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Serbisch-ungarische Grenze
Das schmutzige Geschäft der Schlepper

Über die Bahnstrecke Szeged - Subotica kommen weiter Flüchtlinge über die serbisch-ungarische Grenze: Alleine am Wochenende waren es etwa 6.000. Um nach Deutschland oder in andere EU-Staaten zu gelangen, nehmen sie die Dienste von Schleppern in Anspruch - die oft jedoch das Gegenteil von Hilfe sind.

Von Stephan Oszváth | 01.09.2015
    Flüchtlinge an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien
    Flüchtlinge an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien (picture alliance/dpa/Zoltan Balogh)
    Ein französischer Journalist weist den Flüchtlingen am Stacheldrahtverhau zwischen Serbien und Ungarn den Weg. Dort hinten müsst ihr hingehen, da ist eine Tankstelle. Er zeigt in Richtung Autobahn Belgrad-Budapest. Dort warten Taxis, sagt der Mann, ein junger Syrer übersetzt die Information ins Arabische.
    Mit Taxis meint der Mann Schlepper. Kais Al Alawani, vierfacher Familienvater aus Hama in Syrien, hat Schlimmes gehört über die Mafia - die meisten Ungarn.
    "Unterwegs gibt es viele Bedrohungen, da sind viele Kriminelle unterwegs. Sie nehmen einem das Geld, die Handys, die Kleidung weg. Einige haben uns erzählt: Sie wurden irgendwo außerhalb hin gefahren, und dann hat man Schlimmes mit ihnen gemacht. Hier, zwischen den Bäumen, gibt es schlimme Leute, die nur darauf warten, uns das Geld abzunehmen."
    Oder die Flüchtlinge werden einfach irgendwo ausgesetzt. Dann sagen ihnen die Schlepper: Hier ist Österreich - und überlassen die Leute ihrem Schicksal, meint Balázs Szallai, Mitbegründer der Hilfsorganisation Mig Szol, die die Flüchtlinge an einem Sammelpunkt an der Grenze und am Bahnhof der nahegelegenen Metropole Szeged betreut.
    "Die Polizei bearbeitet sehr viele solcher Fälle. Wir raten den Flüchtlingen, sich lieber registrieren zu lassen und hier einen Asylantrag zu stellen - statt sich in die Hände von Schleppern zu bewegen, das ist ein großes Risiko."
    Mehr als 300 mutmaßliche Schlepper aus dem Verkehr gezogen
    Es ist Abend geworden: An einem Lkw-Parkplatz an der Autobahn und an der Tankstelle herrscht reges Treiben: Zwielichtige Gestalten lungern im Schatten des Tankstellen-Gebäudes, warten mit ihren Autos auf Kundschaft. Die muss nur von der Bahnstrecke Subotica - Szeged über ein Maisfeld laufen. Kleinbusse und Pkw mit Wiener, Belgrader oder ungarischen Kennzeichen stehen bereit, die Flüchtlinge wegzubringen.
    An der Straße nach Szeged stoppt die Polizei einen roten Pkw mit ungarischem Kennzeichen und holt zwei Flüchtlinge aus dem Auto. Aus Syrien kommt er, sagt einer. Endstation Ungarn. Regierungssprecher Zoltán Kovács droht der Schlepper-Mafia.
    "Organisierte Kriminelle nutzen und bedienen diese moderne Völkerwanderung. Das ist so verbreitet, dass man drakonisch gegen sie auftreten muss."
    Mehr als 300 mutmaßliche Schlepper haben die ungarischen Behörden in diesem Jahr schon aus dem Verkehr gezogen. 250 Urteile wurden gefällt. Es wurden auch schon Gefängnisstrafen von bis zu vier Jahren verhängt.