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Schwarz-gelbe Sommerplage
Bayerns Kampf gegen Wespenschwärme

Wespen lieben trockene Hitze und deshalb gibt es 2018 besonders viele. Dramatisch ist die Lage derzeit in Bayern. Dort ist die Zahl der Rettungseinsätze wegen Wespenstichen extrem gestiegen. Schutzlos ausgeliefert ist man den Plagegeistern jedoch nicht. Selbst YouTuber geben mittlerweile Tipps.

Von Michael Watzke | 13.08.2018
    Die "Deutsche" Wespe baut ihre Nester auch auf Balkonen.
    Ob auf Spielplätzen, in Bäckereien oder am Badesee: Wespen sind derzeit überall (dpa/picture alliance/Klaus Nowottnick)
    So klingt ein Kinderspielplatz in München normalerweise (spielende Kinder). So (summende Wespen) klingt er derzeit. Eine Invasion von Wespen fällt über alles her, was süß ist und sich bewegt, sagt Mutter Dagmar Adrom:
    "Es ist wirklich heftig. Dieses Jahr sind’s unheimlich viele Wespen."
    Besonders die Kleinsten sind in Gefahr, weil sie instinktiv mit den Händen schlagen, um die Wespen zu verscheuchen.
    "Ich hab drei kleine Kinder, 4, 3 und 1. Am Wasserspielplatz ist es besonders schwierig. Da, wo die Kinder spielen wollen, nämlich am Wasser, da sind auch die Wespen. Und dieses Jahr sind’s einfach sehr, sehr viele. Sitzen am Boden oder auf den Spielgeräten. Die Kinder sehen sie dann zu spät."
    Am Wochenende ist die Zahl der Wespenstiche sprunghaft angestiegen, bestätigen Rettungsdienste wie das Bayerische Rote Kreuz, das in den vergangenen Tagen besonders viele Einsätze hatte. Kein Wunder, sagt Insektenforscher Jochen Krauss von der Universität Würzburg. 2018 sei ein Super-Wespenjahr, weil die Hitze den Wespennestern nichts anhaben kann. Im Gegenteil.
    "Gerade am Anfang von einem Jahr, bei der Etablierung eines Wespennestes - wenn es da kühl und regnerisch ist, dann sterben viele Wespen. Wenn es so heiß ist wie dieses jahr, kann man schon früh vorhersagen, dass es ein starkes Wespenjahr gibt, das dann im August kommt."
    Wespenjahr in voller Blüte
    Jetzt ist das Wespenjahr in voller Blüte. In ganz Deutschland. Während Mücken dieses Jahr überhaupt kein Problem darstellen, weil ihnen die Feuchtigkeit fehlt, sind Wespen besonders aggressiv. Die räuberischen Tiere brauchen jetzt viele Proteine für ihre Brut, sagt Professor Gerhard Haszprunar, Direktor der Zoologischen Staatssammlung München. Vor allem die jungen Königinnen, die ihre Kolonien aufbauen müssen.

    "Die Körpertemperatur der Wespen geht mit der Außentemperatur mit. Das heißt, je heißer es draußen ist, desto aktiver können sie auch sein. Und in dieser Jahreszeit, August, September, hat die Kolonie die maximale Individuenzahl und dann fallen sie entsprechend auf."
    Mehrere Personen sitzen im Biergarten am Seehaus in München.
    In Bayern vermiesen Wespenschwärme derzeit den Weißbiergenuss (picture alliance / dpa / Marc Müller)
    Wespen lieben Bier
    In München scheinen sich die Wespen dieses Jahr besonders wohlzufühlen. Vielleicht liegt’s ja am Münchner Bier, grinst Professor Haszprunar.
    "Bier mögen sie sehr. Bier hat Malz drin, das ist flüssiger Zucker, der verdunstet. Bei Bier gilt: je süßer, je lieber. Darum auch die klassische Bierfalle: Da geben Sie noch ein bisschen Zucker oder Honig dazu. Das finden die Wespen hochgradig attraktiv."
    Anti-Wespen-Tipps per YouTube
    Solche Bierfallen kann man auch leicht selbst bauen. Im Internet gibt’s jede Menge Do-it-yourself-Videos, in denen aus aufgeschnittenen Plastikflaschen perfekte Wespenfänger werden.
    "Jetzt mischen wir nur noch den Lockstoff für die Wespen: Eigentlich könnt ihr da alles zusammenkippen. Bier rein, Zuckerwasser rein. Essig und Spülmittel rein."
    Was man nicht tun sollte: Wespen anpusten. Das macht sie genauso aggressiv wie schnelle Bewegungen. Sinnvoller sei es, so Professor Haszprunar, Wespen gar nicht erst anzulocken.
    "Wespen finden die Nahrung hauptsächlich über den Geruch, weniger über die Augen. Wenn wir es vermeiden, die Gerüche, die sie anziehen, zu verbreiten, dann kommen sie meistens gar nicht erst."
    Oder eine Schüssel mit überreifen Weintrauben ein wenig abseits stellen. Und wenn man doch mal gestochen wird? Dagmar Adrom hat für ihre Kinder immer ein Hausmittel in der Tasche:
    "Eine Zwiebel, die man halbiert und dann auf den Stich drückt. Für die Kinder ist es am wichtigsten, dass man tröstet und sich kümmert."
    Wespennest-Entfernung dem Profi überlassen
    Denn wer nicht allergisch gegen Wespengift ist, dem kann ein einzelner Stich nichts anhaben. Kritisch wird es erst, wenn man sich mit einem ganzen Wespennest anlegt:
    "Davon würde ich abraten. Da kann es sein, dass der ganze Schwarm über Sie herfällt. Und dann wird’s kritisch: Wenn Sie von 20, 30, 40 Wespen gestochen werden, dann kann es zum Kreislaufkollaps kommen. Ich würde es generell sein lassen, Wespennester selbst zu entfernen. Erstens stehen die teilweise unter Naturschutz, das darf man gar nicht. Zweitens ist es eine Sache für Profis, da rufen Sie die Feuerwehr oder jemanden, der’s kann. Aber bitte nicht selber rumpfuschen!"
    Übrigens: Spätestens im Oktober ist der Spuk vorbei. Der erste Nachtfrost macht den Wespen ganz natürlich den Garaus.