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Sinnbild der Emanzipation

Emma Kodály ist – gleich Alma Mahler - ein Sinnbild der Emanzipation und eine moderne Frau mit kultureller Vision. Ihre Lieder sind jedoch bis heute gänzlich unbekannt geblieben, da sie nach 1900 deutsche Texte vertonte, als die Zeit der deutschen romantischen Liedkultur bereits abgelaufen war. Neben Klavier-Variationen und Wiener Walzern findet sich auf der vorliegenden CD eine Auswahl von Duetten und Liedern zu Texten von Heine, Schaffy, Ritter und Heise.

Von Frank Kämpfer | 10.04.2005
    • Musikbeispiel: Emma Kodály – "All meine Herzgedanken"

    "All meine Herzgedanken" … auch die erste erhaltene Lied-Komposition Emma Kodály’s ist auf 1891 datiert. Die Tochter eines jüdischen Kaufmanns kam 1863 in Südungarn zur Welt – ihr Name verbindet sich mit jenem berühmten Künstler-Salon im Herzen Budapests, in dem die Musik-Elite der Jahrhundertwende verkehrte. Hier traf die Bürgersfrau ihre wichtigsten Lehrer: Ernö Dohnany, Béla Bartók und 1905 den fast 20 Jahre jüngeren Zoltán Kodály, an dessen Seite sie ein halbes Jahrhundert verbrachte.

    In ihrer Wirkung auf die künstlerische Szene wird Emma Kodály gern mit Alma Mahler verglichen – zwar fehlen bei ihr die erotischen Eskapaden, doch war auch Emma ein Sinnbild der Emanzipation und eine moderne Frau mit kultureller Vision.

    Ihr Komponieren gruppiert sich um zwei Gattungen: um die Genrekomposition für das Klavier und das klavierbegleitete Lied. Letzteres ist von Vorbildern der Romantik, gar von Wagner inspiriert. Ein melancholischer Ton durchzieht die Miniaturen, ohne dass Tragik aufkommt; zuweilen scheinen Tänze zugrunde zu liegen. Dass Emma Kodály’s Lieder bis heute ganz unbekannt sind, liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Musikerin deutsche Texte vertonte, die Zeit der deutschen romantischen Liedkultur um 1900 jedoch bereits abgelaufen war.

    Vorliegende CD gibt Einblick sowohl ins Lied- als auch ins Instrumentalwerk. Neben Klavier-Variationen und den von Emma geliebten Wiener Walzern findet sich eine Auswahl von Duetten und Liedern zu Texten von Heine, Schaffy, Ritter und Heise. Pianistin Ilona Prunyi, Absolventin der Franz-Liszt-Musikakademie und spezialisiert auf Wiener Klassik und Budapester Moderne, präsentiert die Salon-Literatur angemessen und stimmungsvoll.

    Sopranistin Ildikó Cserna, eine Verdi- und Mozart-Spezialistin, nähert sich dem Liedrepertoire mit dem Gestus der Oper – vielleicht gerät dies eine Spur zu emphatisch. Die Duette, in denen auch Mezzosopranistin Erika Gál mitwirkt, erhalten so einen bemerkenswerten Schub Energie.

    • Musikbeispiel: Emma Kodály – "Ohne Liebe"



    Titel: "Emma Kodály – Songs & Piano Pieces"
    Solisten: Ildikó Cserna, Sopran
    Erika Gál, Mezzosopran
    Ilona Prunyi, Klavier
    Label: HUNGAROTON
    Labelcode: LC 01181
    Bestellnr.: HCD 32289