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Silber als Lichtschlucker

Technik. - Wegen ihrer lausigen Energieeffizienz hat die EU-Kommission die Glühbirne zum Auslaufmodell deklariert, wegen ihren angenehmen Lichts werden die Restbestände seither von zahlreichen Liebhabern gehamstert. Eine neue Beschichtung aus US-Labors könnte das Auslaufmodell wieder konkurrenzfähig machen. In "Nature" stellen Forscher ein Verfahren vor, mit dem sich Licht gezielter als bislang absorbieren lässt.

Von Frank Grotelüschen | 06.12.2012
    Schön eckig und aus reinem Silber – so sehen die Würfel aus, mit denen David Smith experimentiert. Wertvoll allerdings sind sie nicht. Dazu nämlich sind sie schlicht zu klein.

    "75 nanometers or so."

    75 Nanometer, 100.000 Mal kleiner als ein Zuckerwürfel. Zu erkennen sind die Winzlinge nur durchs Spezialmikroskop: Auf dem Bild liegen Hunderte von Nanowürfeln wie zufällig hingeworfen herum, alle etwa mit dem gleichen Abstand. Dieses Nano-Kunstwerk hat Smith, Chemiker an der Duke-Universität in den USA, mit seinem neuen Verfahren geschaffen: Zunächst kreierte er eine hauchdünne Goldschicht, die er dann mit einem feinen Kunststoff-Film überzogen hat, dieser fungiert als Trennschicht. Auf diese Trennschicht dampfte der Forscher dann die Silberwürfel auf. Das Resultat ist spektakulär, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

    "Eigentlich streuen die Würfel das Licht sehr stark. Sie sollten dadurch gut sichtbar sein. Auch die Goldschicht unter den Würfeln reflektiert das Licht sehr gut. Wir aber haben es geschafft, dass sich das reflektierte Licht von den Würfeln und das der Goldschicht exakt auslöscht. Das Ergebnis: die perfekte Lichtabsorption."

    Wichtig dafür ist der Abstand zwischen Würfelchen und Goldschicht. Nur wenn er einen bestimmten Wert besitzt, löschen sich die Lichtwellen von Würfelchen und Goldschicht gegenseitig aus. Diesen optimalen Abstand aber können die Forscher präzise einstellen, indem sie die Dicke der Trennschicht variieren. Ein Trick, der allerdings nur für einzelne Farben klappt, nicht aber für weißes Licht, also das gesamte Lichtspektrum. Immerhin: Die Farbe, die verschluckt werden soll, kann David Smith frei wählen:
    "Ja, das ist möglich. Sie können die Farbe, die absorbiert wird, entweder einstellen, indem wir die Größe der Silberwürfel verändern. Gleichzeitig verändern wir ihren Abstand zur Goldschicht, in dem wir die Trennschicht dünner oder dicker machen. Damit können wir Lichtschlucker herstellen, die jede gewünschte Farbe aus den sichtbaren Spektrum absorbieren, oder auch aus dem Infrarot-Bereich."

    Lichtabsorber mit vergleichbaren Fähigkeiten müssen derzeit mit lithographischen Techniken hergestellt werden, ähnlich wie Computerchips. Diese Verfahren aber sind aufwändig und teuer. Die Nanowürfel von David Smith sollten da, so die Hoffnung, deutlich günstiger sein. Denn Grundlage sind chemische Verfahren, wie man sie heute schon in der Massenfertigung einsetzt. Und welche Anwendungen verspricht die Methode? Nun, sagt Smith, sie könnte der guten alten Glühlampe zu einem Come-back zu verhelfen.

    "Man könnte den Glühfaden, der bislang außer Licht ja vor allem Wärme, also Infrarotstrahlung, abgibt, mit Silberwürfeln beschichten. Diese Würfel würden den Faden buchstäblich dazu zwingen, mehr sichtbares Licht abzugeben und kaum noch Wärme."

    Heute liegt der Wirkungsgrad einer Glühbirne bei gerade mal fünf Prozent. Sie wandelt nur ein Zwanzigstel des Stroms in Licht um, der Rest verpufft als Wärme. Würde es gelingen, den Wirkungsgrad mit Hilfe der Silberwürfel deutlich zu steigern, könnte die Glühbirne wieder hoffähig werden. Denkbar wären aber auch effiziente Thermoelemente, die Wärme direkt in Strom verwandeln können: Mit den Nanowürfeln könnten sie sich auf eine ganz bestimmte Temperatur abstimmen lassen, etwa um die Abwärme eines Motors gezielt zu nutzen. Bis dahin allerdings, sagt David Smith, gibt es noch einige Arbeit im Labor.

    "Bei der Chemie gibt es noch Probleme, etwa bei der Herstellung der Silberwürfel. Und zwar würden wir die Würfel gern so herstellen können, dass alle dieselbe Größe besitzen, z.B. alle genau 75 Nanometer groß sind. Bislang schwankt die Größe noch zu stark – noch sind zu viele 80-Nanometer-Würfel dabei."