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Sir John und die Biologie

John B. Gurdon ist einer der beiden Wissenschaftler, die für die Entdeckung der Umprogrammierbarkeit reifer Zellen den Medizin-Nobelpreis bekommen. Die naturwissenschaftliche Karriere des 79-Jährigen war allerdings keinesfalls vorgezeichnet. Ein Tutor bescheinigte ihm einst sogar, er sei der schlechteste Student, den er jemals unterrichtet habe.

Von Volker Mrasek | 08.10.2012
    Der Erfolg, den er heute im Alter von 79 feiert, wurde dem Briten John Gurdon wahrlich nicht in die Wiege gelegt, wie man es so oft von anderen Forschern hört. In der Schule, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, standen Naturwissenschaften gar nicht auf dem Lehrplan. Und Gurdons Vater hatte zunächst ganz andere Pläne mit seinem heranwachsenden Sohn.

    Der frisch gekürte Nobelpreisträger erzählte das einmal bei einem Besuch an der Universität von Kalifornien in Berkeley:

    "Als die Zeit für die Berufswahl reif war, dachte sich mein Vater, das Beste für mich sei vielleicht eine Karriere in der Armee. Doch ich fiel bei der Musterung durch. Zwar war ich ein ziemlich guter Squash-Spieler und echt fit! Aber unser Hausarzt machte damals aus meiner leichten Erkältung eine Bronchitis. Und so wurde ich von der Armee abgelehnt, dem Himmel sei Dank!"

    Auch aus der zweiten anvisierten Karriere wurde nichts! Gurdon sagt, er habe sich schon als Kind leidenschaftlich für Insekten interessiert. Und sich gut vorstellen können, Entomologe zu werden, also Insektenkundler. Der nächste Fehlschlag!
    "Schon in der Schulzeit habe ich tausende Schmetterlingsraupen gezüchtet. Mit 15 begann ich dann, Biologie zu studieren. Ein Tutor bescheinigte mir damals, ich sei der schlechteste Student, den er jemals unterrichtet habe."
    Wie der frustrierte Teenager dann doch zum Naturwissenschaftler wurde, ist noch einmal eine Geschichte für sich. Inzwischen hatte Gurdon sich nämlich entschlossen, Latein und Griechisch zu studieren. So wie vorher in der Schule Er bewarb sich am Christ Church College in Oxford. Und bekam eine unglaubliche Antwort:
    "In jenen Tagen fehlte es Oxford an Studenten, und ich bekam diesen seltsamen Brief. In ihm stand, sie würden mich nur unter zwei Bedingungen aufnehmen. Erstens: Ich müsse innerhalb einer Woche kommen. Und zweitens: Ich würde Naturwissenschaften studieren und nicht das, worin ich in der Schule meinen Abschluss gemacht hatte."

    So wurde John Gurdon nur auf Umwegen zum Entwicklungsbiologen. Längst ist der englische Wissenschaftler berühmt für seine Pionierarbeiten. Das Institut, dem er noch heute vorsteht, trägt seinen Namen. Und geadelt wurde Gurdon auch schon. Offiziell heißt er Sir John ...

    Mehr zum Thema auf dradio.de:

    Gespräch mit Wissenschaftsjournalist Michael Lange im Deutschlandradio Kultur (MP3-Audio)

    "Japanischer Zellzauber" (Beitrag über Shinya Yamanaka vom 2. Oktober 2009)

    Interview Shinya Yamanaka in "Forschung aktuell" (vom 26.11.2007)

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