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Slowakei
Rechtsextremist schickt "Bürgerwehren" in Züge

Der slowakische Rechtsextremist Marian Kotleba will private Patrouillen in Zügen mitreisen lassen. Sie sollen für Sicherheit und Ordnung sorgen, nachdem eine junge Frau in einer Regionalbahn angegriffen wurde. Bei der Parlamentswahl Anfang März hatten die Rechtsextremisten rund acht Prozent der Stimmen bekommen und damit 14 von 150 Mandaten errungen.

Von Stefan Heinlein | 13.04.2016
    Marian Kotleba von der rechtsextrmen slowakischen Volkspartei
    Marian Kotleba von der rechtsextremen slowakischen Volkspartei (dpa/picture-alliance/ Vaclav Salek)
    Die ersten Drei-Mann-Teams der Volkspartei sind bereits in den Zügen unterwegs. Dort sollen die jungen, durchtrainierten Männer Augen und Ohren offen halten um die Passagiere vor Überfällen zu schützen. Ein freiwilliger Dienst am Bürger, so der stolze Parteichef Marian Kotleba:
    "Der Staat ist nicht fähig die anständigen Menschen zu schützen. So lange sich das nicht ändert, müssen wir die Dinge selbst in die Hand nehmen."
    Die Bahngesellschaft ist wenig erfreut über die privaten Patrouillen
    Auslöser der Aktion sei der Angriff auf eine junge Frau in einem Regionalzug Mitte vergangener Woche. Ein Jugendlicher hatte die 21-Jährige brutal überfallen und ausgeraubt. Der Vorfall sorgte in den Medien für dicke Schlagzeilen. Die rechtsextremen Volksvertreter nutzen die Gelegenheit sich als Hüter von Recht und Ordnung zu präsentieren:
    "Alle Mitglieder unserer Patrouillen sind vorbereitet auf die Bewältigung von Stresssituationen. Falls notwendig werden sie die Täter festhalten und anschließend der Polizei übergeben."
    Dennoch ist die staatliche Bahngesellschaft wenig erfreut über die privaten Patrouillen. Juristisch gibt es bislang allerdings keine Möglichkeit die Streifen zu verhindern, solange die Parteimitglieder im Besitz einer gültigen Fahrkarte sind. Der Rechtsstaat dürfe jedoch nicht vor den Bürgerwehren kapitulieren, so der liberale Oppositionsabgeordnete Martin Poliacik:
    "Es ist ein deutliches Signal, dass sich die Faschisten bei uns in der Öffentlichkeit breitmachen. Es wird jetzt darauf ankommen wie die Gesellschaft reagiert."
    Die zaghaft begonnene Aufklärungskampagne trägt bislang keine Früchte
    Seit dem Einzug der rechtsradikalen Volkspartei ins neue Parlament hat in der Slowakei eine Debatte über die Ursachen des überraschenden Wahlerfolges begonnen. Auch der parteilose Präsident Andrej Kiska hat sich mit klaren Worten in die Diskussion eingeschaltet. Der Volkspartei sei es gelungen, sich bei vielen enttäuschten Bürgern als unbestechliche, neue politische Kraft zu etablieren. Es sei die Aufgabe der Politik die Rechtsradikalen zu entzaubern:
    "Junge Menschen sind überrascht, wenn man ihnen erklärt, wer Marian Kotleba in Wahrheit ist. Er ist ein Faschist. Man darf sich nicht davor fürchten die Dinge beim Namen zu nennen."
    Doch die zaghaft begonnene Aufklärungskampagne trägt bislang keine Früchte. In den Umfragen legt die Volkspartei weiter kräftig zu. Bei einer Neuwahl kämen die Rechtsradikalen aktuell auf mehr als elf Prozent.