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Schweden
Bootsflüchtlinge auf der Ostsee

Hunderte Flüchtlinge in zu kleinen Booten, die zu kentern drohen: Auf dem Mittelmeer gibt es fast jeden Tag solche Szenen. Jetzt sollen auch in Schweden zum ersten Mal seit Beginn der Flüchtlingskrise Asylsuchende mit einem Schlauchboot eingetroffen sein. Ein Fall von Menschenschmuggel?

von Jana Sinram | 02.12.2015
    Die Ostsee vor Travemünde. Am Horizont ist ein Frachtschiff zu sehen.
    Ein Schiff auf der Ostsee (Symbolbild) (AFP / Olivier Morin)
    150.000. So viele Flüchtlinge hat Schweden in diesem Jahr bereits aufgenommen - umgerechnet auf die Bevölkerungszahl sind es so viele wie in keinem anderen EU-Land. Dann wurden es der Regierung in Stockholm zu viele. Seit Mitte November müssen Reisende an Grenzen wieder ihren Pass zeigen, vorübergehend soll die Maßnahme sein, um Druck von der Einwanderungsbehörde zu nehmen, die mit der Zahl der Ankommenden zuletzt völlig überfordert war.
    Doch nun sieht es so aus, als könnten sich die Flüchtlinge einen anderen Weg suchen: Die Polizei hat im Hafen von Skillinge im südschwedischen Schonen fünf Personen aufgegriffen, die mit einem Schlauchboot eingereist sind - so jedenfalls steht es in einem vertraulichen Bericht der nationalen Polizeibehörde an das Justizministerium, aus dem die Zeitung "Dagens Nyheter" zitiert. Es sei noch zu früh, um zu sagen, ob es sich um einen Fall von Menschenschmuggel und damit um eine neue Form von Schlepperei handele. Insgesamt hätten die Grenzkontrollen bisher keine größeren Auswirkungen auf diese Art der Kriminalität, wobei Schweden weiterhin das Ziel vieler irregulärer Migranten sei.
    "Sie können unmöglich über die Ostsee gefahren sein"
    Die Nationalität der Asylsuchenden wird in dem Bericht nicht genannt - ebensowenig wie der Ort, von dem aus sie losgefahren sind. Der Chef der Grenzpolizei, Patrik Engström, bestätigte die Ankunft der Flüchtlinge, wollte aber unter Verweis auf laufende Ermittlungen keine weiteren Details nennen. Migrationsminister Morgen Johansson sagte der Nachrichtenagentur TT, die Umstände des Falles seien noch nicht geklärt. Die Polizei untersuche noch, wo die Menschen in dem Boot hergekommen seien: "Es gibt aber keine Anzeichen dafür, dass Flüchtlinge nun in kleinen Booten nach Schweden kommen und dass diese Art von Menschenschmuggel bei uns vorkommt."
    Das schwedische Fernsehen zitiert einen Fischer aus Skillinge, der die Ankunft des Schlauchbootes am 23. November nach eigenen Angaben beobachtet hat. Tommy Persson sagte dem Sender SVT, es sei voll besetzt gewesen, auch wenn er die genaue Anzahl der Menschen nicht erkannt habe. "Sie können unmöglich mit diesem Boot quer über die Ostsee gefahren sein. Es muss von einem größeren Schiff ausgesetzt worden sein", so Persson weiter.
    Gestern war bekannt geworden, dass Schweden einen Teil der aufgenommenen Flüchtlinge auf andere EU-Staaten verteilen will. Die Regierung hat beantragt, den Umsiedlungsmechanismus der Europäischen Union nutzen zu dürfen, der eigentlich zur Entlastung von Italien und Griechenland gedacht war.