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Sierra Leone
Das Land der hoffnungsvollen Menschen

Sierra Leone in Westafrika hat kein gutes Image: Erst der blutige Diamantenkrieg in den 1990er-Jahren, dann die Ebola-Epidemie. Seit einem Jahr hat das kleine Land die Ebola-Krise überwunden. Es gibt also keinen Grund, weiter einen Bogen um Sierra Leone zu machen, findet unser Autor.

Von Harald Schmidt | 26.03.2017
    Kinder vor einem Krankenhaus in Kenema, Sierra Leone
    Kinder vor einem Krankenhaus in Kenema, Sierra Leone (dpa/picture alliace/ WHO)
    Ankunft in Lalehun. Ein paar Hütten auf einer bewaldeten Anhöhe. 570 Einwohner. Kein Strom. Ein einziger gemeinsamer Dorfbrunnen. Knapp drei Stunden hat die Fahrt aus Kenema gedauert, einer der Provinzhauptstädte in Sierra Leone. Dabei waren es gerade einmal 40 Kilometer auf Straßen, die diese Bezeichnung kaum verdienen. Erdpisten voller schlammgefüllter Schlaglöcher, groß wie Badewannen. Aber die überwältigende Begrüßung in Lalehun entschädigt für alle Strapazen.
    Fast das ganze Dorf ist auf einer kleinen Lichtung zusammengekommen. Zwei Männer haben sich als 'Teufel' verkleidet. Von oben bis unten behängt mit Ästen und Blättern sehen sie eher aus wie wandelnde Bäume. Eine Gruppe tanzender Menschen treibt sie symbolisch aus dem Ort. Andere Dorfbewohner trommeln. Die Frauen singen.
    Godois heißen die beiden Waldmenschen. Das Spiel mit ihnen gehört zur Tradition der Mende. Das ist eine der beiden größten ethnischen Gruppen in Sierra Leone. Die Mende leben vor allem im Südosten des Landes an der Grenze zu Liberia. Dort, wo sich der Gola-Nationalpark erstreckt. Die offizielle Landessprache Englisch ist in den kleinen Orten nicht immer selbstverständlich. Auch der Dorfälteste in Lalehun, Chief Fodey Kuruma, entschuldigt sich, dass er unsere kleine Gruppe nur in der Mende-Sprache begrüßen kann. Aber er tut es in blumigen Worten:
    "Ich bin sehr froh, heute hier in Lalehun Gäste willkommen zu heißen. Ich hoffe, ich sehe Euch noch oft in unserem Ort. Und ich danke der Verwaltung des Nationalparks, dass sie die Straße gebaut hat. Jetzt können auch Besucher zu uns kommen."
    Bedrohter Regenwald
    Um den Gola-Nationalpark kümmert sich eine britische Natur- und Vogelschutzorganisation, die Royal Society for the Protection of Birds. Sie unterhält in mehreren afrikanischen Staaten ähnliche Projekte. Das in Sierra Leone ist aus Sicht ihres technischen Leiters vor Ort, Colin Pringle, aber eines der spannendsten:
    "Das ist der letzte große Teil des Oberen Guinea-Regenwaldes. Fast die gesamte frühere Fläche ist inzwischen zerstört. In Sierra Leone sind 95 Prozent des Regenwaldes verloren. Und die letzten fünf Prozent echter Regenwald mit großer Artenvielfalt liegen im Gola-Nationalpark. Wären wir nicht hier, würde der Regenwald vermutlich innerhalb von vier Jahren komplett verschwinden. Die größte Gefahr ist der Gold- und Diamantenabbau oder das illegale Abholzen und die Jagd. Nur wenn wir ständig am Ball bleiben, verstehen die Menschen, dass sie Vorteile haben wenn der Regenwald erhalten bleibt."
    Etwa 25.000 Menschen verteilt auf mehr als 120 kleine Dörfer gilt es gerade seit dem Ende der Ebola-Krise immer wieder neu zu überzeugen. Unter anderem davon, dass ein behutsamer Tourismus ein wenig Wohlstand bringen könnte. Und dass deshalb nicht die letzten Tierbestände in den Kochtöpfen enden dürfen:
    "Es ist nicht ganz leicht, aber man kann hier schon besondere Tiere sehen, wie zum Beispiel die Zwergflusspferde oder auch Schimpansen. Allerdings ist es eben nicht Ostafrika, wo man einfach auf Safari geht und alles vor sich hat. Wir haben gehofft, dass nach Ebola weniger Tiere als Nahrung gejagt werden. Zunächst hat das auch gut funktioniert. Aber je mehr Zeit vergeht, desto eher fallen die Menschen wieder in alte Gewohnheiten zurück".
