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Skripal-Affäre
Viele Vorwürfe, wenige Antworten

Russische Delegierte haben bei einer Sondersitzung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen die Ermittlungspraktiken im Fall Skripal kritisiert und eine Untersuchung mit russischer Beteiligung gefordert. Britische Vertreter kommentierten den Vorschlag als "Ablenkungsmanöver".

Von Ludger Kazmierczak | 05.04.2018
    Ein Mann in weißer Schutzkleidung und Atemmaske greift einen Mülleimer in einer Grünanlage.
    Ermittler untersuchen den Ort im englischen Salisbury, wo der mit einem Nervengas vergiftete Ex-Spion Skripal und seine Tochter gefunden wurden. (AFP/Ben STANSALL)
    Alexander Shulgin war böse nach der fast neunstündigen Sitzung des Exekutivrates. Russlands ständiger Vertreter bei der Organisation für das Verbot chemischer Waffen sieht sein Land zu Unrecht an den Pranger gestellt. Er wies den britischen Vorwurf, dass Moskau für den Giftanschlag von Salisbury verantwortlich sei, vehement zurück und kritisierte die Ermittlungspraktiken der Internationalen Gemeinschaft.
    "Der Zusammenarbeit zwischen der OPCW und Großbritannien fehlt jede Transparenz. Russland bekommt überhaupt keinen Zugang zu den technischen Ermittlungsergebnissen."
    Die russische Delegation forderte daher eine neue unabhängige Untersuchung mit russischer Beteiligung. Moskau und London sollten sich gemeinsam um die Aufklärung des Falls Skripal bemühen, so Shulgin.
    Vorwürfe von beiden Seiten
    Über Twitter kommentierten die britischen Delegierten diesen Vorschlag als "pervers" und als "Ablenkungsmanöver", um unbequemen Fragen auszuweichen. Letztlich wurde der Antrag Russlands auch mit klarer Mehrheit abgelehnt. Beide Seiten gingen nicht zimperlich miteinander um. Doch für den zuweilen ruppigen Ton machte Shulgin die Briten verantwortlich.
    "Unseren konstruktiven Vorschlag zur Zusammenarbeit haben wir ganz ruhig und ohne Emotionen vorgebracht, aber er hat einen schmutzigen Strom an Lügen ausgelöst."
    Britische Forscher sind sich sicher, dass bei dem Anschlag auf den Ex-Spion Skripal und dessen Tochter vor einem Monat das Nervengift Nowitschok verwendet wurde. Woher das Gift stammt, konnten die Wissenschaftler allerdings nicht sagen. Doch laut britischer Regierung gibt es offenbar Geheimdienstinformationen, die auf eine russische Herkunft des Materials hinweisen.
    Streit wird in New York fortgesetzt
    Trotz der fehlenden eindeutigen Beweise halten die EU-Partner, wie Deutschland, an ihrer Unterstützung für Großbritannien fest. Die Bundesregierung, so die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer bleibe bei ihrer Einschätzung.
    Moskau, so Alexander Shulgin, habe seine Chemiewaffenbestände längst vernichtet und sei unschuldig am Anschlag auf die Skripals. Russlands UN-Botschafter hat daher eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gefordert. Der Streit um die Wahrheit wird also in New York fortgesetzt.