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Sind die Buddhas noch zu retten?

Archäologie. - Am 12. März 2001 sprengten Taliban-Milizen die beiden fast 1500 Jahre alten Buddha-Statuen im afghanischen Bamiyan. Die zum Weltkulturerbe zählenden Statuen könnten jedoch ihrer Wiederauferstehung entgegen sehen, denn Aachener Architekten setzen ihre Trümmer wieder zusammen - am PC.

Von Michael Stang | 29.01.2007
    Nach dem Krieg in Afghanistan und der Sprengung der Buddhastatuen wollte die Unesco zusammen mit dem Internationalen Rat für Denkmalpflege das Bamiyantal als Kulturgut schützen. Zu den Auflagen als Weltkulturerbe gehört auch die Sicherung des Kliffs, in dem die beiden zerstörten Buddhafiguren standen. Das deutsche Auswärtige Amt übernahm die Finanzierung des Projekts und entsandte 2003 dazu Architekten der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule Aachen nach Afghanistan, um die Lage zu sichten. Der erste Anblick war überwältigend, sagt der Architekt Georgios Toubekis:

    "Sie müssen sich das vorstellen, dass nach der Zerstörung der Figuren ein gigantischer Trümmerberg in diesen Nischen liegt, teilweise bis zu sechs Meter hoch. "

    Rund 130 Kubikmeter Sand, Putz und Gestein mussten die Architekten der Stadtbaugeschichte dokumentieren, um abschätzen zu können, ob die Trümmer überhaupt noch vollständig waren. Es gab Gerüchte, dass bereits Fragmente illegal verkauft wurden, doch diese Bedenken konnten sie schnell ausräumen. Anschließend begannen sie damit, in den folgenden Jahren in mühevoller Kleinarbeit Stück für Stück des Schutthaufens abzutragen und jeden einzelnen Stein zu dokumentieren.

    "Die Lage sieht im Augenblick so aus, dass an dem so genannten kleinen Buddha in der 38 Meter hohen Nische die Ausräumarbeiten beendet worden sind. Es sind etwa 300 eindeutig identifizierbare Fragmente gesichert worden, die sichtbare Oberflächenfragmente zeigen. "

    Diese Stücke lagerten Georgios Toubekis und seine Kollegen unter einem speziell dafür angefertigten Dach, das eine weitere Zerstörung und Verwitterung der Trümmer verhindern soll. Die Ausräumung der großen Buddhanische ist erst zu zwei Dritteln geschafft. In der Nische der kleinen Buddhafigur begannen die Forscher anschließend, die Rückwand zu sichern, da sich dort der Schlüssel für eine mögliche Rekonstruktion der Statuen befindet.

    "An einigen Stellen der Rückwand sind tatsächlich noch Fragmente dieses Putzes an der Wand erhalten. Diesen Stellen gilt die absolute Priorität in jeder Form von weiteren Sicherungen, das bedeutet mit Hilfe eines Gerüstes dort heranzukommen und diese an Ort und Stelle zu fixieren. "

    Bei der Herstellung der Figuren um 550 nach Christus verputzen die buddhistischen Mönche die Oberflächen und malten sie an. Dieser Putz und die Farbpigmente sind ein Hinweis darauf, aus welchem Bereich ein Felsblock stammen könnte. Geologen untersuchten anschließend die Wand nach ihrer mineralischen Zusammensetzung, um sie exakt zu kartieren.

    "Auf diese Art und Weise ist zumindest eine Zuordnung in der Höhe möglich und mittels der speziellen Messmethoden der Geologen ist es möglich, an der Rückwand eine Art Matrix an magnetischen Informationen zu erstellen des Gesteins selber, die doch recht stark variieren über die Höhe und über die Breite der Wand."

    Als nächstes mussten sie die einzelnen Felsbrocken so exakt wie möglich dokumentieren, um ihren Platz in einer möglichen Rekonstruktion sicher belegen zu können. Bislang konnten Georgios Toubekis und seine Kollegen dies aber nur mit der reinen Beschreibung vornehmen, das heißt, die Trümmer in ihrer mineralogischen Beschaffenheit erfassen, sowie ihre Form, Farbe und Größe beschreiben. In diesem Jahr wollen sie jedoch einen Schritt weiter gehen und jedes einzelne Fragment mit einem Laserscanner digital erfassen.

    "Die Möglichkeiten eines digitalen Modells erlauben es nun, diese Einzelinformationen zusammenzufügen, so dass man dann sagen kann: 'Ich habe ein Objekt X mit einer bestimmten Oberflächenstruktur, vielleicht sogar noch mit ein paar Informationen von Original-Putzresten. Ich kann diesem Block die geologischen Informationen hinzufügen und dann vergleichen an der Rückwand: Wo finde ich ähnliche geologische Strukturen?' Und je größer natürlich das Fragment ist, desto einfacher ist dann auch eine Zuordnung an der Rückwand. "

    Bis es soweit ist, dass die Forscher eine oder beide Buddha-Statuen vollständig am Bildschirm rekonstruieren können, wird es allerdings noch eine Weile dauern. Zudem steht noch nicht fest, was mit den Trümmern überhaupt passiert, sagt Michael Jansen, Professor für Stadtbaugeschichte der RWTH Aachen:

    "Es gibt eine sehr, sehr interessante Diskussion über das Thema Anastylose, das heißt, also Zusammensetzung aus originalen Teilen - Rekonstruktion. In unserem Fall ist das etwas anders gelagert, da wir durch die 3D-Simulationen die Figuren an sich wiederherstellen können. Wir sind allerdings der Meinung, dass es nicht unbedingt vertretbar ist, die Figuren in ihrer Gänze wiederherzustellen. Es wird wahrscheinlich zu einer Zwischenlösung kommen, wo man etwa die Silouetten der Figuren weiter anarbeitet und diese Diskussion werden wir dann konkret in diesem Jahr zu führen haben. "

    Falls die zerstörten Buddhastatuen wieder aufgebaut werden sollen, stellt sich immer noch die Frage, in welchen Zustand dies geschehen soll. Die Figuren waren bereits stark verwittert und schon vor der endgültigen Sprengung Ziel von Zerstörungen. Die Architekten wollen deshalb im Sinne des Denkmalschutzes nicht nur an die Statuen erinnern, sondern auch an ihre Zerstörung.