    Überall in Sierra Leone stehen an den Straßen und in den Dörfern noch die großen Schilder, die die Regierung zu Ebola-Zeiten aufgestellt hat. Manche sind im feuchtheißen Klima schon halb verrostet: Esst kein selbstgejagtes Fleisch, berührt keine toten Körper und vor allem, stoßt die nicht aus, die Ebola überlebt haben.
    Tourismus nach der Ebola-Krise?
    Momo Conteh hat Glück gehabt und 'nur' seinen Job verloren. Der 46-Jährige hat für ein ungewöhnliches aber hoffnungsvolles Entwicklungsprojekt gearbeitet: "TribeWanted". Auf Deutsch so etwa: Stamm oder einheimisches Volk gesucht. Eine Idee des Briten Ben Keene und des Italieners Filippo Bozotti, gestartet 2006 auf den Fidschi-Inseln. Per Crowdfunding haben sie im Internet Geld eingesammelt und mit den Bewohnern eines Dorfes ein kleines Hotel gebaut – nachhaltig, mit einheimischen Materialien und nach einem Jahr Anschubhilfe vom Dorf selbst geführt.
    Das zweite von inzwischen vier Projekten war das in Sierra Leone. Die Gästehütten in traditioneller Lehmbauweise stehen an einem der schönsten Strände einer Halbinsel nahe der Hauptstadt Freetown. 2010 wurden sie fertig. Momo Conteh hat den Betrieb mit mehr als 20 weiteren Bewohnern von John Obey Village am Laufen gehalten. Offiziell ist er auch heute noch der Manager. Doch es gibt nichts zu tun. Die meiste Zeit verbringt er deshalb am Strand – untätig:
    "Sie sind mit großen Ideen hierhergekommen. Die Menschen sollten richtig ausgebildet werden. Sie wollten Fähigkeiten vermitteln, die auch bleiben. Die letzten sechs Jahre haben wir das Projekt als kleines Hotel betrieben. Aber als Ebola begonnen hat, kamen immer weniger Gäste und jetzt -nach Ebola- haben wir gar keine mehr".
    Die Gäste in den kleinen Häuschen unter Palmen waren Teil der Mission. Nicht nur Urlaub machen, sondern dem Dorf etwas dalassen ist das Motto bei "TribeWanted". Lehrer waren da, Handwerker oder Techniker, die sich um die Solarstromanlage gekümmert haben:
    "Die Feriengäste haben dem Dorf geholfen. Isabel aus den USA zum Beispiel, eine Frau, die wir ‘Big Mama‘ genannt haben. Sie hat sich gleich die Häuser oben im Dorf angeschaut und gesehen, was fehlt. Dann hat sie Plastikplanen für die Dächer gekauft – für alle Häuser. Denn wir standen damals vor der Regenzeit."
    Die fünf kleinen Gästehäuser benötigen inzwischen mehr als nur eine Renovierung der Dächer aus Palmblättern. Fast drei Jahre Leerstand haben sichtbare Spuren hinterlassen. Auch im Team knirscht es. Viele glauben nicht mehr daran, dass sich hier noch einmal etwas bewegt:
    "Zunächst waren wir 26. Jetzt sind nur noch ein paar übriggeblieben. Die ersten vier Jahre haben wir einen Lohn bekommen. Jetzt kämpfen wir nur noch für uns alleine. Als sie das Projekt gestartet haben, haben sie gesagt, sie wollten mit dem Dorf zusammenarbeiten. Und nach Ebola dachten wir, sie würden wiederkommen. Aber es kam keiner. Sie haben einfach alles dem Dorf überlassen."
    'Temporaly closed' - zur Zeit geschlossen", heißt es auf der Internetseite von TribeWanted. Die Mails an Ben Keene, einen der beiden Gründer, mit der Frage, ob und wie es weitergehen soll, bleiben unbeantwortet.
