Freitag, 29. März 2024

Archiv

Schweden
Polizei Stockholm verschweigt Hautfarbe von Tätern

Die Polizei in Stockholm nennt Hautfarbe und Nationalität von Straftätern nicht. Das belegt ein interner Brief, der "Svenska Dagbladet" vorliegt. Die Polizei wollte damit nach eigenen Angaben Vorwürfen entgegenwirken, dass sie rassistisch sei. Der nächste Skandal, nachdem gerade erst massenhafte Übergriffe auf Frauen bei einem Festival im Sommer bekannt wurden?

Von Victoria Reith | 13.01.2016
    Schwedische Polizeikräfte vor dem Parlamentsgebäude.
    Die Stockholmer Polizei steht wegen ihrer Informationspolitik in der Kritik. (picture alliance/dpa - Bertil Ericson)
    "Es gibt manchmal Kritik an den Berichten der Polizei über die Hautfarbe von Personen, die als rassistisch aufgefasst werden. Weil die Polizei nicht rassistisch ist und auch nicht so wahrgenommen werden soll, gelten von heute an diese Anweisungen." So steht es im internen Brief der Polizei Stockholm, unterzeichnet vom Pressechef Varg Gyllander und der Pressesprecherin.
    Die angesprochenen Anweisungen bestehen darin, in Polizeiberichten zu Verbrechen wie Einbrüchen und Diebstahl auf Informationen über Hautfarbe, ethnischen Ursprung, Nationalität und Körpergröße zu verzichten.
    Polizei: Kritik kommt ohnehin
    Pressechef Varg Gyllander sagte der Tageszeitung "Svenska Dagbladet", diese Merkmale würden bei Ermittlungen zu alltäglichen Vergehen ohnehin nicht helfen. "Wir werden kritisiert, wenn wir die Täter nicht beschreiben, und wir werden kritisiert, wenn wir sie beschreiben", so Gyllander. Man wolle Täterbeschreibungen nicht "schlendrianmäßig" herausgeben. Für die Polizei würden die gleichen presseethischen Regeln angewendet wie für Journalisten.
    Bei ernsthaften Verbrechen sei das anders, da gelte die Sprachregelung nicht. Ebenso sei sie bei polizeiinternen Ermittlungen außer Kraft gesetzt.
    Verbindungen zu Übergriffen auf Festival verneint
    Ein Zusammenhang zwischen der Verschleierung der massenhaften Übergriffe auf Frauen beim Festival "We are STHLM" und der Sprachregelung der Polizei gebe es nicht, sagte der Pressechef. Man habe einen Fehler gemacht, nicht über die Geschehnisse beim Festival zu unterrichten.
    Erst nach den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln war bekannt geworden, dass es sexuelle Übergriffe in Stockholm gegeben hat und dass die meisten der rund 200 Täter unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Afghanistan waren - die Herkunft der Männer hat die Stadt Stockholm inzwischen bestätigt. 36 Anzeigen wurden erstattet.
    Köln und Stockholm ähnlich gelagert
    Der schwedische Ministerpräsident Stefan Lövfen hat die Übergriffe in Stockholm und Köln verurteilt. Auf die Frage, ob er angesichts vieler verdächtiger Ausländer einen kulturellen Hintergrund für die Übergriffe sehe, sagte der Regierungschef, es gehe in erster Linie um das Verhalten junger Männer.
    Auch die Polizei in Köln wurde kritisiert, weil sie zunächst nicht auf die Herkunft der Täter aus der Silvesternacht eingegangen war. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger, hatte betont, dass es keine Anweisung gegeben habe, die Nationalität von Tatverdächtigen zu verschweigen.