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Sharing Economy
Deutscher Verbrauchertag über die Wirtschaft des Teilens

Nicht kaufen, sondern leihen - das ist das Prinzip der Sharing Economy. Der Deutsche Verbrauchertag stand ganz im Zeichen der Wirtschaft des Teilens. Verbraucherschützer empfahlen unter anderem eine Kennzeichnung von kommerziellen Anbietern und die Achtung des Datenschutzrechts.

Von Stefan Maas | 29.06.2015
    "Willkommen im Leihladen."
    Der liegt am Teutoburger Platz in Berlin. Silke Kolwitz führt durch die Regalreihen:
    "Du siehst hier zum Beispiel eine Brotbackmaschine, riesige Kochtöpfe, das ist hier so eine Kornmühle, Kinderwagen haben wir auch. Extrem viel Kinderequipment, weil man das ja wirklich nur mal in einer Phase seines Lebens braucht."
    Das Konzept ist einfach, erklärt die blonde Frau, die hier einmal in der Woche ehrenamtlich arbeitet: Hier kann man ausleihen, was man selber nicht kaufen möchte, weil man es vielleicht nur einmal braucht.
    "Bei uns ist eben Bedingung, dass eben die Leute, um es eben auch wertzuschätzen, selber einen Gegenstand einbringen sollen."
    Der Leihladen. Die traditionellste Form der Sharing Economy in Ladenform. Finanziert wird hier alles aus Spenden, denn: Es geht ums Prinzip, nicht um Geld. Das aber gilt längst nicht für alle Firmen und Internetplattformen, die unter dem Begriff der Wirtschaft des Teilens laufen. In vielen Fällen geht es ums Geschäft. Ebenfalls ganz klassisch: Geld gegen Leistung.
    Kennzeichnung von professionellen Anbietern
    Und Verbraucher wünschen sich solche professionellen Plattformen, die das "Teilen" von Autos oder Wohnungen für den Urlaub professionell abwickeln, das zeigen Umfragen, die die Verbraucherzentralen gemacht haben. Allerdings, sagt Klaus Müller, der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, sollte für Verbraucher auch erkennbar sein, ob sie es mit einem privaten oder einem professionellen Anbieter zu tun haben. Ihm wäre eine deutliche Kennzeichnung recht, denn gerade wenn es um kommerzielle Anbieter geht, die ihre Dienste, Autos oder Wohnungen anbieten, dürfe der Verbraucherschutz nicht ausgehebelt werden:
    "Die Rechte, die man auch sonst hat, müssen auch in der Sharing Economy gewerblichen Anbietern gelten. Und das bitteschön so einfach wie möglich."
    Mindeststandards sollten aber auch für Privatanbieter gelten, wenn die etwa ihre Wohnung vermieten. In diesen Fällen sollten Vermittlungsplattformen die Qualität der von ihnen vermittelten Dienste sicherstellen, indem sie zum Beispiel grundlegende Sicherheitsmaßnahmen verlangen oder Versicherungen anbieten. Auch der Datenschutz gehört zu den ganz wesentlichen Punkten, wenn die Dienste von Sharing-Plattformen genutzt werden, sagt Renate Künast, die ehemalige Grüne Verbraucherministerin.
    "Deshalb würde ich gerne diskutieren, was ist die gute alte Sharing Economy, auch wenn sie das digitale Zeitalter nutzt, und was ist nur anders verkleidet und in Wahrheit doch Gewerbe und Handel mit meinen Daten."
    Datenschutz und Sharing Economy
    Deshalb fordern die Verbraucherschützer, dass auch in der Sharing Economy die Grundsätze des Datenschutzrechts, wie etwa der Einwilligungsvorbehalt oder eine strikte Zweckbindung der Daten gelten müssen. Grundsätzlich alles richtig, sagt Justus Haucap, der Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie. Dass die Politik aber die Sharing Economy zunehmend stärker regeln wolle, sei keine gute Entwicklung:
    "Nicht etwa, weil es keiner Regulierung Bedarf, sondern weil die Art der Regulierung, die wir da anwenden momentan doch recht antiquiert ist. Was probiert wird, ist, dass an einfach die bestehende Regulierung, die es für traditionelle Märkte gibt, einfach eins zu eins auf die Sharing Economy versucht zu übertragen. Und das ist einfach nicht sachgerecht in vielen Fällen."
    Ein neues Feld brauche eigene Regeln, sonst würden Entwicklungen abgewürgt. Um etwa ganz einfach zwischen privaten und kommerziellen Anbietern zu unterscheiden, schlägt er eine Umsatzgrenze oder Höchstvermietungsdauer vor.