    Hoffnung auf Tiwai
    Ganz anders ist die Stimmung auf Tiwai. Die kleine Insel liegt mitten im Moa. Der Fluss zieht sich träge über mehr als 400 Kilometer von Guinea und Liberia nach Sierra Leone, wo er in den Atlantik mündet. Tiwai ist ein Ort der Hoffnung - mit seiner Tier- und Pflanzenwelt vielleicht sogar eines der Highlights in Sierra Leone. Der Name kommt aus der Mende-Sprache. Tiwai bedeutet einfach nur 'große Insel'. Forscher haben hier mehr als 700 verschiedene Pflanzen und Bäume ausgemacht. Die Insel hat eine der höchsten Primatendichten weltweit. 800 Schmetterlingsarten tummeln sich im Regenwald. Und mit ein bisschen Glück, sieht man frühmorgens eines der seltenen Zwergflusspferde. Die Tiere werden nur etwa einen Meter hoch. Weltweit sind sie nur noch in wenigen Regionen Westafrikas zu finden. Geschätzte 50 bis 100 Exemplare leben auf Tiwai.
    "Es ist nicht leicht, sie zu sehen. Sie sind Nachttiere. Tagsüber stehen sie im Fluss unter Wasser. Nur nachts kommen sie auf die Insel, denn hier wächst eine ganz bestimmte Pflanze, die sie gerne fressen. Wenn Du dann unterwegs bist und Glück hast, dann kannst Du die Zwergflusspferde vielleicht sehen".
    Mohammed Koma ist einer der Wildhüter, die die Environment Foundation of Africa hier beschäftigt, eine der vielen kleinen Hilfsorganisationen, die in Sierra Leone tätig sind. Er hat hier schon den Bürgerkrieg in den 1990er-Jahren miterlebt. Vor allem Guerillakämpfer aus Liberia hatten sich auf der Insel festgesetzt, um den Waffennachschub nach Sierra Leone zu organisieren. Elf Jahre Bürgerkrieg haben dem Tierbestand schwer zugesetzt. Und doch gilt Tiwai immer noch als einer der tierreichsten Orte in Sierra Leone:
    "Wie die Forscher herausgefunden haben, leben sieben Schimpansen-Gruppen auf Tiwai. Zu dieser Jahreszeit findet man sie am ehesten im Süden der Insel. Sie sind scheuer als die anderen Affen - die roten Stummelaffen zum Beispiel. Die siehst Du leichter, obwohl sie immer ganz oben in den Bäumen sind."
    Wirtschaftsfaktor Landwirtschaft
    Die Pfade, die die Wissenschaftler vor Jahren durch den Dschungel geschlagen haben, sind inzwischen teilweise schon wieder zugewachsen. Das kleine Camp mit Platz für etwa 15 Gäste wird von einigen Dorfbewohnern vom anderen Flussufer sauber gehalten. Mit ihren Booten setzen sie auch Besucher über und kochen nach Landessitte: Yamswurzel zum Beispiel mit einer scharfen öligen Soße und ein wenig Trockenfisch oder Reis mit einer Art Spinat aus Cassava-Blättern. Getränke muss man selbst aus der nächsten Stadt mitbringen. In direkter Umgebung der Insel gibt es außer Kolanüssen meist nichts zu kaufen.
    Die koffeinhaltigen Samen der Früchte des Kolabaumes sind eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte in Sierra Leone. Sie haben etwa die Größe einer Walnuss, sind aber flacher. Und wenn man auf der Straße ein Motorrad mit vielen kunstvoll aufgetürmten Säcken sieht, dann versteckt sich darunter meist ein Kola-Bauer auf dem Weg zum Markt:
    "Zuerst teilst du die Nuss in ihre zwei Hälften. Dann wird sie gekaut. Die Flüssigkeit kannst du ausspucken, denn sie schmeckt nicht so gut. Aber sie schafft ein angenehmes Gefühl. Der Palmwein schmeckt besser, wenn man eine Kolanuss dazu kaut. Und beim Arbeiten hast du kein Hungergefühl."
