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Silvios Kronprinz

Formal ist Silvio Berlusconi noch Präsident seiner Partei PdL, die Geschäfte hatte allerdings schon lange vor seinem Rücktritt Angelino Alfano übernommen. Der 41-Jährige hat die undankbare Aufgabe, aus dem Chaos, das Berlusconi hinterlassen hat, eine richtige Partei zu machen.

Von Tilmann Kleinjung | 27.03.2012
    Angelino heißt Engelchen und das Babyface des Angelino Alfano passt zum niedlichen Namen. Ansonsten tut man dem Mann unrecht, wenn man ihn auf derartige Äußerlichkeiten reduziert. Er ist gerade dabei, sich vom Übervater Silvio Berlusconi zu emanzipieren. Gleichzeitig versucht er der Regierung Monti ihre Grenzen aufzuzeigen. Neulich hat er einen Gipfel mit dem Ministerpräsidenten platzen lassen, weil da die falschen Themen diskutiert werden sollten: eine Reform der Justiz und des Staatssenders RAI.

    "Es gibt eine Regierung, die vom Parlament gewählt wurde, damit sie sich um die wahre nationale Frage kümmert: die Wirtschaft. Und worüber will die Linke sprechen? Über die Rechtsreform und über die RAI."

    "Bis hier hin und nicht weiter", das ist die Botschaft an Mario Monti, die in diesen Sätzen steckt. Der Professor aus Mailand ist abhängig vom Wohlwollen Alfanos, der als eine Art Generalsekretär die Berlusconi Partei PdL leitet. Berlusconi selbst ist zwar nominell immer noch Präsident, doch die Geschäfte hat schon lange vor seinem Rücktritt als Ministerpräsident der 41-jährige Angelino Alfano übernommen. Eine Bilderbuchkarriere von Berlusconis Gnaden!

    "Keiner hat je erklären können, warum Berlusconi bis zu seinem 58. Lebensjahr, ein normaler Junge, ein Student und dann ein erfolgreicher Geschäftsmann war. Von seinem 58. Lebensjahr an, also seit er in die Politik gegangen ist und dann Regierungschef wurde, aber hat er all diese Dinge angerichtet. Das ist das Problem, das die Historiker einmal erklären müssen. Unserer Meinung nach ist er einer Verfolgung durch die Richter ausgesetzt."

    Mit 37 Jahren wird Angelino Alfano der bis dahin jüngste Justizminister der Republik Italien. Und er macht sich sogleich daran, Berlusconi mit Gesetzen vor der Justiz zu schützen. Der Versuch einer 100 Prozent Immunität für Berlusconi trägt sogar seinen Namen: Lodo Alfano. Das Alfano Gesetz sollte den höchsten Ämtern des italienischen Staates für die Dauer ihrer Amtszeit generellen Schutz vor Strafverfolgung bieten. Doch das Verfassungsgericht kippte die Regelung.

    "Die drei Jahre als Justizminister waren Jahre des Erfolgs", sagt Alfano trotzig, der nicht möchte, dass seine Amtszeit nur auf Berlusconi Gesetze reduziert wird. Wichtig war und ist dem gebürtigen Sizilianer der Kampf gegen die Mafia. Darüber hat er sogar ein Buch geschrieben.

    "Ich erzähle in dem Buch, wie meine Jugend vom Kampf gegen die Mafia gezeichnet war. Das Leben hat mir die Befriedigung geschenkt, gegen die Mafia die härtesten und von den Mafiosi gefürchtetsten Gesetze zu verabschieden."

    Weiß Gott, diesem Mann mangelt es nicht an Selbstbewusstsein. Nur bei einer Frage wird er demütig. Wenn es um das Scheitern Berlusconis und dessen Regierung geht.

    "Wir haben - das erkenne ich an - einen Tiefschlag erlitten. Die Regierung, die die Italiener 2008 gewählt haben und von der wir geglaubt haben, dass sie bis 2013 durchhält, ist gestürzt."

    Nun hat Alfano die undankbare Aufgabe, aus dem Trümmerhaufen, den Berlusconi ihm hinterlassen hat, eine richtige Partei zu machen. 2013 sind Wahlen, dann könnte der Spitzenkandidat der PdL Angelino Alfano heißen.

    "Ich bin ziemlich streng erzogen worden. Man hat mir beigebracht, dass ich erst einmal eine Aufgabe bewältigen muss, bevor ich an die Zukunft denke. Heute bin ich der Parteivorsitzende des "Volkes der Freiheit". Ich werde beweisen müssen, dass ich diese Aufgabe gut mache, und dann wird man weitersehen."

    Bescheidenheit gepaart mit Unsicherheit. Denn Alfano wäre in jedem Fall auch ein Spitzenkandidat von Berlusconis Gnaden. Und noch ist überhaupt nicht sicher, ob der (trotz gegenteiliger Beteuerungen) nicht doch noch einmal antritt.