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Scottish play

Das Entstehungsjahr von "Macbeth" ist noch umstritten, aber die erste historisch belegte Aufführung fand am 20. April 1611 statt. Seitdem gehört die Tragödie um den schottischen König zu Shakespeares erfolgreichsten Dramen.

Von Christian Ulmcke | 20.04.2011
    "When shall we three meet again
    In thunder, lightning, or in rain?
    When the hurly-burly's done,
    When the battle's lost and won.
    That will be ‘ere the set of sun
    Where the place?
    Upon the heath.
    There to meet with Macbeth."

    "Am Samstag dem 20. April ließ sich im Globe zunächst beobachten, wie Macbeth und Banqo, zwei schottische Fürsten, durch einen Wald ritten und drei Feen oder Nymphen standen vor ihnen, die Macbeth begrüßten und zu ihm sagten 'Heil dir, Macbeth, denn du sollst König sein, doch keine Könige zeugen'."

    So beschreibt der Londoner Arzt, Okkultist und Astrologe Simon Forman 1611 den Beginn von Shakespeares Tragödie Macbeth in seinen Aufzeichnungen, die er Book of Plays, das Buch der Schauspiele, nennt. Es ist die erste dokumentierte Aufführung von Macbeth, obwohl das Drama zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre alt ist. Shakespeare hatte es vermutlich anlässlich der Thronbesteigung von James dem Ersten verfasst und sich zum Teil an den Fakten über den historischen Schottenkönig Macbeth aus dem 11. Jahrhundert orientiert.
    Forman schildert das Stück in einem sachlichen Tonfall, ohne die Handlung zu kommentieren.
    "Und Macbeth ersann einen Plan, Duncan zu ermorden, und durch die Überzeugungskraft seiner Frau ermordete er den König in seinem eigenen Schloss, wo er zu Gast war, und viel Erstaunliches wurde in dieser Nacht gesehen."

    "Ist das ein Dolch, was ich vor mir erblicke,
    Der Griff mir zugekehrt? Komm, lass dich packen! -
    Ich fass dich nicht, und doch seh ich dich immer.
    Bist du, Unglücksgebild, so fühlbar nicht
    Der Hand, gleich wie dem Aug?"

    "Und als Macbeth den König ermordet hatte, gelang es ihm nicht, das Blut von seinen Händen zu waschen, noch von den Händen seiner Frau, die die blutverschmierten Dolche versteckt hatte."

    "O schwache Willenskraft!
    Gib mir die Dolche! Schlafende und Tote
    Sind Bilder nur; der Kindheit Aug allein
    Scheut den gemalten Teufel. Wenn er blutet,
    Färb ich damit der Diener Kleider,
    Denn ihre Schuld solls scheinen."

    Macbeth, der von seinen Schuldgefühlen verfolgt wird, entwickelt sich zu einem tyrannischen und mörderischen König, gegen den sich die anderen schottischen Fürsten schließlich verbünden. Als er auf dem Schlachtfeld von dem Selbstmord seiner Frau erfährt, illustriert Macbeth in einem berühmten Monolog - hier von Sir Alec Guinness interpretiert - den sinnentleerten Abgrund, in den sein Ehrgeiz ihn gerissen hat.

    "Out, out, brief candle!
    Life's but a walking shadow, a poor player
    That struts and frets his hour upon the stage
    And then is heard no more: it is a tale
    Told by an idiot, full of sound and fury,
    Signifying nothing."

    Macbeth gehört zu Shakespeares einflussreichsten und beliebtesten Dramen und ist durch die Jahrhunderte immer wieder neu inszeniert worden, auch von berühmten Filmregisseuren wie Orson Welles, Akira Kurosawa oder Roman Polanski und als Oper von Verdi. Vielleicht liegt die ungebrochene Faszination der Tragödie an den übernatürlichen Kräften, die hier eine so viel größere Rolle spielen, als in anderen Shakespeare-Tragödien, oder in der fesselnden Entwicklung der Hauptfigur vom ehrgeizigen Heerführer zum widerwilligen Mörder und schließlich zum wahnsinnigen Tyrannen. Macbeth ist, so viel steht fest, Shakespeares kürzeste und blutigste Tragödie; das Tempo der Handlung ist rasant. Und mit Lady Macbeth hat Shakespeare eine faszinierende, ungewöhnliche Figur erschaffen, die ein Synonym für finstere, gewissenlose Frauengestalten geworden ist - wenngleich alle Frauen auf der Bühne zu Shakespeares Zeit, wie auch in der folgenden Inszenierung von Jürgen Gosch aus dem Jahr 2006, von Männern gespielt wurden.

    "Kommt, Dämonen, impft mich mit Mordgier
    Nehmt mir mein Geschlecht
    Füllt mich vom Scheitel bis zur Sohle voll mit wüster Grausamkeit
    Verdickt mein Blut, verstopft den Zugang und den Weg zum Mitleid
    Dass nicht natürliche Gewissensbisse den bösen Plan erschüttern
    Noch versöhnend dazwischentreten."

    Aus welchem Grund auch immer, Macbeth ist in der Theaterwelt so allgegenwärtig, dass sich sogar ein eigener Aberglaube darum entsponnen hat, der besagt, dass es Unglück bringt, wenn hinter der Bühne der Titel des Stückes genannt wird. Stattdessen darf man es nur als "the Scottish play", das schottische Stück, bezeichnen.