    Dafür sorge das Koffein, erklärt Dominik Mansari. Er ist Gerichtsschreiber in dem kleinen Städtchen Kabala, ganz im Norden des Landes nahe der Grenze zu Guinea. Dominik Mansari gehört auch zum Begrüßungskomitee in Kabala. Er reicht einen Glaskrug mit Wasser herum, in dem Kolanüsse schwimmen:
    "Das ist unser traditionelles Symbol. Wenn ein Fremder von weit her kommt, oder auch nur aus der Hauptstadt Freetown, dann übergeben wir ihm diese Kola-Nüsse als Willkommensgeschenk. Das heißt, er kann sich hier frei bewegen, ohne jede Einschränkung."
    Auch hier läuft die offizielle Begrüßung lautstark ab. Musiker sind da und natürlich viele Zuschauer, wie immer, wenn irgendwo etwas los ist. Ein alter Mann spielt auf einer E-Gitarre. Dicht neben ihm durch ein Kabel verbunden steht sein Enkel. Der Junge trägt eine Autobatterie und einen Lautsprecher auf dem Kopf.
    Beeindruckende Lebensfreude
    Die Lebensfreude in Sierra Leone ist beeindruckend. Trotz teils bitterer Armut sind die Menschen gerade seit Ende der Ebola-Krise überall voller Erwartungen. Jahrelang hat die Welt einen Bogen um das kleine Land gemacht:
    "Wir waren in Panik. Aber Gott hat uns geholfen und wir haben die Regeln befolgt. Es war hart, aber ein bisschen haben wir Ebola schon vergessen. Man sagt uns, wir sollten weiter unsere Hände waschen – auch um die Ausbreitung anderer Krankheiten zu verhindern. In den Köpfen der Menschen hat Ebola hier viel verändert. Vorher haben wir so viele Dinge nicht beachtet."
    Diesen Satz höre ich so oft in Sierra Leone. Und der Versuch, ein Mindestmaß an Hygiene zu vermitteln, gehört weiter zum Standardprogramm der internationalen Hilfsorganisationen. So viele NGOs sind im Land aktiv. Von den großen, der Deutschen Welthungerhilfe oder Oxfam aus Großbritannien, bis hin zu den ganz kleinen Projekten mit einigen wenigen Freiwilligen. Wie dem von Ignazio Poddighe. Der katholische Priester aus Sardinien ist seit mehr als zehn Jahren in Sierra Leone. Er hat ein kleines Krankenhaus und mehrere Dorfschulen aufgebaut. Anfang 2016 kam er nach Banana Island - eine kleine Insel in Sichtweite der Küste. Dort leben etwa 50 Familien, meist als Fischer.
    "Als wir nach Banana Island kamen, hat uns die Dorfgemeinschaft gefragt, ob wir helfen könnten, dieses Guesthouse wieder aufzubauen. Es wurde vor mehr als zehn Jahren eröffnet. Aber schon vor Ebola gab es Probleme und der Betreiber hat aufgehört. Alles war komplett zerstört. Jetzt haben wir es wieder hergerichtet – die Dächer, die Böden und so weiter."
    Mühsamer Wiederaufbau
    Die drei Rundhäuser im afrikanischen Stil machen schon wieder einen gepflegten Eindruck. Sie stehen auf einer Lichtung im Regenwald, die leicht abfällt zu einer kleinen Bucht mit eigenem Strand. Die Kulisse ist unbezahlbar. Von einem alten tiefen Brunnen noch aus der Kolonialzeit hat der vielseitige Priester über mehrere hundert Meter eine Wasserleitung gelegt:
    "Wir sind neu in diesem Job. Und ich weiß noch nicht, ob wir das auch können. Die beiden anderen kleinen Pensionen haben schon manchmal Gäste. Bei uns ist noch nicht alles fertig. Aber wir versuchen, mit freiwilligen Helfern aus Italien zu arbeiten. Von dort haben wir auch viel Material bekommen. Das hält die Kosten niedrig. Es sind keine großen Summen. Ich denke, mit 20 oder 30 Tausend Euro kann man das hier alles wieder sehr schön herrichten."
