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Schweden
Bargeldlos durch den Tag

Der Alltag ohne Bargeld funktioniert in Schweden schon ganz gut: In vier von fünf Fällen wird mit Karte bezahlt. Experten schätzen, dass es dort in wenigen Jahren kein Cash" mehr geben wird. Einigen Schweden geht das zu weit, denn wer mit Karte zahlt, hinterlässt unfreiwillig digitale Spuren im Netz.

Von Carsten Schmieser | 10.02.2016
    Eine Person bedient ein Lesegerät zur elektronischen Zahlung mit EC- oder Kreditkarte.
    Wer mit Karte zahlt, hinterlässt Spuren. (picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow)
    "Also, ich habe nie Bargeld dabei, auch, damit es mir niemand stehlen kann" ...außerdem ist es praktisch für die Läden, wenn sie nicht mehr so viel Bargeld in den Kassen haben, meint diese junge Schwedin und damit liegt sie voll im Trend. Ihr Land war schon immer ganz vorne dabei, wenn es um modernes Banking geht. In den frühen 1960er Jahren standen hier mit die ersten Geldautomaten der Welt, heute allesamt ein Fall fürs Museum. Inzwischen sind die klassischen Kronenmünzen und Scheine fast vollständig aus der Mode gekommen, in vier von fünf Fällen wird per Karte bezahlt. Und in acht, spätestens zehn Jahren soll es nach Expertenschätzungen in Schweden gar kein "Cash" mehr geben. Leif Trogen ist Chef für Infrastruktur der schwedischen Bankvereinigung.
    "Manche meinen schon, dass diese Entwicklung zu schnell geht. Das respektieren wir und versuchen, diesen Menschen entgegenzukommen, ihnen irgendwie zu helfen. Aber die technische Entwicklung ist nicht zu stoppen, wir entfernen uns immer weiter vom Bargeld."
    Viele Banken akzeptieren kein Bargeld mehr
    Obwohl es das noch gibt und obwohl die Notenbank fast schon demonstrativ erst vor kurzer Zeit neue Scheine herausgegeben hat. Ganz abschaffen geht eben - noch - nicht. Denn vor allem ältere Schweden halten am Bargeld fest. Aus Gewohnheit natürlich, aber auch, weil sie mit der modernen Technik einfach überfordert sind. So wie dieser 90-jährige Mann:
    "Auf gut Schwedisch: Das ist Teufelszeug! Wenn eine Bank nicht mehr mit richtigem Geld arbeitet, wozu brauchen wir sie dann?"
    Tatsächlich gibt es viele Banken im Land, die kein Bargeld mehr akzeptieren. Und die, die es noch tun, rufen schon mal die Polizei, wenn eine auch nur etwas größere Summe auf den Tisch kommt. Denn: Wer bar zahlt, der gilt als weniger vertrauenswürdig. Auch deshalb ist die Karte Trumpf. Was Vor- und Nachteile hat. Ja, das Diebstahlrisiko sinkt, Geldwäsche wird deutlich erschwert, Geldfälscher machen sich lächerlich. Aber: Jeder elektronische Kauf hinterlässt eine digitale Spur, kann leicht nachvollzogen und für Persönlichkeitsprofile ge- oder missbraucht werden. Und: Elektronische Systeme sind nie ganz sicher, daher immer auch Ziele von Hackern. Dennoch, die Schweden haben es mit dem Datenschutz nicht so wie wir Deutsche und sie sind deutlich fortschrittsgläubiger. Deshalb machen hier so gut wie alle mit, zahlen selbst den Kaffee an der Ecke mit Karte oder, wie hier in Stockholm, sogar die Obdachlosenzeitung - das übrigens neuerdings mit einer von sechs Großbanken entwickelten App für Mobiltelefone. Der allerletzte Schrei, was bargeldloses Zahlen angeht, so viel "cooler" als jede Karte.
    "Mit 'swish' schickt ihr Euch Geld übers Handy direkt aufs Konto. Swish – 'ganz einfach' Bezahlen!"
    Der Name verrät das System, "swish", Betrag und Telefonnummer des Empfängers eingeben und – schwupps – weg ist das Geld. Für viele Kritiker lauert gerade da die Gefahr. Je leichter das Geldausgeben wird, desto schwerer wird es, die Kontrolle übers Konto zu behalten. Wer da nicht aufpasst, landet – "swish" – in den Miesen!