Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Schweizer Konten
Tauziehen um griechisches Schwarzgeld

Die Lage in der griechischen Schuldenkrise ist verfahren. Auf der Suche nach Geld gerät jetzt das unversteuerte Geld reicher Griechen in den Fokus - das in der Schweiz lagert. Über genaue Summen gibt es unterschiedliche Angaben. Versuche, die Steuerhinterzieher zur Kasse zu bitten, scheiterten bisher.

Von Hans-Jürgen Maurus | 01.07.2015
    Griechenland braucht Geld, viel Geld. Und etliche Milliarden schlummern auf Schweizer Bankkonten. Also hat die Jagd auf griechische Steuerflüchtlinge begonnen. Denn angeblich sind in Schweizer Tresoren rund 80 Milliarden Euro gebunkert. Daher will die griechische Regierung an die Schwarzgelder der eigenen Bürger, doch Finanzminister Yanis Varoufakis beklagte sich in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen über mangelndes Entgegenkommen der Schweizer Regierung:
    "Von meinen Mitarbeitern höre ich, dass uns die Schweizer Regierung nur sehr begrenzt Informationen liefert. Damit will ich sagen, wir müssen bei den Personen, die uns interessieren, genau wissen, welches Konto bei welcher Bank existiert. Dann würden wir eine entsprechende Anfrage machen. Das Problem ist aber, dass es viele Konten gibt, die wir nicht kennen. Manchmal wissen wir, dass jemand Geld aus Griechenland weggebracht hat, das er nicht versteuert hat. Aber dann wissen wir immer noch nicht, bei welcher Bank und bei welcher Stadt, es sich befindet. Es ist nicht möglich, diese Informationen von den Schweizer Behörden zu bekommen. Wir erfahren zu wenig, um das Schwarzgeld ausfindig zu machen."
    Keine Extrawurst bei Amtshilfe für Athen
    Doch der Sprecher des Schweizer Finanzministeriums Mario Thuor kontert, man habe Athen Hilfe angeboten, doch es gebe keine offiziellen Anfragen. Zudem wende man die OECD-Standards für Amtshilfen strikt an, wie bei allen anderen Ländern auch und die müssten die Griechen erfüllen:
    "Wir wenden ganz strikt die internationalen Vorgaben an, den OECD-Standard, wo genau steht, wie muss das Amtshilfegesuch aussehen und wie muss man es beantworten und das machen wir wie auch alle anderen Länder gegenüber Griechenland."
    Ein bisschen Entgegenkommen ja, aber keine Extrawurst für Athen. Zudem könnten griechische Steuerfahnder ja mal selber recherchieren, wer wo im einzelnen viel Geld investiert hat. Zum Beispiel in St. Moritz am Suvretta Hügel, wo die Ex-Haushälterin des Schahs von Persien genau weiss, wem die ehemalige Traumvilla des Schahs heute gehört:
    "Jetzt kommt da links die Villa Suvretta, die ehemalige Schah-Villa, das gehört demselben Besitzer wie dieses Chalet, und das ist ein griechischer Reeder, Martinos."
    Oh ja, die Martinos-Familie hat bereits vor Jahren gleich zwei Topvillen für mehr als 100 Millionen Franken erworben, sie ist nicht die einzige. Der Niarchos-Reederclan besitzt zwei der feinsten Adressen im Engadin, den Kronenhof in Pontresina und das Kulm Hotel in St. Moritz, auch die Brüder Konstaninos oder Thanassis investieren heftig. George Koukis, Genfer Schlossbesitzer, Zigarren und Callasfan, kennt ebenfalls eine breite Geldspur und meint:
    "Wenn Sie Geld brauchen, sollten sie die vier, fünf Familien nehmen, die Griechenland seit den 50er-Jahren regiert haben. Da ließen sich Milliarden einsammeln. Sie waren die größten Diebe."
    Steuersystem mit Schwächen
    Doch das ist gar nicht so einfach, denn die steuerbefreiten Reederclans von Onassis bis Niarchos sind längst legal in der Schweiz, hatten eigene Banken, zahlen hierzulande Steuern oder haben ihren Verwandten die schweizerische Staatsbürgerschaft besorgt. Im Klartext: Nicht jedes Konto eines Griechen enthält Schwarzgeld. Doch Athen muss auch vor der eigenen Tür kehren, denn das eigene Steuersystem ist lausig, gibt Finanzminister Varoufakis sogar zu:
    "Wir haben ein chronisch krankes Steuersystem. Es versagt derart, das ist schon fast skandalös. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Die berühmten Inseln Santorini und Mykonos hatten letztes Jahr doppelt so viele Touristen. Trotzdem sank die Mehrwertsteuer um 20 bis 30 Prozent. Das ist besonders frustrierend."
    Und ob. Zudem haben auch die Exilgriechen wenig Vertrauen in die staatliche Obrigkeit. Multimillionär Koukis will seinem Heimatland nicht helfen:
    "Wenn ich die Schulden Griechenlands auf einen Streich ausradieren könnte, die Regierung aber in den Händen derselben Leute bliebe, wir hätten in einem Jahr genau dasselbe Problem. Sie werden wieder zuviel Geld ausgeben. Nichts wäre besser. Also helfe ich nicht. Und das ist keineswegs egoistisch."