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Smartphone-App
Mehr Durchblick im Siegel-Dschungel

Eigentlich sollen sie für Klarheit sorgen, doch in ihrer Menge verursachen sie eher Verwirrung: Siegel auf Elektroartikeln, Label auf Lebensmitteln. Eine spezielle App soll nun Abhilfe schaffen.

Von Philip Banse | 29.04.2014
    Die Label-App heißt "Label online", läuft auf iPhones und Android-Smartphones, wurde vom Bundeslandwirtschaftsministerium in Auftrag gegeben und vom Verein "Verbraucher Initiative" entwickelt.
    Die "Verbraucher Initiative" sammelt bereits seit Jahren unter der Adresse Label-online.de Informationen zu Labels, die Verbraucher jeden Tag im Laden sehen: Ökosiegel, Naturland, Bioland und wie sie alle heißen. Mit dieser App ab sofort aus den App-Stores ladbaren App sollen Verbraucher jetzt im Laden nachschlagen können, was es mit einem bestimmten Label auf sich hat.
    Derzeit sind über die App 240 Label recherchierbar, es sollen mal 600 werden.
    Nehmen wir das Beispiel Naturland. Dazu erfährt der Verbraucher dann, dass es in den 4 Kategorien Anspruch, Unabhängigkeit, Kontrolle und Transparenz jeweils die volle Punktzahl bekommt. Dazu ausführliche Textinformationen zum Labelgeber, den Zielen des Labels und der Labelvergabe. All diese Informationen und die wichtige Bewertung eines jeden Labels – etwa "besonders empfehlenswert" – kommen vom Verein Verbraucher Initiative, sagt deren Bundesgeschäftsführer Georg Abel.
    Jedes Label werde nach Anspruch, Unabhängigkeit, Kontrolle und Transparenz bewertet. Abel nennt dieses Bewertungsraster eine Matrix.
    "Das haben wir nicht alleine entwickelt in unserem Haus. Die "Verbraucher Initiative" hat sich mit unterschiedlichen Stakeholdern zusammengesetzt aus Verbänden, Unternehmen und hat darüber nachgedacht: Was macht eigentlich ein glaubwürdiges Label aus? Was sind die Punkte? Und wir sind dann auf diese vier Oberpunkte und die Unterpunkte gekommen. Wir haben einen kleinen Beitrag, der diese Matrix abgekommen hat und dieses Projekt auch weiter begleitet."
    Auch der Naturschutzbund NABU hat eine solche Label-App. Die kommt etwa bei einigen Fair-Trade-Labeln zu negativeren Bewertungen als die Label-App des Ministeriums. Das liege daran, sagt Maria Flachsbart, vom Ernährungsministerium, dass die App des Naturschutzbunds vor allem auf ökologische Kriterien Wert lege. Die Label des Ministeriums beziehen auch soziale und wirtschaftliche Aspekte mit ein.
    "Deshalb denken wir, dass wir mit dieser Label-App tatsächlich ein gutes Instrument auf den Weg gebracht haben, um den Verbraucher mündiger zu machen, um einen bewussteren Kauf zu ermöglichen und damit eben auch eine Kaufentscheidung qualifizierter zu machen, wenn das denn gewollt ist."
    Die Verbraucher im Laden haben zwei Möglichkeiten nach Labels zu suchen. Sie können einmal den Namen des Labels eintippen. Das aber ist oft nicht einfach, weil auf vielen Labels kein eindeutiger Name steht. Diese Erfahrung musste auch der Parlamentarische Staatssekretär im Verbrauchschutzministerium Ulrich Kelber machen:
    "Wir haben hier ein Kleidungsstück mit einem mir nicht bekannten Label drauf mit einem Kleeblatt. Und jetzt versuche ich mal, ohne dass wir das vorbereitet haben, ich gebe mal als Suchbegriff Kleeblatt ein. Naaaa. Machen wir mal nur "Blatt" an der Stelle. Ansonsten werden wir es einscannen."
    Weil die Suche nach "Kleeblatt" und "Blatt" keine oder zu viele Ergebnisse bringt, muss Kelber das Label einscannen. Dazu macht man er in der App ein Foto von dem Label. Die App versucht das Label zu erkennen. Aber auch das gelingt Kelber – wie schon zuvor seiner Kollegin Flachsbart - nicht.
    "Toll, Herr Kollege." "Das habe ich nur aus Freundlichkeit gemacht, dass es beiden von uns so passiert ist."
    Und auch der zweite Scann-Versuch, das Label etwas Format füllender zu scannen, klappt nicht.
    "Nehmen wir doch ein anderes Produkt." "Nehmen wir die Rückseite, da ist noch ein Label."
    Bei dem anderen Label funktionierte es dann, aber auch meine Versuche waren nicht ermutigend. Von 20 Scan-Versuchen haben vier sofort das richtige Label ausgeworfen. Staatssekretär Ulrich Kelber hält die App dennoch für alltagstauglich:
    "In meinem Real-Life-Test, den ich durchgeführt habe, ja."
    Seine Kollegin Flachsbart aus dem Bundesernährungsministerium gesteht, dass es noch einiges zu verbessern gibt:
    "Wir sind in einem lernenden System. Das Ganze funktioniert an der einen oder anderen Stelle, aber man sieht auch, dass es an der einen oder anderen Stelle noch weiteren Entwicklungsbedarf gibt. Ich denke aber, dass es ein wesentlicher Schritt nach vorne ist, weg von meinem Laptop oder von meinem Computer, den ich zu Hause habe, wo ich dann das eine oder andere Label tatsächlich nachvollziehen kann."