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Seniorpartner in School
Ehrenamtliche Streitschlichter für junge Menschen

Manche Senioren zieht es im Ruhestand zurück an die Schule: Dort stehen sie Kindern als Ansprechpartner zur Verfügung, helfen ihnen, Konflikte gewaltfrei zu lösen und ihre eigenen Stärken zu entwickeln. Mehr als 1.200 Frauen und Männer sind in ganz Deutschland als "Seniorpartner in School" tätig - zwei davon an einer Gesamtschule in Wuppertal.

Von Viola Gräfenstein | 13.04.2016
    Klaus Hansohm (l.) und Angelika Pütz, Schulmediatoren des Vereins Seniorpartner in School
    Klaus Hansohm (l.) und Angelika Pütz, Schulmediatoren des Vereins Seniorpartner in School (Deutschlandradio / Viola Gräfentein)
    Jeden Freitag, 10 Uhr morgens, studieren Angelika Pütz und Klaus Hansohm als erstes die Gesprächsliste an der Tür zu ihrem Raum. Auf die tragen sich die Kinder der Gesamtschule Uellendahl-Katernberg in Wuppertal ein, wenn sie mit den beiden Schulmediatoren sprechen möchten. Heute stehen Jan und Smilla aus Klasse 5 vor der Tür. In der Klasse gibt es einen Konflikt.
    "Ich finde es gut, dass die beiden hier sind, weil, wenn wir Streitigkeiten haben, können wir das gut klären, die sind auch sehr, sehr nett. Ich hatte mal mit einem Klassenkameraden von mir mal Streit, ich bin halt öfters hierhin gekommen, um zu sagen, wie es jetzt abläuft mit mir, ob es mir gut geht, und das hat sehr geholfen."
    Angelika Pütz übt das Ehrenamt seit zwei Jahren aus. Die über Sechzigjährige wollte in ihrer Rente etwas mit Kindern machen. Sie hörte von dem Verein und entschloss sich dazu, die Ausbildung zur Schulmediatorin zu absolvieren.
    "Ich hatte mich schon länger für den Bereich Kommunikation und alles, was dazu gehört, interessiert und habe dann von Seniorpartner in School in der Zeitung gelesen und fand es eine ganz tolle Herausforderung und habe mich da beworben."
    Angelika Pütz bringt als Mutter und Großmutter viele Erfahrungen mit Kindern mit. Doch das alleine reicht nicht aus.
    "Es ist nicht so, dass man einfach so sagen kann, ich möchte gerne mit Kindern arbeiten, weil Kinder haben mich schon immer interessiert, sondern man muss seine Ausbildung darlegen, die man durchlaufen hat, ein polizeiliches Führungszeugnis muss dabei sein und dann muss man sich einer 80-stündigen Ausbildung stellen wollen, denn ohne Ausbildung läuft nichts."
    Doch die 80 Stunden investierten beide Mediatoren gerne in die kostenlose Ausbildung. Hier lernten sie etwas über Kommunikationstheorien, Gesprächsführung aber auch, wie man Kindern die richtigen Fragen stellt. Auch Klaus Hansohm war von der Idee, als Schulmediator zu helfen, begeistert. Als ehemaliger Außendienstmitarbeiter im grafischen Gewerbe hat er das Vermitteln und Zuhören gelernt.
    "Zum anderen ist es auch etwas ganz anderes, was ich bisher gemacht habe, das ist das, was ich gewollt habe. Etwas anderes machen, jetzt wo man nicht mehr im Beruf ist."
    Gut ausgebildet ins Ehrenamt
    Die kostenlose Ausbildung dauert 80 Stunden, die auf ca. 4 Monate verteilt werden. Altersvoraussetzung: 55 plus. Nach der Ausbildung verpflichten sich die Teilnehmenden, mindestens 18 Monate an Schulen zu gehen, um das Ehrenamt auszuüben. Der Wuppertaler Schuldirektor Lutz Wendel ist froh, mit Angelika Pütz und Klaus Hansohm Unterstützung an der Schule zu haben.
    "Ich habe verlässliche außerschulische Experten, die präsent sind, und die einiges an pädagogischer Arbeit auch abnehmen können. Mit diesen Kleinigkeiten, die zu großen Problemen wachsen können, fängt es an, die uns dann von den Seniorexperten einfach abgenommen werden, die aufgearbeitet werden, wo die Streitigkeiten aufgearbeitet werden und Vereinbarungen getroffen werden, wo eine echte Entlastung stattfindet."
    Dabei sollen die beiden Seniorpartner jedoch keinen Konflikt lösen, sondern die Kinder nur unterstützen. Beide Schulmediatoren gehören nicht zum System, ein Vorteil, findet Pütz:
    "Das ist vom Streit, weil mich einer geboxt hat bis zum ersten Liebeskummer, wo die Seele weint, man wird gerade verlassen oder er hat gerade in der Pause mit einer anderen gespielt, aber auch schwerwiegende Probleme innerhalb der Schule oder im Elternhaus. Im großen und ganzen reden wir nicht darüber, was den Kindern auf der Seele liegt, das bleibt hier bei uns im Raum und darüber wird nicht weiter gesprochen."
    Mittlerweile hat es sich in der Schülerschaft herumgesprochen, dass die beiden ein offenes Ohr für die Belange der Schülerinnen und Schüler haben. Auch Lili und Zoey aus der siebten Klasse freuen sich über die Seniorpartner:
    "Es gibt viele Kinder hier an der Schule, die ein paar Probleme haben und ich finde es gut, dass uns angeboten wird, dass wir sie lösen können."
    Zoey: "Bei Lehrern ist man immer etwas zurückhaltender, deshalb finde ich es gut, dass auch Außenstehende dabei sind, die dann vielleicht mit der Sache nicht unbedingt etwas zu tun haben, sondern nur versuchen zu helfen."