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Seidenstraßen-Projekt
Politische Abhängigkeiten befürchtet

Die Regierung in Rom hat angekündigt, sich am chinesischen Infrastrukturprojekt der „Neuen Seidenstraße“ zu beteiligen. China will mit der italienischen Regierung einen entsprechenden Rahmenvertrag unterschreiben. Doch das Projekt ist wegen seiner politischen Auswirkungen weltweit umstritten.

Von Steffen Wurzel | 21.03.2019
Der YXE Güterzug startet vom Containerterminal in Yiwu/ China.
Zwischen dem chinesischen Yiwu und dem spanischen Madrid verkehrt seit November 2014 der YXE Güterzug über die "Neue Seidenstraße". (picture alliance / dpa/ Lv Bin)
Es ist nicht mehr als eine Absichtserklärung, die beide Regierungen in Rom unterschreiben wollen. Doch allein die Tatsache, dass Italien die so genannte Seidenstraßen-Inititiative Chinas künftig offiziell unterstützt, ist ein großer politischer Erfolg für Xi Jinping. Italien ist das erste Land der G7-Gruppe und die weltweit größte Volkswirtschaft überhaupt, die sich zu Chinas umstittenem Infrastrukturprojekt bekennen will. Wang Yiwei, Politolige an der Volks-Universität in Peking, betonte Anfang der Woche im staatlichen Sender CCTV:
"Es ist sehr wichtig, große Industrienationen ins Seidenstraßen-Projekt einzubinden. Sie haben das Kapital, die Technologie und die entsprechenden Standards. Wichtig ist, dass wir den multilateralen Charakter der Seidenstraße betonen. Darum ging es von Beginn an."
Befürchtungen über Chinas Dominanz
Die meisten Experten außerhalb Chinas sehen das anders. Für sie ist die Seidenstraße eben kein multilaterales, sondern ein rein chinesisch-dominiertes Projekt. Die Staats- und Parteiführung in Peking habe stets das letzte Wort.
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Chinas neue Seidenstraße (Katapult / Deutschlandradio)
In China selbst heißt das Projekt gar nicht Seidenstraße, sondern "Yi Dai Yi Lu" - der Begriff lässt sich nur sehr hölzern mit "Ein Gürtel, eine Straße" übersetzen. Im deutschen Sprachraum hat sich deswegen der romantisch klingende Begriff der "Neuen Seidenstraße" durchgesetzt. Der Inhalt ist allerdings weniger romantisch: Bei dem Lieblingsprojekt der chinesischen Staats- und Parteiführung geht es um den massiven Ausbau von chinesischem Einfluss in Asien und dem Rest der Welt. Hunderte Milliarden Euro investiert China dafür in Infrastrukturprojekte, in Straßen, Häfen, Schienenwege, Stromnetze und neue Flughäfen etwa.
Warnungen auch vor politischer Abhängigkeit
Finanziert wird das Ganze unter anderem durch Kredite chinesischer Staatsbanken. Kritiker warnen, dass sich betroffene Regierungen damit in gefährliche Abhängigkeiten begeben, in wirtschaftliche und politische. Und tatsächlich haben sich viele Seidenstraßen-Länder wie Malaysia, die Malediven, Pakistan und Sri Lanka in den vergangenen Jahren stark bei chinesischen Staats-Banken verschuldet.
Politische Abhängigkeiten sind sogar schon in der EU zu erkennen. So haben Portugal, Griechenland und Ungarn zuletzt verhindert, dass die EU China wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilt. Es sind ausgerechnet die drei Staaten, in denen China in den vergangenen Jahren Milliardenbeträge investiert hat. Ein Zusammenhang liegt also auf der Hand.
Beschädigt Italien sein internationales Ansehen?
In Italien würden die geplanten Seidenstraßen-Investitionen unter anderem den Ausbau von Häfen betreffen. Kredite dafür sollen von der chinesisch kontrollierten "Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB)" kommen. Das, so fürchten Kritiker, könnte auch Italien in gefährliche Abhängigkeiten führen. Die Bundesregierung, die EU und die USA kritisieren die chinesisch-italienische Absichtserklärung zur Seidenstraße deswegen. Die US-Regierung etwa erklärte, Italien beschädige sein internationales Ansehen. Chinas Staats- und Parteiführung wies das empört zurück.
Sprecher Lu Kang: "Das ist lachhaft. Italien ist ein großes Land, eine bedeutende Industrienation. Die Regierung in Rom kann selbst entscheiden, wo ihre Interessen liegen."