Dienstag, 19. März 2024

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Simbabwe nach dem Putsch
"Die Situation ist sehr verworren"

Militärdiktatur oder demokratische Wende - welche Perspektiven hat Simbabwe nach dem Putsch? Das Land sei wirtschaftlich "in einem absolut katastrophalen Zustand", sagte der Afrika-Kenner Bartholomäus Grill im Dlf. Und der neue starke Mann, Emmerson Mnangagwa, gelte als noch brutaler als der abgesetzte Robert Mugabe.

Bartholomäus Grill im Gespräch mit Petra Ensminger | 19.11.2017
    Demonstranten in Simbabwes Hauptstadt Harare fordern am 18. November 2017 die Absetzung des 93-jährigen Langzeitherrschers Robert Mugabe.
    Demonstranten in Simbabwes Hauptstadt Harare fordern am 18. November 2017 die Absetzung des 93-jährigen Langzeitherrschers Robert Mugabe. (imago/ZUMA Press)
    Wie geht es weiter in Simbabwe? Vor wenigen Tagen hat in Simbabwe das Militär die Macht übernommen, der 93-jährige Langzeitherrscher Robert Mugabe wurde unter Hausarrest gestellt. Gestern gab es eine Großdemonstration. Die Menschen forderten zu Tausenden den Rücktritt Mugabes. Das Militär schritt ein, als die Demonstranten versuchten zu Mugabes Residenz vorzudringen. Heute wird die Regierungspartei über die Absetzung Mugabes beraten.
    Simbabwe sei derzeit "in ziemlich unsicheren Zeiten", sagte der Spiegel-Redakteur und Afrika-Kenner, Bartholomäus Grill im Deutschlandfunk. Denn der potenzielle Nachfolger Emmerson Mnangagwa gelte als "noch brutaler und rücksichtsloser" als der kaltgestellte Mugabe.
    Zugleich sei der Zorn im Volk "über das, was Mugabe in den letzten 37 Jahren in diesem schönen Land angerichtet hat", sehr groß. Wenn die Menschen Zugang zum Ehepaar Mugabe hätten, dann würden sie die beiden "vermutlich in der Luft zerfetzen", sagte Grill. Die Lage sei sehr verworren. Unklar sei etwa auch, wie sich die Leibwache Mugabes, die Präsidentengarde, verhalten werde:
    "Sie ist einerseits Teil des Militärs, aber andererseits auch die Privattruppe des Präsidenten. Wird die sich wehren? Wird es doch noch ein blutiger Umsturz? Das kann man alles nicht sagen."
    Simbabwe war einmal der "Brotkorb Afrikas"
    Simbabwe sei einmal der "Brotkorb Afrikas" gewesen. Aber dann habe Mugabe begonnen, es mit seiner Partei "auszuplündern", und als nichts mehr zu holen war, habe er die Kriegsveteranen aus der Zeit des Befreiungskampfes auf die weißen Farmer gehetzt: "4000 weiße Farmer wurden vertrieben, und es brach in Simbabwe die schwerste Zeit an."
    Simbabwe sei "in einem absolut katastrophalen Zustand"; so Grill:
    "Man nennt das eigentlich einen 'failed state', einen gescheiterten Staat. 90 Prozent der Bevölkerung haben keine Arbeit mehr, es gibt keine eigene Währung mehr, das Land ist vollkommen abgekoppelt von den internationalen Handelsströmen, von den Finanzströmen. Es ist isoliert. Die Menschen sind verzweifelt, die kämpfen ums Überleben. (…) Wenn man dieses Land vor 30 Jahren gesehen hat, ist es eine große Tragödie, dass es so heruntergewirtschaft wurde."
    Robert Mugabe und Emmerson Mnangagwa im Dezember 2016 im Parlament in Harare
    Robert Mugabe und Emmerson Mnangagwa im Dezember 2016 im Parlament in Harare (picture alliance / dpa)
    "Mnangagwa ist ein ein kalter, berechnender, hochintelligenter Mann"
    Hoffnung bestehe allein deshalb, weil Simbabwe ein gutes Bildungssystemm habe:
    "Die Simbabwer sind in der Regel besser ausgebildet als viele andere Afrikaner. (...) Das sind gut ausgebildete Leute, die auch so ein Land neu aufbauen können, wenn man sie nur lässt."
    Allerdings habe der neue starke Mann, der 75-jährige Emmerson Mnangagwa, der wohl den Putsch koordiniert hat, das Militär hinter sich. Mnangagwa war Sicherheitschef von Mugabe und habe in den 1980er Jahren die Massaker in Matabeleland, denen Tausende Menschen zum Opfer fielen, koordiniert.
    "Also da ist nicht viel Gutes zu erwarten", sagte Grill. Er beschrieb Mnangagwa als kalten, berechnenden, hochintelligenten Mann, der fließend Englisch spreche, "der aber von Anfang an – und das sagen jetzt viele seiner Weggefährten – (…) diktatorische Züge hatte".