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"Sie werden gleich verbunden!"

Na endlich: Das Gesetz steckte zwar selbst in der Warteschleife - neun Monate galt noch eine Übergangsfrist -, doch ab dem 1. Juni soll nun Schluss sein mit dem Abkassieren fürs Warten am Telefon. Gewiefte Firmen könnten allerdings weiterhin mit Sondernummern Kasse machen.

Von Henning Hübert | 31.05.2013
    "Leider sind zurzeit alle Leitungen belegt, bitte haben Sie noch einen Augenblick Geduld."

    Solche freundlich-nervigen Sätze werden Telefonkunden ab morgen nicht mehr hören, wenn sie bei einer der alten 0180er-Nummern anrufen. Bundesweit gab es vergangenen Herbst noch 150.000 solcher Anschlüsse. Schon das Anhören der Warteschleife kostete bis zu 42 Cent in der Minute - noch bevor das eigentliche Thema angesprochen wurde - etwa eine Flugticket-Umbuchung, eine Produktinfo oder ein Onlinebanking-Geschäft. Widersinnig, sagt Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner: Beim Bäcker zahle man ja auch für das Brot und nicht für das Warten vorher. Und deshalb verbietet das Telekommunikationsgesetz ab dem 1. Juni kostenpflichtige Warteschleifen bei Sonderrufnummern. Die Bundesnetzagentur droht hohe Strafen an, sollte weiter abkassiert werden. Behördensprecher René Henn:

    "Die Abschaltungsanordnung der entsprechenden Rufnummer oder sogar der Entzug der Rufnummer. Und als neue Möglichkeit ist tatsächlich auch ein Bußgeldrahmen vorgesehen von bis zu 100.000 Euro, um Verstöße zu ahnden."

    Verstöße sollen die Verbraucher der Bundesnetzagentur mitteilen, die dann selber weiter ermitteln will. Deshalb und weil sich Warteschleifen beim Weiterverbinden innerhalb einer Firma fast nicht vermeiden lassen, haben Tausende Firmen umgestellt: Sie lassen spätestens ab morgen die Finger von den 0180er-Sonderrufnummern. Und setzen stattdessen für ihre Hotlines auf die gute alte Festnetznummer mit Ortsvorwahl. Die ist für fast alle Kunden kostengünstig, haben sie doch häufig schon eine Festnetzflatrate.

    "Herzlich Willkommen bei der Volkswagenbank direkt. Unsere Rufnummer hat sich geändert. Bitte wählen Sie künftig 0531 – 212 859500."

    Wenn man dann unter so einer Ortsvorwahl wieder in eine Warteschleife gerät, dann kann man ruhig Blut bewahren: Weil diese Geduldsprobe die meisten Anrufer ab morgen wenigstens nichts mehr kostet – da sie ja über eine Ortsnetzrufnummer zu Ohren kommt. Auch bei Sonderrufnummern mit einem Festpreis pro Anruf sind Warteschleifen weiter erlaubt. Neu ab morgen sind zwei weitere Endziffern, die die Bundesnetzagentur für den Markt bereitgestellt hat. René Henn:

    "Das ist zum einen die 0180 – 6. Dort gilt ein Festpreis sowohl für Anrufe aus dem Mobilfunknetz als auch aus dem Festnetz. Das ist die Besonderheit zu den alten 0180er-Nummern. Und auch die 0180 – 7: Da sind die ersten 30 Sekunden für den Anrufer kostenfrei. Und Warteschleifen dürfen während des gesamten Gesprächs nicht länger als 30 Sekunden sein. Auch dann sind die Voraussetzungen erfüllt."

    Erstmal dürften diese neuen Nummern aber Exoten bleiben. Für sie gab es keine Übergangsphase. Weshalb sich die meisten Firmen für die Ortsnetznummer entschieden haben, um ab morgen ihren Service anzubieten. Aber aufgepasst: Eine Lücke hat auch das neu gefasste Telekommunikationsgesetz: Gewiefte Firmen können auch weiter Kasse machen mit jenen Sonderrufnummern, die sich über Minutengebühren finanzieren. Und zwar dann, wenn sie den Kunden nicht mehr in eine Warteschleife schicken, sondern in einen kostenpflichtigen Vorabdialog verwickeln.

    "Sie haben die Rufnummer für Interessenten gewählt. Bitte drücken Sie jetzt die Taste 0. Falls Sie bereits Abonnent sind, oder kürzlich ein Abonnement abgeschlossen haben, und mit einem Kundenbetreuer sprechen möchten, sagen Sie bitte 1."

    Für 0180er-Nummern mit den Folgeziffern 1, 3, 5 oder 7 gilt: Bei solchen Dialogen mit dem Sprachcomputer können schnell mal zwei Euro zusammenkommen. Daran übt die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn heftige Kritik. Ist aber rechtens, sagt René Henn von der Bundesnetzagentur:

    "Sobald das Anliegen eines Anrufers bearbeitet wird, sei es jetzt durch einen automatisierten Dialog oder tatsächlich durch eine Person, dann liegt eine Warteschleife nicht mehr vor. Also mithin kein Verstoß. Kann was kosten, und kann auch genutzt werden, weil tatsächlich das Anliegen des Anrufers bearbeitet wird. Beispielsweise, um den Anrufer zum zuständigen Mitarbeiter zu lenken."

    Ein Tipp: Wenn schon Dialoge mit Sprachcomputer sein müssen, dann sollten sie bitte wenigstens mit voller Konzentration und klarer Aussprache geführt werden. Um schneller und somit günstiger zum Ziel des Anrufs unter einer 0180er-Nummer zu kommen.