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Schweiz
Griechen wollen nach Schwarzgeld fahnden

6,6 Milliarden Franken von griechischen Kunden liegen laut Statistik der Nationalbank auf Schweizer Konten. Eine recht hohe Summe - zumal Wertschriften, Aktien oder Obligationen nicht erfasst sind. Unklar ist auch, wie viel davon Schwarzgeld ist. Jetzt will die griechische Regierung dieses Schwarzgeld offenbar aufspüren.

Von Stefanie Müller-Frank | 09.04.2015
    Schweizer Franken werden in Weil am Rhein (Baden-Württemberg) in Euro gewechselt.
    Schwarzgeld in der Schweiz: Die Griechen suchen nach Möglichkeiten, dieses zu finden. (dpa / picture alliance / Patrick Seeger)
    Kurz vor Ostern kam der Anruf aus Athen. Just in den Tagen, als die Schweiz eine historische Einigung mit der EU gefunden hatte, bei der es um viel Geld - genauer gesagt Schwarzgeld geht: der automatische Informationsaustausch. Ab 2018 werden die Schweizer Banken sämtliche Kontodaten ausländischer Kunden den EU-Steuerbehörden offenlegen. Also auch den griechischen. Deshalb sollte es jetzt schnell gehen, rät Mario Tuor, Leiter Kommunikation beim Staatssekretariat für internationale Finanzfragen.
    "Weil eben die Gefahr besteht, dass dann Steuerzahler, die nicht ihre Gelder versteuern wollen, dann abziehen in ein Drittland. Und das will auch die Schweiz nicht. Deshalb haben wir auch sehr rasch reagiert. Wir sind innerhalb einer Woche nach Athen gegangen und haben diese neue Regierung zum ersten Mal getroffen. Und dann hat man sich relativ rasch verständigt, dass man möglichst rasch eine Lösung finden will."
    Eine Lösung, meint Cédric Wermuth, könnte sein, den automatischen Informationsaustausch mit Griechenland einfach vorzuziehen. Der Abgeordnete der Sozialdemokratischen Partei hat dazu eine Interpellation im Parlament eingereicht. Seine Forderung: Die besondere Notsituation in Griechenland zu berücksichtigen.
    Informationsaustausch mit Griechenland vorziehen?
    "Die Schweiz sagt: Wir werden 2017/18 diesen AIA einführen mit Europa. Es gibt keinen Grund, das mit Griechenland vorzuziehen. Das stimmt, wenn man die griechische Finanzsituation weglässt. Wenn man aber schaut, wie knapp Athen derzeit seine Schulden bedienen kann, dann sieht das natürlich etwas anders aus."
    Mario Tuor vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen widerspricht: "Nein, das ist nicht möglich. Also die Schweiz ist jetzt daran, die Gesetzesgrundlagen zu schaffen für diesen AIA. In der Schweiz ist das – im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern – nicht vereinbar mit den bestehenden Gesetzen. Das heißt, wir müssen erst die Gesetze ändern."
    Zweite Möglichkeit: das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Griechenland und der Schweiz. Das muss nicht erst verhandelt werden, sondern ist bereits in Kraft: Sind die Athener Behörden auf der Suche nach griechischen Steuersündern, können sie sich seit 2012 eigentlich auf dieses Abkommen berufen und von der Schweiz Amtshilfe verlangen. De facto kam es bisher allerdings kaum dazu. Denn dafür, erklärt Mario Tuor, müssen konkrete Verdachtsfälle vorliegen.
    "Ein Gesuch für Amtshilfe für Steuerhinterziehung muss eine Begründung haben. Man kann nicht fragen: Alle Griechen, die ein Konto in der Schweiz haben, wollen wir wissen, was da auf diesen Konten ist. Das geht nicht."
    Selbstanzeigenprogramm für Steuersünder
    Für eine umfassende Steuerfahndung aber fehlt Athen nicht nur das Geld, sondern auch die Zeit. Deshalb hat das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen der griechischen Regierung bei den jüngsten Gesprächen geraten, ein Selbstanzeigenprogramm für Steuersünder einzuführen. Das gab es bislang nämlich nicht – so erstaunlich das klingen mag. Und wer dann nicht freiwillig seine Daten offenlegt, obwohl er ein Konto in der Schweiz hat, gegen den besteht automatisch ein Verdacht auf Steuerhinterziehung. Was wiederum den Schweizer Behörden ermöglichen würde, tätig zu werden.
    "Dann können Sie ein Gruppengesuch stellen. Dann müssen Sie den Namen nicht haben, dann müssen Sie aber beschreiben können, wie eine Gruppe von Leuten Geld versteckt hat. Und eine Möglichkeit wäre eben, dass Sie sagen: Alle griechischen Steuerpflichtigen, die nicht am Programm teilgenommen haben, gilt als eindeutiger Grund für Steuerhinterziehung. Und diese Namen wollen wir von der Schweiz haben."
    Hätte ein solches Selbstanzeigenprogramm Erfolg, würde nicht nur das Land von den nachgezahlten Steuern profitieren – sondern auch die Steuerflüchtlinge. Ihr Schwarzgeld wäre auf einen Schlag legal, eine Strafverfolgung nicht mehr zu befürchten. Nur die ehrlichen Steuerzahler wären wieder mal die Dummen, meint der SP-Abgeordnete Cédric Wermuth. Aber wenn es Griechenland vor einem Staatsbankrott bewahren könne.

    "Ich finde, Steueramnestien sind immer ein sehr weitgehender Schritt. Das ist eine krasse Verletzung der Rechtsgleichheit. Und das dürfte nur im äußersten Notfall geschehen."