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Sensationsentdeckung der Pluto-Sonde
Unerwarteter Exot am Rand des Sonnensystems

Die US-Raumsonde New Horizons flog vor zwei Jahren an Pluto vorbei. Auf dem Weg zum Rand des Sonnensystems legt sie mehr als 800 Millionen Kilometer zurück. Ziel: der Kleinplanet 2014MU69. Forscher erhaschten jetzt erstmals einen Blick auf den Brocken - es scheint sich gleich um zwei Kleinplaneten zu handeln.

Von Guido Meyer | 17.08.2017
    Bisher nur ein verwaschener Lichtfleck: Serienaufnahme des Kuiper-Gürtel-Objekts 2014 MU69 durch das Hubble-Weltraumteleskop
    Bisher nur ein verwaschener Lichtfleck: Serienaufnahme des Kuiper-Gürtel-Objekts 2014 MU69 durch das Hubble-Weltraumteleskop (NASA/ESA)
    Schon vor dem Rendezvous mit Pluto war klar: Sollte New Horizons in gutem Zustand sein und noch genügend Treibstoff haben, könnte sie ein zweites Objekt im Kuiper-Gürtel ansteuern. Und so begann die US-Weltraumbehörde NASA nach einem Himmelskörper zu suchen, der ungefähr auf der Flugbahn der Sonde liegt. Der Planetologe Marc Buie gehört zum New-Horizons-Team am Southwest Research Institute in Boulder im US-Bundesstaat Colorado.
    "Wir haben 2014 nach einer intensiven, zehnjährigen Suche einen entsprechenden Himmelskörper gefunden. Er ist einer der lichtschwächsten, die wir im äußeren Sonnensystem je entdeckt haben. Bei 2014 MU69handelt es sich um ein sehr, sehr kleines Objekt. Es hat eher die Größe von Plutos Monden als von Pluto selbst. Wir sind damit am Limit dessen, was unsere Ausstattung und unsere Technologie uns über dieses Objekt verraten kann."
    2014MU69: Erdnuss- oder Hantelform oder doch anders
    Um diese technische Grenzen noch ein wenig auszureizen, hatte das New-Horizons-Team in den vergangenen zwei Monaten provisorisch Teleskope in Patagonien und Südafrika aufgebaut. Von der südlichen Erdhalbkugel aus gesehen nämlich ist 2014 MU69 im Juni und Juli dreimal vor einem Stern vorbei gezogen. Für jeweils zwei Sekunden war die Silhouette des Kleinplaneten vor dem Stern dabei für die Teleskope sichtbar. Alan Stern, der Chefwissenschaftler der New-Horizons-Mission:
    "Wenn wir uns nacheinander die Bilder dieser Verdunkelung ansehen, sehen wir den Stern blinzeln. Das Objekt, das ihn verdunkelt, sieht aus wie eine Acht."
    Nun kennen die Astronomen also die Form von 2014 MU69. Doch der Zahl acht zu ähneln, kann immer noch mehre Gründe haben: Das Objekt könnte aussehen wie eine Erdnuss oder wie eine Hantel. Möglich sei aber auch eine wesentlich interessantere Variante, glaubt Marc Buie.
    "Wir sehen wahrscheinlich zwei kleinere Objekte. Entweder umkreisen sie sich in einem extrem geringen Abstand, oder sie berühren sich sogar."
    Zufälliger Glückstreffer für die NASA
    Womit 2014 MU69 sich mit einem Schlag als Glückstreffer für die NASA erweist. Geboren als Notlösung - weil das Objekt zufällig auf dem Kurs von New Horizons liegt - und erst vor drei Jahren entdeckt, scheint es sich bei diesem Kleinplanetenpaar um einen unerwarteten Exoten am Rand des Sonnensystems zu handeln.
    "Die neuen Beobachtungen von MU69 haben uns Rückschlüsse über seine Form und seine Flugbahn gegeben. Eine andere wichtige Frage ist natürlich, woraus dieses Objekt besteht. Dabei müssen wir uns unserer Erfahrungen mit anderen Himmelskörpern des Kuiper-Gürtels bedienen. Wir wissen, dass es in dieser Gegend des Sonnensystems viel Eis und Gestein gibt. Das dürfte bei diesem kleinen Objekt nicht anders sein."
    Anblick aus nächster Nähe im Januar 2019 möglich
    Auch die Größe dieses Objekts konnten die Astronomen bestimmen. Sie ließ sich berechnen aus seiner Geschwindigkeit und der Zeitspanne, während der es den Stern bedeckt hat. Ergebnis: Es misst nur zwanzig bis dreißig Kilometer im Durchmesser.
    Außerdem steht nun fest, dass diese beiden Brocken nicht von einer Wolke oder Scheibe aus Geröll umgeben sind. Diese hätte für New Horizons eine Gefahr dargestellt. Am Kurs der Sonde muss die NASA daher keine Änderungen vornehmen. Im Januar 2019 soll sie in nur etwa 3.000 Kilometer Entfernung – und damit näher als an Pluto – an 2014 MU69 vorbeifliegen. Marc Buie freut sich schon:
    "Wir wissen jetzt, dass die Dinge wesentlich komplizierter und interessanter sind, als wir vor den Sternverdunkelungen gedacht hatten. Dieses Objekt hat sich als wirklich bizarr und aufregend herausgestellt. Und ich bin froh, dass wir es in anderthalb Jahren aus nächster Nähe sehen werden!"