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Schwerpunktthema: Gleiches Geld für gleiche Lehrer-Arbeit?

Sie haben die gleiche Ausbildung, die gleiche Verantwortung, die gleichen Pflichten aber nicht das gleiche Gehalt. Noch immer gilbt es an deutschen Schulen Lehrer mit Beamtenstatus und solche, die als Angestellte arbeiten. Allein in NRW sind derzeit 20 Prozent - also gut 40.000 Lehrer davon betroffen.

Von Stephanie Kowalewski | 19.03.2011
    Große Pause im Elsa-Brändström-Gymnasium in Oberhausen. Während die rund 1200 Schüler auf den Pausenhof strömen, treffen sich die gut 80 Lehrer im Lehrerzimmer. Nur acht von ihnen haben nicht den Beamtenstatus. Sie arbeiten als angestellte Lehrer. Dass sie für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen, spiele hier nur selten eine Rolle, räumen Andrea Bernoschek und Johannes Hartinger, beide verbeamtet, fast mit ein wenig schlechtem Gewissen ein.

    Hartinger: "Also, es müsste eigentlich ein größeres Thema sein, als es ist. Also, es geht wirklich im Schulaltag unter. Naja, da die meisten Beamte sind, ist es für die meisten kein Thema."

    Ein Thema ist die ungleiche Bezahlung hingegen sehr wohl für die acht angestellten Lehrer, von denen einige vor Gericht die Verbeamtung erstreiten wollen. Carsten Töller zum Beispiel klagt bereits zum zweiten Mal vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf, denn als so genannter Seiteneinsteiger mit dem Mangelfach Physik sei er mit der Verbeamtung regelrecht gelockt worden.

    "Also, eine gute Absicherung zu haben, ein kalkulierbares Nettoeinkommen zu haben und auch eine kalkulierbare Altersversorgung zu haben. Und während man Dinge aufgegeben hat, um in diesen Job reinzugehen, wurden die Bedingungen nachträglich geändert. Also, so einem Arbeitgeber kann man eigentlich nicht vertrauen."

    Auch sein Kollege Ulrich Neumann kam als Seiteneinsteiger an die Schule. Auch er wurde nicht verbamtet.

    "Ich hab also meine Klage schon ad acta gelegt, ich hab sie verloren. Ja, man fühlt sich schon vom System ein wenig auf den Arm genommen. Wir diskutieren da schon drüber, aber wir können in unseren Diskussionen da auch nicht viel dran ändern. Da muss ein Umdenken bei der Regierung stattfinden, wie man also dieses Problem lösen kann."

    Dennoch unterrichten Ulrich Neumann, Carsten Töller und die anderen angestellten Lehrer ebenso engagiert wie die Kollegen mit Beamtenstatus. Und sie betonen dass sie sich in der Schule nicht als Lehrer zweiter Klasse fühlen.

    Töller: "Im Alltag merkt man hier eigentlich keinen Unterschied an der Schule. Den Unterschied merkt man nur einmal im Monat auf dem Konto. Die Kollegen können ja auch nichts dafür, dass man nicht verbeamtet worden ist. Ich spüre dann eher, ich will nicht sagen Mitleid, aber schon ein Verständnis für die Unzufriedenheit, die man dann am Monatsende hat. Also, es sind mehrere hundert Euro auf jeden Fall, jeden Monat, die man weniger im Portemonnaie hat."

    Marco Fileccia stimmt zu. Er hatte Glück und wurde damals ganz selbstverständlich Beamter.

    "Irgendwie scheint das mit Glück zu tun zu haben. Also, ich bin bei meiner Einstellung direkt verbamtet worden. Das war keine Frage."

    Neid oder Mißgunst habe er dehalb im Kollegium noch nie gespürt, sagt er. Dennoch beschäme ihn die Ungleichbehandlung ein wenig.

    "Es ist schon ein komisches Gefühl, ganz einfach, weil man genau den gleichen Job macht, man steht nebeneinander und es gibt eigentlich sonst überhaupt keinen Unterschied, aber diesen einen. Und das ist natürlich schon blöd dann."

    Hilflos und ratlos fühlt sich auch die verbeamtete Schulleiterin Brigitte Fontein. Sie kennt die Sorgen und den Ärger der angestellten Kolleginnen und Kollegen, hat stets ein offenes Ohr für sie. Mehr kann sie aber nicht tun, bedauert sie.

    "Irgendwie sind einem ja auch als Schulleitung die Hände gebunden. Ich kann da höchstens versuchen, bei der Personalstelle der Bezirksregierung meinen Unmut zu äußern, aber irgendwie rennt man vor eine Wand und kann nicht viel machen. Das ist diese Bürokratie, die dahinter steht, die macht einen einfach sauer."

    Und was sagen die Eltern dazu, dass ihre Kinder mal von gut abgesicherten Beamten und mal von schlechter bezahlten Angestellten unterrichtet werden?

    "Ich will, dass mein Kind gut aufgehoben ist, gut lernt. Und wasdie jetzt verdienen, da würde ich mir keine Gedanken drüber machen. Ne, wirklich nicht. Unfair, weil die die gleiche Arbeit machen für weniger Geld. Ist schon nicht fair, aber wo ist es schon heutzutage fair. Egal ,wo man arbeitet."

    Auch im Lehrerzimmer des Elsa Brändström-Gymnasiums in Oberhausen herrscht Schulterzucken, wenn es um eine Lösung des Problems geht. Aber einig sind sie sich darin, dass das Beamtentum irgendwie antiquirt ist und wohl eher aus Tradion beibehalten wird.

    "Ich wollte eigentlich gar nicht so ein spießiger Beamter werden. Als junger Mensch will man das nicht.
    - Ich finde es ein bisschen schwierig in der heutigen Zeit, das zu begründen, warum das so sein muss.
    - Es ist natürlich grundsätzlich ein System aus einer anderen Zeit. Es ist ein Anachronismus.
    - Wenn ein Angestellter diese hoheitliche Aufgabe wahrnimmt,der muss sich auch an die entsprechenden Regeln halten, der muss auch die entsprechenden Werte vermitteln.
    - Ich müsste als Lehrer nicht unbedingt verbeamtet sein."

    Und einig sind sich alle, dass die Ungleichbehandlung von Beamten und Angestellten in der Schule ein Ende haben muss.

    Fontein: " Entweder es sind jetzt alle verbeamtet oder es sind jetzt alle Angestellte."