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Smart Farming
Sensoren und Apps erobern den Spargel-Acker

Spargel wächst am besten bei 20 Grad. Mit speziellen Folien wird der Boden bei Bedarf gekühlt oder erwärmt. Ein Sensor im Acker überwacht beim Spargelhof Clemens in dieser Saison permanent die Temperatur – und funkt die Daten aufs Smartphone. Und das ist erst der Anfang: Demnächst kommen auch Roboter und Drohnen aufs Feld.

Von Piotr Heller | 12.05.2016
    Bosch-Ingenieur Christian Lasarczyk bei der Arbeit mit einem Prototyp des Spargelsensors
    Mit Bodensensoren und Datenanalysen kann die Temperatur des Spargel-Feldes überwacht werden (Bosch)
    Spargelanbau ist Präzisionsarbeit. Das weiß auch der Landwirt Matthias Clemens, der im rheinland-pfälzischen Ober-Flörsheim seinen Spargelhof betreibt:
    "Wir versuchen, die Temperatur in 20 Zentimetern Tiefe bei circa 20 bis 22 Grad zu halten, das ist die optimale Temperatur für den Spargel, für das Wachstum. Sind wir kälter, wächst der Spargel langsam, es kommt wenig Ertrag. Sind wir zu hoch, führt das zu Qualitätsproblemen."
    Folien kühlen oder wärmen den Boden
    Die Temperatur im Boden reguliert Matthias Clemens wie die meisten Landwirte mit Folien, die die Felder bedecken. Auf der einen Seite sind sie weiß, auf der anderen schwarz. Je nachdem, welche Seite oben liegt, reflektieren sie das Sonnenlicht oder absorbieren es, was wiederum den Boden kühlt oder wärmt. Zusätzlich gibt es noch eine transparente Folie, die wie eine Art Gewächshaus aufgespannt werden kann. Um zu wissen, welche Folie gerade die richtige ist, müssen die Landwirte auf den Wetterbericht oder ihr Bauchgefühl vertrauen oder ständig mit einem Thermometer aufs Feld raus. Matthias Clemens muss das nicht. Er hat Daten. Die liefert ein Sensor der Firma Bosch.
    "Der Sensor ist hier neben dran in der Spargelreihe. Hier sehen sie den Sensor. Der ist ungefähr 40 Zentimeter lang mit verschiedenen Temperatursensoren bestückt. Oben bei null Zentimeter, der nächste Sensor sitzt bei fünf Zentimeter, dann wiederum bei 20, was bei uns die entscheidende Temperatur ist, und in 40 Zentimeter Tiefe. Hier sehen sie auch direkt den Spargel wachsen neben dem Sensor."
    Die Messwerte schickt der Spargel-Sensor über eine kleine Box auf das Smartphone von Matthias Clemens.
    "Ich hoffe … ach, es sollte funktionieren! Ich öffne jetzt die Spargel-App von Bosch. Im Moment haben wir im oberen Bereich 24 Grad, die entscheidenden 20 cm sind im Moment bei 17,4 Grad. In Prinzip sind wir momentan etwas unter dem Optimum. Und da jetzt die Sonne und Wärme heute noch kommt, wird heute Abend die Temperatur in diesem Bereich liegen."
    Sensordaten steuern auch den Arbeitseinsatz
    Dank der Daten weiß Matthias Clemens von seinem Büro aus, wann er die Folien wenden muss. So fährt er seltener zum Messen aufs Feld. Doch die Folien müssen er und seine Helfer immer noch selbst wenden.
    "Das Folienwenden ist dieses Jahr sogar mehr wie die letzten Jahre, weil ich die exakten Daten habe."
    Das sorgt für bessere Qualität. Und das System kann noch mehr: Weil es seit Februar im Boden steckt, kennt es den Temperaturverlauf der ganzen Saison und kann voraussagen, wann wohl der erste Spargel bereit ist.
    "Ich kann den Arbeitseinsatz der Leute wesentlich besser planen. Würde ich meine Leute hier zu früh erscheinen lassen, wären sie hier, ihnen würde langweilig werden, weil sie keine Arbeit hätten, das wollen sie auch nicht. Andererseits: Würde ich zu spät anrufen, würde bei uns der Spargel wachsen, ich hätte niemanden zum Ernten da, das wäre genauso schlecht."
    Nach Sensoren kommen Roboter und Drohnen
    Dieses Jahr hat das bei Matthias Clemens schon gut geklappt. Der Spargel-Sensor hat einen Innovationspreis auf einer wichtigen Landtechnikmesse gewonnen. Dabei ist das System kein Hightech - es ist im Grunde ein Funkthermometer mit Analysesoftware. Und es nimmt Matthias Clemens auch nicht komplett die Arbeit ab. Er muss zum Beispiel immer noch die Sonnenstunden abschätzen und wissen, wie die sich auf die Temperatur im Boden auswirken werden. Aber der Spargel-Sensor funktioniert - für manche Probleme gibt es eben einfache Lösungen. Und er zeigt eine größere Entwicklung: Landwirte müssen technisch aufrüsten, um auf dem Markt mitzuhalten.
    Bosch hat das erkannt und will zukünftig auch Geld mit Robotern verdienen, die automatisch Bodenproben nehmen oder Unkraut vernichten; Landwirte pflanzen Spargel heute schon in präzisen Abständen mit GPS-Hilfe ein; Drohnen überwachen die Bodeneigenschaften von Anbaugebieten aus der Luft. Die Digitalisierung hat längst die Felder erreicht.