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Sierra Leone
Neue Ebola-Fälle und alte Ängste

In Sierra Leone sind neue Ebola-Fälle aufgetreten. Am vergangenen Sonntag starb eine junge Frau im Nordosten des Landes - der erste Test ergab eine Ebola-Infektion. Jetzt müssen wieder Quarantäne-Maßnahmen ergriffen werden - dabei hatte man sich schon Hoffnungen auf ein Ende der Epidemie gemacht.

Von Jens Borchers | 16.09.2015
    Eine Familie wird von einem Mann in Schutzanzug isoliert
    In Sierra Leone müssen nun wieder 1600 Menschen unter Quarantäne gestellt werden. (AFP / Dominique Faget)
    Ende August hatte Sierra Leones Präsident Koroma vor dem Hospital eine Frau begrüßt, die von Ebola geheilt worden war. "Wir hoffen und beten, dass Sie die letzte Ebola-Patientin in diesem Land sein werden", sagte der Präsident. Die Hoffnung hielt nicht lange. In Sierra Leone gibt es sieben neue Infektions-Fälle, vier Patienten starben an der Krankheit. Zuletzt eine junge Frau nahe der Stadt Makeni, im Landesinneren gelegen. Just dort, wo Präsident Koroma sich Ende August so hoffnungsvoll gezeigt hatte.
    Jetzt geht alles wieder los: Insgesamt mehr als 1600 Menschen sind unter Quarantäne gestellt worden. Mehr als 2000 Kontakte müssen überprüft werden um zu erfahren, welchen Weg die Infektion diesmal genommen hat. In der betroffenen Stadt Makeni sagen Mitarbeiter der lokalen Ebola-Bekämpfungsstation: "Das ist ein Schreckschuss!" Der zeige, dass Ebola immer noch präsent sei in Sierra Leone.
    Das ist richtig.
    Aber: Josep Serra, der für die Welthungerhilfe in Sierra Leone bei der Ebola-Hilfe arbeitet, sagt auch: "Die Infrastruktur zur Ebola-Bekämpfung, die Mobilisierung angesichts dieser neuen Fälle - das funktioniert rasend schnell. Die Kontakt-Überprüfung, zu klären, ob es eine Hochrisiko-Infektion ist – all das passiert sehr rasch." Das ist die gute Nachricht hinter der schlechten Nachricht: Die Einrichtungen, mit denen Ebola in der Region bekämpft werden kann, sind noch da - und sie funktionieren offenbar. Dass neue Infektionsfälle auftreten würden, sagt Josep Serra von der Welthungerhilfe, damit habe man rechnen müssen.
    So etwas wie Normalität
    Dabei hatten sich viele in Sierra Leone gerade auf ein Ende der Epidemie eingestellt. Die Schulen öffneten wieder. Kinder, die wegen der Ebola-Gefahr teilweise monatelang zu Hause bleiben mussten, freuten sich: "Wir haben die Schule, die Mitschüler und die Lehrer vermisst", sagt diese Schülerin in der Hauptstadt Freetown. „Wir haben doch nichts gelernt. Jetzt können wir wieder lernen und sind glücklich."
    Die Schüler hoffen inständig, dass das so bleibt. Und die Lehrer versuchen weiterhin, die Vorsichtsmaßnahmen in den Köpfen der Kinder wach zu halten. "Vermeidet Körper-Kontakt" - das ist immer noch die wichtigste Botschaft.
    In weiten Teilen von Sierra Leone ist wieder so etwas wie Normalität eingekehrt - wenn es so etwas überhaupt gibt angesichts der katastrophalen Folgen der Ebola-Epidemie. Die hatte außer Sierra Leone auch die Nachbarländer Guinéa und Liberia überrollt. Mittlerweile hat sich die Situation in Guinea deutlich entspannt. Und für Liberia hat die Weltgesundheitsorganisation seit mehr als 42 Tagen keine Neu-Infektion mehr festgestellt. Das ist keine Garantie für ein wirkliches Ende der Epidemie, aber es macht Mut.