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"Schwarze Null"
Hoher Preis für ausgeglichenen Haushalt

Die "schwarze Null" steht - und wird nicht billig. Denn die Mitglieder des Haushaltsausschusses haben ihren Preis verlangt: Mehrere Hundert Millionen Euro fließen an lokale Projekte, auch Innen-, Außen- und Kulturstaatsministerium können sich über zusätzliches Geld freuen.

Von Stephan Detjen | 14.11.2014
    Mehrere Geldscheine im Wert von 5, 10, 20 und 50 Euro liegen durcheinander.
    Der Etat für 2015 liegt nun bei 299,1 Milliarden Euro - etwa 400 Millionen mehr als von Finanzminister Wolfgang Schäuble geplant. (dpa / Stephan Persch)
    Am frühen Morgen um 2 Uhr 54 machten die Haushälter ihren Haken unter Wolfgang Schäubles "schwarze Null" - nicht ohne ihren Preis dafür verlangt zu haben. Die ganze Nacht über waren die Jubelmeldungen über zusätzliche Fördermittel aus dem Haushaltsausschuss gedrungen, mit denen die Abgeordneten am noch einmal mehrere Hundert Millionen Euro für lokale Projekte in ihre Wahlkreise ausschütten.
    Eine Schleuse im saarländischen Güdingen kann damit erhalten, ein historischer Elbdampfer im schleswig-holsteinischen Oevelgönne saniert, die denkmalgeschützte Turnhalle im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe renoviert werden. Die Liste ließe sich lange fortsetzen.
    Um 15 Millionen Euro erhöhen die Haushälter die Sportförderung des Bundesinnenministeriums. Unter anderem dem Curlingsport – das sind die Damen und Herren mit Schrubbern auf Eis – soll damit eine "Perspektive geboten werden", heißt es in einer Mitteilung aus dem Haushaltsausschuss.
    Außenpolitische Akzente setzt der Bundestag mit einer Aufstockung des Etats von Frank-Walter Steinmeier, der zusätzliche 213 Millionen Euro für humanitäre Hilfe erhält. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Zuständigkeitsbereich von Innenminister de Maizière erhält 300 neue Stellen, um den wachsenden Strom von Flüchtlingen zu verwalten.
    Etat des Kulturstaatsministerium wird aufgestockt
    König der langen Haushaltsnacht ist Kulturstaatsministerin Monika Grütters: Ihr Etat wird um etwa ein Viertel aufgestockt. Als Sensation wurde noch am späten Abend die Nachricht gefeiert, dass der Bund die Baukosten für ein neues Museum für Moderne Kunst in Berlin übernimmt. Drei prominente Privatsammlungen sollen damit dauerhaft für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
    "Das ist ein Hammer, ganz ehrlich! Das zeigt auch, wie viel Kultur in unserem Land wert ist", freut sich der Präsident der Stiftung preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger in unserem Programm.
    Auch das Bauhaus in Dessau, das Museum der Romantik in Frankfurt, die Bonner Beethovenhalle und die Pina Bausch Stiftung in Wuppertal werden mit zusätzlichen Mitteln gefördert. Der Bund baut seine Rolle als Kulturförderer in den Ländern weiter aus.
    Wie die Haushälter das Kunststück vollbringen, mehrere hundert Millionen Euro zu mobilisieren ohne das Hauptziel der Schuldenvermeidung aufzugeben, wird sich erst im Laufe des Tages zeigen. Verhandlungsteilnehmer der Grünen berichten, die geplante Wiedereinführung des Heizkostenzuschusses für Geringverdiener sei gestrichen worden. Knapp eine Million Haushalte sollten nach dem Willen von Bauministerin Barbara Hendricks davon profitieren. Auch bei der Berechnung sinkender Zinslasten und verringerter Zahlungen an die EU dürften die Haushälter Stellschrauben bei ihren Berechnungen genutzt haben.