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Serie "Saboteure im Eis"
Wettlauf gegen die Atombombe

Heisenberg gegen Tronstadt. Deutsche Forscher versus norwegische Wissenschaftler. Ein Rohstoff der kriegsentscheidend ist und nicht in die Hände der Nazis geraten darf - "Saboteure im Eis" ist eine sechsteilige Miniserie, die ein fast unbekanntes Kapitel aus dem Zweiten Weltkrieg aufschlägt.

Von Susanne Luerweg | 02.01.2018
    Personen ziehen einen Behälter durch eine Schneelandschaft
    In unwegsamen Gelände muss das technische Equipment für die Sabotageaktion durch Eis und Schnee transportiert werden. (NDR/Filmkameratene AS)
    "Sie haben die besten Wissenschaftler des Landes versammelt. Von Weizäcker, Hahn und natürlich Werner Heisenberg, Nobelpreisträger. Alles wird gesteuert vom Waffenheeresamt mit dem Ziel eine Atombombe zu bauen."
    Es herrscht Krieg auf der Welt. Und die Angst geht um, dass die Deutschen bald technisch in der Lage sein könnten, die von allen gefürchtete Bombe zu bauen. Aber ganz so einfach, wie die Alliierten zu Beginn der Miniserie "Saboteure im Eis" annehmen, ist es nicht. Es fehlt der entscheidende Rohstoff.
    Wertvolles und begehrtes Abfallprodukt
    "Wir benötigen schweres Wasser um eine Kettenreaktion überhaupt in Gang zu bringen", sagt Werner Heisenberg. Der charismatische Physiker, ist eine der zentralen Figuren dieser norwegisch britischen Miniserie. Das von Heisenberg benötigte Deuteriumoxid gibt es nur in Norwegen. Es entsteht als Abfallprodukt in einer dortigen Kunstdüngefabrik und ist weltweit begehrt. Als die Nazis Norwegen besetzen, fordern sie Unmengen dieses "schweren Wassers", denn längst zeichnet sich ab, dass der Krieg nicht so leicht gewonnen werden kann. Eine Wunderwaffe soll die Wende bringen.
    Werner Heisenberg (Christoph Bach) als frischgebackener Nobelpreisgewinner an der Seite von Freund und Mentor Niels Bohr (Søren Pilmark).
    Werner Heisenberg (Christoph Bach) als frischgebackener Nobelpreisgewinner an der Seite von Freund und Mentor Niels Bohr (Søren Pilmark). (NDR/Filmkameratene AS/Jiri Hanzl)
    "Wer es schafft die Kraft nuklearer Energie zu bändigen, der wird unschlagbar sein."
    Die Bombe hat es nicht gegeben, das ist historisch verbrieft. Die Serie "Saboteure im Eis" hält sich weitestgehend an die geschichtlich belegten Fakten. Tatsächlich haben die Briten gemeinsam mit den Norwegern Spezialeinheiten entsandt, um die norwegische Firma zu zerstören und so die Produktion des schweren Wassers zu verhindern.
    "Unsere Männer jagen das verdammte Ding in die Luft"
    "Die Operation läuft unter dem Namen 'Freshmen'. Einundvierzig Spezialkräfte fliegen mit zwei Gleitflugzeugen in die Berge. Die Halifax bringen sie bis zur norwegischen Küste. Dort lösen sich die Gleiter und landen unbemerkt in den Bergen. Dann verschaffen sich unsere Männer Zugang zur Fabrik und jagen das verdammte Ding in die Luft."
    Bei dem Versuch die Fabrik zu sabotieren, müssen die Soldaten durch Schnee und Eis wandern, sich wochenlang bei klirrender Kälte in den norwegischen Bergen verstecken und vor den Nazis fliehen. Leider sind die Landschaftsaufnahmen sowie die Bilder der monströsen Fabrik im norwegischen Nirgendwo das große Manko der Serie. Zu sehr sieht vieles nach Studioaufnahme und Computertechnik aus, fast lächerlich wirken die Verfolgungsjagden auf Skiern. Wie den Wissenschaftlern im zweiten Weltkrieg das schwere Wasser fehlte, mangelte es den Serienmachern offensichtlich am Budget.
    Leif Tronstad (Espen Klouman-Høiner) im Labor
    Leif Tronstad (Espen Klouman-Høiner) im Labor (NDR/Filmkameratene AS/Jiri Hanzl)
    Immerhin reichte es für gute Darsteller. Allen voran Christoph Bach. Er spielt Heisenberg als zerrissene Persönlichkeit, getrieben von Forscherdrang und entsetzt über die Machthaber. Sein norwegischer Gegenpart Leif Tronstad, dargestellt von Espen Klouman-Høiner beeindruckt ebenfalls durch facettenreiches Spiel. Auch das Drehbuch ist größtenteils gelungen. Bei sechs Folgen á 45 Minuten bleibt auch genügend Zeit für die Begegnung zwischen Werner Heisenberg und dem dänischen Physiker Niels Bohr, die tatsächlich stattfand. Bis heute weiß niemand so genau, was die einstigen Freunde Heisenberg und Bohr mitten in den Kriegswirren besprachen. Auch die Serienmacher beziehen keine eindeutige Position.
    "Was wir wissen ist, dass Werner Heisenberg Niels Bohr eine Skizze gegeben hat. Wir nahmen an, sie sei für eine Bombe. Aber sie war wohl für einen Reaktor, wie sie richtig vermutet haben."
    Kein simples schwarz-weiß Bild
    "Saboteure im Eis" zeigt die Ambivalenz vieler Akteure des zweiten Weltkriegs und schafft es, kein simples schwarz-weiß Bild zu zeichnen. Hier die bösen Nazis, dort die heldenhaften Alliierten. Es gibt Kriegsgewinnler, Mitläufer und Überzeugungstäter auf beiden Seiten. Und die simple, aber nach wie vor wichtige Erkenntnis, dass Krieg nie eine gute Option ist.
    "Im Krieg hat jeder Erfolg seinen Preis, so ist es eben."
    Manche Textzeile ist zu pathetisch, manches Bild, wie das vom traurig dreinblickenden Heisenberg auf ein brennendes Klavier im zerstörten Berlin zu kitschig geraten, aber die Geschichte der "Saboteure im Eis" lohnt sich in dieser Breite erzählt zu werden, um an den Widerstand im Zweiten Weltkrieg in dieser Form zu erinnern. Allerdings entwickeln die sechs Folgen keinen so großen Sog wie andere skandinavische Serien wie "Borgen" oder "Lilyhammer", aber das könnte der Thematik geschuldet sein.
    "Saboteure im Eis - Operation schweres Wasser" läuft vom 2. bis 4. Januar jeweils um 23 Uhr in einer Doppelfolge in der ARD.