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Schwule im Kosovo leben gefährlich

Gleichgeschlechtliche Liebe ist in der konservativen Mehrheitsgesellschaft des Kosovo verpönt. Islamisten machen zusätzlich Druck auf die kleine Gemeinschaft der Homosexuellen. Und das, obwohl Minderheiten offiziell geschützt werden sollen.

Von Stephan Ozsváth | 04.04.2013
    Dezember 2012 in der kosovarischen Hauptstadt Prishtina. Einige Hundert Islamisten haben sich vor einem Homosexuellen-Treff postiert. Es ist ein Spießrutenlaufen für die Schwulen und Lesben. Von den wütenden Radikalen werden sie wüst beschimpft. Sie skandieren: "Schwule raus. Ihr seid schmutzig. Schwule raus."

    Die Polizei muss die Homosexuellen vor der aufgebrachten Menge schützen. Dennoch kommt es zu Tätlichkeiten, erzählt dieser Schwulenaktivist aus Prishtina, der seinen Namen lieber nicht nennt.

    "Im vergangenen Dezember, während der Vorstellung des Magazins ‚Prishtina 2.0‘ und einer Sensibilisierungskampagne, die unsere Organisation Libertas am Tag der Menschenrechte organisiert hat, wurden einige Mitarbeiter bedroht. Einer wurde auch angegriffen - das war im Dezember 2012."

    Die damals die Homosexuellen auspfeifen, sind Anhänger der Organisation "Bashkohu" – zu Deutsch: Zusammen. Die Gruppierung ist jetzt Partei. Fuad Ramiqi ist der Parteichef. Er hat im Bosnienkrieg gekämpft. Er ist gegen das Kopftuchverbot an Schulen – gegen einen säkularen Staat Kosovo und gegen Schwule.

    "Die EU und die westliche Welt haben eine christliche Grundlage. Und nicht alles, was von dort kommt, passt zu uns. Etwa Homosexualität, die werden wir nie akzeptieren."

    Seit 2004 gibt es im Kosovo zwar ein Gesetz, dass die Minderheit vor Diskriminierung schützt. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Amnesty International berichtete von Todesdrohungen gegen Schwulenaktivisten und der Flucht Homosexueller aus dem Kosovo aus Angst vor Gewalt. Kein Wunder also, dass sich Homosexuelle wie der Libertas-Mann nicht gerne outen.

    "Wir sind noch nicht soweit, dass wir an die Oberfläche kommen, Teil der Gesellschaft und stolz sein können. Homosexuelle im Kosovo leben ihr normales Leben, viele haben Beziehungen, aber sie zeigen sich nicht so sehr öffentlich. Einige haben sich gegenüber der Familie, einigen engen Freunden offenbart, aber nicht in der breiten Öffentlichkeit."