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Bald ist Schluss mit Windows XP

Am 8. April stellt Microsoft den Support für Windows XP ein. Privatnutzer und Unternehmen sollten spätestens dann auf ein anderes Betriebssystem umstellen. Andernfalls drohen Sicherheitslücken.

Von Daniel Bouhs | 19.02.2014
    "Windows XP ist bei den Anwendern und auch bei den Administratoren sehr beliebt. Es ist ein etabliertes System. Es ist wenig fehleranfällig."
    Nur widerwillig verabschiedet sich Carsten Jacobsen von Windows XP. Er leitet die IT-Abteilung der Berliner Verkehrsbetriebe. Mehr als 4000 Rechner müssen er und seine Kollegen auf ein neues Betriebssystem umstellen – und das obwohl die Systeme bis zuletzt quasi reibungslos liefen.
    "Und dementsprechend war wenig Veranlassung, von diesem stabilen System wegzugehen. Aber jetzt ist es abgekündigt – und jetzt müssen wir."
    Am 8. April ist es so weit. Microsoft stellt den Support ein – obwohl Windows XP Anfang dieses Jahres noch auf mindestens jedem vierten Rechner weltweit lief.
    Wer Windows XP nun weiter nutzt, läuft ins Risiko: Hacker, die neue Sicherheitslücken entdecken, haben freie Bahn. Das ist ein Risiko für Privatanwender – Stichwort: Onlinebanking. Dringen Hacker aber in die Computersysteme von Unternehmen oder Behörden ein, ist der Schaden natürlich ungleich größer.
    "Das größte Problem sind die kleinen Unternehmen und Selbstständigen, also wenn man an so etwas denkt wie Arztpraxen oder so, die definitiv keine eigenen Techniker haben, die so etwas pflegen oder planen und wo die Frage ist, wann raffen die sich auf, den Aufwand sowohl an Zeit als auch an Geld zu treiben, daran etwas zu tun?",
    fragt sich Lutz Prechelt, der an der Freien Universität Berlin zur Computersicherheit forscht. Die Umstellung schleifen zu lassen, wäre fahrlässig, mahnt der Informatiker – vor allem, wenn es auch um sensible Daten wie die von Patienten geht. Doch ein Update auf ein neueres Betriebssystem ist oft schwieriger, als man denkt.
    "Arztpraxen sind ein gutes Beispiel, weil die häufig Software benutzen, Praxisverwaltungssysteme, die auch von mittelständischen Firmen kommt und die möglicherweise eben auf Windows XP viel besser läuft als irgendwo anders. Also die tun sich ernsthaft schwer."
    Privatanwender müssen ihr Betriebssystem vielleicht noch mit einer Textverarbeitung und ein paar Spielen bestücken – Programme von der Stange sozusagen, für die es ständig neue Versionen gibt. Bei unternehmensspezifischen Programmen aber ist das anders – so auch bei den Berliner Verkehrsbetrieben.
    "Wir reden hier über die Nischen-Software, die wir brauchen, um in den Werkstätten spezielle Diagnose-Systeme fahren zu können, um eben unsere Verkehrssysteme steuern zu können. Hier arbeiten wir halt eben auch viel mit Software-Lösungen, die im Markt auch gar nicht weit verbreitet sind, weil sie eben sehr speziell auf Verkehrsunternehmen zugeschnitten sind."
    Läuft ein System nicht reibungslos, dann kann das für Unternehmen große Folgen haben. Man denke nur an die Steuerungssysteme von Kraftwerken, an die Wasserversorgung oder wie bei Verkehrsunternehmen an den Schienenverkehr.
    "Da wir dafür Sorge tragen müssen, dass unsere Systeme mit in der Regel über 99 Prozent verfügbar sind, migrieren wir nicht gerne. Wir würden eher den Claim unterschreiben: 'Never touch your running system'."
    Und das ist auch gar nicht immer nötig: Computer ohne Verbindung zum Internet können weiter mit Windows XP laufen – die Gefahr von Sicherheitslücken oder Hackerangriffen ist hier nicht gegeben. Bei der BVG ist das bei Fahrkartenautomaten so, die ebenfalls auf einer abgespeckten Version des Betriebssystem-Klassikers laufen. Bei Banken sind das Geldautomaten.
    Und dann müssen Unternehmen auch nicht gänzlich auf XP-Updates verzichten: Anders als Privatanwender wird Microsoft sie auch über den April hinaus beliefern – gegen Gebühr.
    Am Ende sei das nur fair, sagt BVG-Manager Jacobsen. Unternehmen wie seines seien mitunter auch selbst schuld, wenn sie jetzt extra zahlen müssten:
    "Weil Windows XP war wirklich sehr lange am Markt, ungewöhnlich lange für ein Betriebssystem. Und es ist eigentlich auch rechtzeitig abgekündigt worden. Hier muss man wirklich sagen, hier haben wir vielleicht auch ein bisschen zu lange abgewartet als BVG."