    Auf Banana Island gibt es keine Autos und Straßen. Nur ein paar kleine Pfade durch den Regenwald, teilweise noch gesäumt von alten schmiedeeisernen Laternenpfosten aus den Jahren, in denen die Portugiesen hier das Sagen hatten. Affen und Krokodile leben auf der Insel. Guaven, Papayas, Orangen oder Star Fruits hängen in den Bäumen. Die ganze Atmosphäre vermittelt sofort das Gefühl eines tropischen Dschungelabenteuers. Es wäre alles so schön, sagt Ignazio Poddighe, der Priester mit Guesthouse. Kämen doch nur wieder ein paar Besucher:
    "Das Problem ist, dass die Flüge aus Europa sehr teuer sind. Das Visum ebenfalls. Es kostet 100 Dollar. Verglichen mit anderen Ländern in der Region wie zum Beispiel Senegal, ist Sierra Leone ein teures Land. Meiner Meinung nach unterstützt die Regierung die touristische Entwicklung hier nicht besonders gut."
    Der sardische Kirchenmann ist sich da einig mit seinem Kollegen, der versucht, eine der beiden anderen Rucksackpensionen für die Dorfgemeinschaft am Leben zu erhalten: Gregorios Delichristos – Grieche, Musikwissenschaftler und damit mindestens so branchenfremd wie der Priester. 2006 blieb er auf einer seiner Afrikareisen hier knapp oberhalb des Äquators hängen.
    "Nicht nur wegen der schönen Natur, sondern vor allem wegen der Menschen hier. Ich war fast überall auf der Welt unterwegs. Die Menschen in Sierra Leone sind etwas ganz besonderes. Diese Art, auf Besucher zuzugehen, findet man kaum irgendwo anders. Und weil es in den letzten 30 Jahren kaum Tourismus gab, herrscht hier für Besucher ein sehr gutes Umfeld. Aber es ist ein Teufelskreis. Weniger Gäste führen zu weniger Infrastruktur, weniger Wettbewerb - eigentlich weniger von allem."
    Spuren des Sklavenhandels
    Der 38 Jahre alte Grieche sieht sich als eine Art privater Entwicklungshelfer aus Überzeugung. Den Afrikafan fasziniert auch die spannende Geschichte der Insel. Vom 16. bis Anfang des 19. Jahrhunderts war Banana Island eines der Zentren des Sklavenhandels in Westafrika. Portugiesen, Spanier, Franzosen, Briten - all die früheren Kolonialmächte schickten ihre Schiffe in die ruhige Bucht an der Ostseite der Insel. Geschützt vor den hohen Atlantikwellen konnten die Beiboote hier ihre menschliche Fracht abholen.
    "Auf Banana Island konnten an einem geschäftigen Tag bis zu 2000 Sklaven umgeladen und nach Amerika abtransportiert werden. Die Insel unterscheidet sich durch ihre isolierte Lage von den anderen Orten, an denen hier Sklaven gesammelt wurden. Selbst heute hätten wohl die meisten Menschen Angst, ohne ein Boot zu fliehen. Die Sklavenhändler der Kolonialmächte haben die einheimischen Führer dafür bezahlt, ihnen Menschen aus dem Landesinneren zu bringen. Teilweise wurden dort Kriege angezettelt, nur um Gefangene zu machen. So wurde der Sklavenhandel zu einem lokalen Geschäft."
    Spuren davon sind bis heute auf Banana Island zu sehen. Reste eines alten Forts, Kanonen, ein Friedhof für Mitglieder der Schiffsbesatzungen, die hier meist am Gelbfieber starben. Alles verschwindet zusehends unter grünem Dickicht. Für Gregorios Delichristos hat gerade das Dahinmodernde seinen besonderen Charme. Banana Island ist zu seiner Heimat geworden, den Menschen im Dorf Perspektiven zu bieten, seine Mission. Er will ihnen zeigen, wie man mit den Schönheiten der verschlafenen Insel vielleicht ein bisschen Geld verdienen kann. Jetzt wieder - ein Jahr nach Ebola:
    "Vielleicht ist das einer der Gründe, dass Sierra Leone mein Land geworden ist. Gerade während Ebola musste ich ja hier sein, um das zusammen mit meinen Leuten durchzustehen. Wie hätte ich da weggehen können ? Wir waren einer der wenigen Betriebe, die damals geöffnet hatten. Und ich bleibe wohl auch für immer hier. Es gibt keinen besseren Ort zum Leben und zum Arbeiten. Was ich hier bei meinem Team bewirken kann, erfüllt mein Leben".