarantie für die Stammbelegschaft bis 2028. 500 befristet Beschäftigten in Emden wird eine unbefristete Übernahme an anderen Standorten angeboten. Wulff spricht von einer Entscheidung mit Weitblick.
    "Die Milliarden-Investitionen, die jetzt in dieser Planungsrunde auch wieder freigegeben worden sind – das ist ein klares Bekenntnis für Deutschland und für die qualifizierten Arbeitsplätze."
    Gemischte Gefühle auch in Hannover Stöcken, wo die Transporterfertigung an eine Fabrik des neuen Partners Ford abgegeben wird.
    "Es verlässt uns eine Ikone. Und wir haben uns total schwer getan in den Verhandlungen, wir hatten aber keine Wahl. Und das haben wir auch in den Betriebsversammlungen mit den Beschäftigten diskutiert. Die brauchen jetzt aber eine Zeit, bis sie dieses Zukunftsbild annehmen können."
    Sagt die oberste Betriebsrätin in Hannover, Bertina Murcovic. Doch am Standort soll in Kürze die Produktion des I.D. Buzz anlaufen. Startpunkt einer neuen Generation elektrifizierter Nutzfahrzeuge, die mit Assoziationen an den legendären Bulli spielt.
    VW-Produktion deutlich verschlanken
    Um Fahrt für den Neustart aufzunehmen, will Konzernvorstand Diess VW verschlanken, in der Produktion soll die bewährte Plattformstrategie Synergien heben, will sagen:
    "Fahrzeuge unterschiedlicher Marken, die auf der gleichen Plattform aufbauen, werden zunehmend in einem Werk produziert. Produktion, Logistik und die Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten gestalten wir so effizienter."
    Eine Chance, die Facharbeit im Lande zu halten, sehen Gewerkschafter wie Wulff und Murcovic im Wiedereinstieg in die heimische Batteriezellenfertigung. Zu konkreten Planspielen, ob eine solche Fabrik etwa im windumtosten Emden errichtet werden könnte, gab es auf der Pressekonferenz in Wolfsburg heute keine Auskunft. Frank Schwope, Autoanalyst bei der Nord/LB, dämpft die Erwartungen:
    "Es gibt keinen Königsweg, ich denke, der Wettbewerb entscheidet letzten Endes. Und wenn asiatische Hersteller bessere Batterien zu günstigeren Preisen anbieten, ist es natürlich nicht unbedingt zweckführend, mit Subventionsgeldern, mit Steuergeldern 'ne Batteriefertigung künstlich in Deutschland zu halten."