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Sicherheit in der Gentechnik

Am 22.4.2002 begann in Den Haag eine einwöchige Konferenz über Fragen der Sicherheit gentechnisch veränderter Organismen. Das so genannte "Biosafety Protokoll" soll den Umgang mit Gentechnik-Erzeugnissen auch im internationalen Verkehr regeln. Nach wie vor ist strittig, welche Risiken die Einführung der Grünen Gentechnik für die biologische Sicherheit mit sich bringt. Wie verhalten sich die umgebauten Pflanzen in der Natur? Welche Sicherheitsvorkehrungen müssen in den Ländern getroffen werden, welche gesetzlichen Regelungen sind nötig?

von Yvonne Mabille | 22.04.2002
    Bt-Mais gehört zu den ersten transgenen Nutzpflanzen, die für den Anbau zugelassen wurden. Dem Mais, der sich -laut Hersteller- "selbst vor der Zünslerlarve schützt", wurde gentechnisch ein Eiweiß des Bodenbakteriums Bazillus thuringiensis - kurz bt - eingebaut. Wie verhält er sich in der Natur?

    Diese bt-Proteine, die sickern sogar aus den Haarwurzeln der bt-Maispflanzen heraus. Direkt in den Boden.

    Trotzdem sieht Klaus Ammann, Direktor des Botanischen Gartens in Bern, darin kein Risiko. Zwar akkumuliere sich das Gift über einen gewissen Zeitraum. Untersuchungen zu Folge werde es aber auch wieder abgebaut. Die Gefahr einer regelrechten Vergiftung der Böden, bestehe nicht, meint Ammann. Längst wird in den Genlabors auch mit Bäumen experimentiert. So hofft die Papierindustrie auf Pappeln mit deutlich gesenktem Anteil an Holzstoffen, um bei der Produktion den Wasserkreislauf geschlossener zu halten. Das Öko-Argument ist nur die halbe Wahrheit. Pappelplantagen, wie sie zur Papiergewinnung angepflanzt werden, laugen die Böden völlig aus. Und bei transgenen Bäumen bleibt auch der Botaniker Ammann, der Grüner Gentechnik durchaus zugetan ist, weit weniger gelassen

    Da werd ich ökologisch schon ziemlich nervös. Wenn ich denke, dass zB die Rottanne, die Fichte transgen gemacht werden könnte, bis zum Blühen, dann brauchen wir uns dann nicht zu wundern, wenn halbe Wälder und ganze Wälder innerhalb von wenigen Jahrzehnten dieses Transgen dann eben auch hätten oder? Das ist dann wirklich völlig außer Kontrolle.

    Ganz zu schweigen von anderen gentechnischen Neuheiten.

    Zum Beispiel. wäre ich viel strenger bei pharmazeutischen Produkten, die mit Transgenen im Raps drin sind. Das muss man Gewächshäusern machen. Oder auch Bioplastik. Ich würde also hassen, einen Senf zu essen, bei dem ich so das Gefühl habe, da sei doch etwas Bioplastik drin. Das gibt es jetzt, Senfpflanzen, die Antigerinnungsmittel produzieren, direkt. Oder eben einen abbaubaren Plastik. Das gibt es. Das ist bereits entwickelt. Aber da würde ich eben schon fordern, dass die total steril sein müssen, diese Pflanzen. Oder in Gewächshäusern gezogen werden.

    Der kontrollierte Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen setzt nicht nur eine angemessene Einschätzung der Risiken voraus. Das transgene Material muss verpackt, gekennzeichnet und transportiert werden. Es braucht Menschen, die damit umgehen können - kurzum, eine Infrastruktur. Das gilt auch für Länder, die selber gar keine eigene biotechnologische Forschung, geschweige denn eine entsprechende Industrie haben. Während in Südafrika transgene Baumwolle und Mais bereits im großen Stil angebaut werden, spielt die Bio- und Gentechnik in den Nachbarländern bislang keine große Rolle. Trotzdem müssen sie jetzt die Vorkehrungen treffen. Joy Lee Chigogora ist Koordinatorin eines Programms für Biologische Sicherheit im südlichen Afrika. Sie arbeitet von Zimbabwe aus.

    Man muss finanzkräftig sein, um die Biotechnologie zu entwickeln und die Rahmenbedingungen für biologische Sicherheit. Ich sage das, weil alle vorrangigen Schritte, die wir identifiziert haben - sei es die Ausbildung der Menschen, Bewusstseinsbildung, Informationsmaterial, die Entwicklung von Richtlinien und Bestimmungen, eine Infrastruktrur einrichten - all das kostet Geld. Und als Entwicklungsländer haben viele von uns keine ausreichende Finanzkraft, um eine angemessene Infrastruktur aufzubauen.

    Ein Argument, das auch ins Gewicht fallen dürfte, wenn die Befürworter der Grünen Gentechnik wieder mit dem Verweis auf den Hunger in der Welt für mehr Akzeptanz bei Verbraucherinnen und Verbrauchern zu werben versuchen

    Wenn wir von Technologien sprechen, die die schwierige Lage erleichtern sollen, in der Entwicklungsländer stecken können, sollten wir die Frage im Hinterkopf behalten : Sind diese Technologien für die Menschen erschwinglich, denen wir helfen wollen?