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Sinkane
Eklektizismus ist Gesetz

Sinkane heißt ein US-amerikanischer Musiker sudanesischer Abstammung, der zunächst als Schlagzeuger von Bands wie Caribou, Yeasayer und Of Montreal auf sich aufmerksam machte. Nebenbei feilte der Multiinstrumentalist kontinuierlich an seiner Solokarriere. Sein zweites Album "Mars" von 2012 wurde von der deutschen Musikpresse hoch gelobt. Sinkane erwies sich als eklektischer Künstler, der afrikanische Rhythmen mit 70er Funk und modernen, universellen Autoren-Pop mischte. Nun erscheint seine dritte LP "Mean Love" auf City Slang, mit der sich Sinkane endgültig als Solo-Musiker einen Namen machen will.

Von Florian Fricke | 30.08.2014
    "Im Radio höre ich einfach keine Musik, die mir gefällt. Ich würde mich so gerne von neuer Musik inspirieren lassen, aber keine Chance. Darum hatte ich die Idee einfach selber die Musik zu produzieren, die mir gefällt. Und ich glaube, dass viele Musiker ähnlich ticken. Sie sind ihr eigener größter Fan."
    Ahmed Gallab alias Sinkane ist ein bemerkenswerter Künstler: geboren im Sudan kam er mit seinen Eltern mit fünf Jahren nach Boston. Über die Zwischenstation Utah zogen sie nach Ohio, da war er 13. Erst an der dortigen Highschool wurde er gewahr, dass es noch andere Kinder mit schwarzer Hautfarbe gab. Aber gerade unter ihnen fühlte er sich als Fremder, er, der Skateboard fuhr und Punkrock hörte.
    "Ein 13-Jähriger, der arabisch und englisch spricht - woher kommst du denn? Du bist doch ein Alien. Ich sprach einen anderen Akzent als sie - aber das zieht sich durch viele Generationen, viele schwarze Kids hatten solche Probleme. Und gerade Leute aus der Musikindustrie wie Tyler the Creator oder Pharrell waren in einer ähnlich misslichen Lage."
    Die weißen Kids konnten nicht mit dem schwarzen Skatepunker, und die schwarzen genauso wenig. Schon als Teenager hat Ahmed Gallab alias Sinkane so seine Lektionen gelernt, die ihm zu den Künstler werden ließen, der er heute ist.
    "Die haben sich selbst einfach keine Gelegenheit gegeben, sich mit etwas Anderem, Fremden auseinanderzusetzen und zu verstehen. Nur dann lernst du was über dich. Es war eine harte Schule, aber so habe ich sehr früh verstanden, vor allem mir selbst treu zu bleiben und die Dinge zu suchen und zu finden, die wichtig für meine Entwicklung waren."
    Hat man seine Biografie verstanden, hat man auch den Schlüssel zur Musik von Sinkane. Auch auf "Mean Love", seinem neuen, dritten Album, ist Eklektizismus Gesetz. Alles kann passieren: synkopierte ostafrikanische Rhythmen, Reggae, Soul und Funk, und sogar Country. Sinkane hat diese Stile nicht zufällig ausgewählt.
    "Die Musiker, die diese Stile entwickelt haben, wurden in der Regel unterdrückt und lebten im Elend, ob in Afrika, Jamaika oder Amerika, egal ob weiße oder schwarze Amerikaner. Sie alle kämpften um ihre nackte Existenz, und dieser Existenzkampf ließ sie ehrliche Musik machen. Wenn man diese Stile musikhistorisch betrachtet, stellt man fest: sie haben sich alle gegenseitig beeinflusst, und sie sind alle sehr unmittelbar. Hör dir klassischen Country und Western an oder Soul: die Musik kommt schnell zur Sache, die Botschaft ist sehr wichtig, alles ist sehr klar und prägnant."
    "Mean Love" ist eins dieser besonderen Alben geworden, das Spaß, Anspruch und Könnerschaft vereint. Ob man zum 50er Jahre Doo Wop des Titelstücks seine Angebetete über die Tanzfläche schieben oder zu Latin Rhythmen die Hüfte kreisen will - alles ist erlaubt. Sinkane verweigert sich konsequent den üblichen Marktgesetzen und zieht mit viel Herzblut sein Ding durch. Chapeau.