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Schwarze Ölflecken auf weißem Sandstrand

Drei Wochen nach der Havarie des Containerschiffes Rena vor der Nordostküste Neuseelands fürchten Anwohner ein weiteres Ausbreiten der Ölpest - mit katastrophalen Folgen für Menschen und Tiere. Antje Lankenau hat den Strand täglich vor Augen.

Antje Lankenau im Gespräch mit Georg Ehring | 27.10.2011
    Georg Ehring: Seit drei Wochen liegt das Containerschiff Rena vor der Küste Neuseelands auf einem Riff mit eineinhalb Tausend Tonnen Schweröl an Bord. Ein Teil davon ist ausgelaufen, eine schleichende Umweltkatastrophe nimmt ihren Lauf. Hier bei uns ist das Thema aus den Schlagzeilen verschwunden, Antje Lankenau blickt jeden Tag auf das havarierte Schiff. Sie wohnt direkt am Strand Maunganui in Neuseeland. Ich habe sie kurz vor dieser Sendung gefragt, wie sie vor Ort dieses Öldrama erlebt.

    Antje Lankenau: Na ja, wir hören natürlich jeden Tag, was passiert ist über Nacht, ob Öl abgepumpt werden konnte oder nicht. Was am Tage erfolgt, hören wir auch, also ständig Nachrichten. Und wir Bewohner hier werden natürlich ständig damit betroffen. Wenn wir an den Strand gehen, sehen wir doch häufig leider sehr viel Öl. Es gibt mal Tage, an denen man denkt, na ja, es ist gar nicht so schlimm, aber das hat dann einfach daran gelegen, dass der Wind aus einer anderen Richtung kam und das Öl woanders hingetrieben hat, das offensichtlich doch immer noch wieder mal auslaufen kann und ausläuft. Und die Ölklumpen, die im Wasser sind, werden dann später bei heftigerem Wind oder auch bei Strömungsverhältnissen irgendwo angeschwemmt.

    Ehring: Wie ist denn im Moment die Lage? Droht das Schiff, weiter auseinanderzubrechen?

    Lankenau: Ja. Das ist die ganz große Gefahr, denn es liegt mit dem Bug, also die Hälfte des Schiffes liegt hoch und trocken auf dem Riff und das Heck liegt in tiefem Wasser mit recht heftigen Strömungen, und die Kräfte zerren natürlich an dem Schiff. Also die Gefahr besteht. Außerdem ist ja das Schiff nicht nur mit Öl noch beladen, sondern auch mit ungefähr 1.700 Containern.

    Ehring: Was machen Sie denn am Ort, um eine Ölpest in Grenzen zu halten oder zu verhindern, dass der Strand völlig verseucht wird?

    Lankenau: In den ersten Tagen sind wohl irgendwelche Chemikalien auf das auslaufende Öl gestreut worden, aber das hat man inzwischen eingestellt. Es wird jetzt abgepumpt, es gibt also zwei Pumpschiffe, und das Abpumpen gestaltet sich als sehr schwierig, weil man jetzt an einen Tank muss, der praktisch unter Wasser liegt in diesem havarierten Schiff, und die Bergungstruppen sind damit beschäftigt, da irgendwelche Leitungen zu legen zu dem Öltankschiff, das das Öl aufnehmen kann. Außerdem ist es ja sehr schwer. Das ist ja Masut, das ist also Schweröl, wie dicker Schlick, und das muss auch erhitzt werden. Da sind also Generatoren dort auf das Schiff verbracht worden, die dieses Öl erwärmen, um es flüssig zu machen, um es fließbar zu machen.

    Ehring: Was ist das denn für eine Region, in der das Öl jetzt aufläuft? Was ist das für ein Strand?

    Lankenau: Das ist ein Strand, der in den deutschen Reiseführern und Tourismusprogrammen häufig als das Sylt Neuseelands beschrieben wird. Wir haben also hier einen 25 Kilometer langen weißen Sandstrand, direkt vor uns, mit Dünen. Aber es gibt auch Inseln, an denen Steilküsten sind und Felsen sind, und es gibt etwas weiter entfernt, dort wo auch schon Öl angeschwemmt worden ist, auch eine Flussmündung und eben Strände mit Steilküsten.

    Ehring: Werden denn Langzeitschäden jetzt befürchtet?

    Lankenau: Ja. Im Moment ist man natürlich erst einmal mit den ganz dringenden Gefahren beschäftigt, aber die Langzeitschäden zeichnen sich ja ab. Es sind über 1.300 im Öl verendete Vögel gefunden worden, und das macht sich bemerkbar. Die Bucht vor uns hat sonst wirklich ein reges Vogelleben gehabt, jetzt ist kaum noch was da. Es gibt hier Pelzrobben und Delfine. Ich weiß nicht, ich habe noch nichts gehört von Delfinen, ich weiß nicht, ob die die Gefahr spüren und fern bleiben. Und es gibt natürlich auch Leute, die hier vom Fischfang leben, Fischfang und Muschelzucht, und die sind sicher alle betroffen davon.

    Ehring: Antje Lankenau war das aus Neuseeland. Das Interview haben wir kurz vor der Sendung aufgezeichnet.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.