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"Sie ist unverzichtbar, ganz klar"

Der CSU-Abgeordnete Bernd Posselt hält eine Aussprache zwischen Erika Steinbach und Wladyslaw Bartoszewski außerhalb der Medien für sinnvoll. "Die hätten sich längst zu einer Flasche Rotwein zusammensetzen sollen", sagte Posselt mit Blick auf den seit Langem währenden Streit zwischen beiden.

Bernd Posselt im Gespräch mit Gerwald Herter | 17.09.2010
    Gerwald Herter: Jetzt bin ich mit Bernd Posselt verbunden, CSU-Europaabgeordneter und Mitglied in der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Guten Tag, Herr Posselt!

    Bernd Posselt: Grüß Gott!

    Herter: Sind diese Äußerungen von Frau Steinbach gut für das deutsche Verhältnis zu Polen?

    Posselt: Natürlich nicht, aber man muss zunächst einmal sagen, es ist ein Streit zwischen zwei Personen. Herr Bartoszewski hat Frau Steinbach einmal eine Holocaust-Leugnerin wie Williamson genannt, also sie mit jemand völlig inakzeptablen verglichen, was auch nicht sehr fein ist. Die beiden haben sich nichts geschenkt und deshalb bedauere ich die ganze Entwicklung. Die hätten sich längst zu einer Flasche Rotwein zusammensetzen sollen und in Ruhe einmal eine Aussprache suchen, wie das unter gebildeten Leuten üblich sein sollte.

    Herter: Aber ist es gut, dass Frau Steinbach auf dieses gespannte Verhältnis jetzt zurückkommt und diese Äußerung macht, Herr Bartoszewski habe einen schlechten Charakter?

    Posselt: Nein, das ist eben nicht gut, sondern ich bin der Meinung, dass beide endlich mal miteinander reden sollten, statt über die Medien den Schlagabtausch zu pflegen.

    Herter: Frau Steinbach ist Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Ist das gut für den Bund der Vertriebenen?

    Posselt: Also ich darf sagen, der Bund der Vertriebenen ist ja eine Dachorganisation und die sogenannte Heimatpolitik liegt bei den einzelnen Landsmannschaften. Ich bin Sprecher der weltweit vier Millionen Sudetendeutschen und ich kann sagen, wir haben doch viele Kontakte in die Tschechische Republik, die Siebenbürger Sachsen und die Banater Schwaben nach Rumänien, und auch die mit Polen zusammenhängenden Landsmannschaften sollten sich überlegen, wie sie ihre Kontakte nach Polen verbessern, wobei da vieles geschieht. Ich sehe zum Beispiel bei den Pommern hier in Bayern, oder bei den Ostpreußen, dass sie gute Kontakte nach Polen haben, auch viele Schlesier und Oberschlesier.

    Herter: Das heißt, Frau Steinbach fährt einen sehr konfrontativen Kurs, auch verglichen mit anderen Landsmannschaften?

    Posselt: Nein, die Frau Steinbach fährt keinen konfrontativen Kurs. Sie ist eine integrierende Persönlichkeit im Bund der Vertriebenen, die von links und von rechts auf unfaire Weise attackiert wird. Sie ist unverzichtbar, das sage ich ganz klar. Aber ich glaube ehrlich gesagt nicht – das hat sie auch selbst eingeräumt -, dass jetzt diese Äußerung gegenüber Herrn Bartoszewski ihre Aufgabe erleichtert.

    Herter: Aber Sie sagen ja, die Landsmannschaft der Schlesier beispielsweise sollte sich mal ein Beispiel nehmen an den Sudetendeutschen.

    Posselt: Nein, das habe ich nicht gesagt, sondern ich habe gesagt, dass im Bund der Vertriebenen, der nur eine Dachorganisation ist, die einzelnen Landsmannschaften ihre Kontakte zu den Herkunftsländern selbst organisieren. Das war eine Gründungsbedingung des BDV. Der BDV ist die Interessenvertretung in Berlin und die Landsmannschaften haben die Kontakte zu den Heimatländern.

    Herter: Jetzt hat Frau Steinbach angekündigt, dass sie sich aus der CDU-Spitze zurückziehen wird. Ist das schlecht für den Bund der Vertriebenen?

    Posselt: Also ich glaube, dass das schlecht für die CDU ist, weil die Frau Steinbach doch sehr konstruktiv in der CDU-Führung die Probleme der Vertriebenen eingebracht hat, und ich habe schon das Gefühl, manche in der CDU-Spitze meinen, wenn sie von den Problemen nichts mehr hören, existieren sie nicht mehr. Aber das wäre Vogel-Strauß-Politik.

    Herter: Das sind die Verdienste von Frau Steinbach. Auf der anderen Seite hat sie jetzt zum wiederholten Male sehr umstrittene Äußerungen gemacht. Muss man da nicht abwägen und sagen, also hier überwiegen doch eher die Nachteile?

    Posselt: Also ich glaube, dass man Frau Steinbach in einer derartigen Weise seit Jahren attackiert und verletzt hat, dass man ihr auch mal eine Reaktion zubilligen muss, auch wenn ich wie gesagt der Meinung bin, dass das nicht hilfreich ist, aber sie ist auch nur ein Mensch und sie ist auf unglaubliche Art und Weise attackiert worden, jetzt wieder von der SPD als Giftmischerin. Das sind schon auch ganz üble Schablonen, mit denen hier gearbeitet wird.

    Herter: Der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt über die neuesten umstrittenen Äußerungen der CDU-Politikerin Erika Steinbach. Herr Posselt, vielen Dank!

    Posselt: Danke.