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Solarenergie
Kaum noch Neuinstallationen

Wer Solarstrom erzeugt, bekommt seit der jüngsten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes keine feste Vergütung mehr. Den Zuschlag für staatliche Subventionen erhalten nur noch die günstigsten Anbieter. Ausgenommen sind lediglich kleine Solaranlagen auf dem eigenen Hausdach. Was heißt das für die Zukunft der Solarenergie?

Von Anke Petermann | 01.08.2016
    Arbeiter installieren Solarzellen auf einem Dach, aufgenommen am 06.03.2012 in Igersheim.
    Kleinlagen auf Hausdächern zur Eigenstromversorgung sind bis zu einer Leistung von 10 Kilowatt von der EEG-Umlage befreit. (dpa picture alliance / Daniel Kalker)
    Ein 140 Jahre altes Druckereiunternehmen in Sinzig - seit jüngstem mit eigenem Kraftwerk auf dem Dach. Elektromeister Andreas Schwerter wirft einen Kontrollblick auf die zu Minidächern aufgestellten Glasmodule.
    "Das sind rund 1720 Photovoltaik-Module, die im Jahr ca. 400.000 Kilowatt-Stunden Strom produzieren. Wir haben hier auf einem Flachdach eine Ost-West-Aufständerung gewählt", um die Sonne morgens auf den nach Osten, abends auf den nach Westen gerichteten Modulen zu ernten und mittags auf beiden.
    Das Erneuerbare Energien Gesetz als "Einstampf Gesetz"?
    Installiert hat Schwerter die Anlage gemeinsam mit 15 Mitarbeitern im zeitlichen Wettlauf gegen eine der Novellen des EEG, das er "Erneuerbare Einstampf Gesetz" nennt. Seit August 2014 müssen Solarstrom-Erzeuger die EEG-Umlage von 6,4 Cent auch auf die Kilowattstunde eigen genutzter Energie zahlen.
    "Ich vergleiche das immer mit dem örtlichen Gemüsehändler, bei dem ich dann eine Entschädigung zahlen muss, weil ich im Garten selbst meine Tomaten gepflanzt habe. Diese EEG-Umlage, die dann quasi für Solarstrom, den ich selber nutze, dreißig beziehungsweise vierzigprozentig anfällt, diese Regelung ist am 1.8.2014 in Kraft getreten, und wenn man sich das bei einer Anlage in dieser Größenordnung vorstellt, dann spricht man schon über fünfstellige Beträge, die man im Jahr abführen muss oder dementsprechend eingespart habe auf zwanzig Jahre Betriebsdauer, wenn die Anlage vorher noch ans Netz gegangen ist."
    Schwerter schaffte den Termin, Krupp Druck ist jetzt fast energieaautark und spart hohe Stromkosten, so der geschäftsführende Gesellschafter Hermann Krupp:
    "In den zwei Jahren, wo die Anlage läuft, haben wir 90 % des erzeugten Stroms hier selber verbraucht. Das war unser Ziel – das haben wir voll erreicht."
    In sieben Jahren soll sich das Dachkraftwerk amortisiert haben. Ein neues - bei einer erwogenen Expansion – nicht ausgeschlossen.
    Juwi AG profitiert vom weltweiten Solar-Boom
    Solarkraftwerke plant und baut auch Juwi mit Sitz im rheinhessischen Wörrstadt, allerdings nur noch im Ausland. Das Pionier-Unternehmen ist spezialisiert auf leistungsstarke Freiflächenanlagen, wie das 86-Megawatt-Kraftwerk, das soeben auf einer Fläche von 300 Fußballfeldern in Südafrika entstand. Die jüngste EEG-Novelle mit dem Ausschreibungsmodell ab 2017 wird Juwi nicht auf den Heimatmarkt zurücklocken, so Vorstand Stephan Hansen.
    "Denn hier sind viele Einschränkungen, welche Flächen heute genutzt werden können und die sind tendenziell teuer. Wir reden von zerstückelten Flächen – Konversions- oder Industrieflächen. Die traditionell günstigen Flächen, die wir in der Vergangenheit auch in Deutschland genutzt haben oder auch im Rest der Welt nutzen, sind niederwertige Ackerflächen oder brach liegende Ackerflächen, aber die sind vom Gesetz her heute von den Ausschreibungsmodellen ausgeschlossen."
    Auch der Sinziger Elektromeister Schwerter beklagt die Flächenrestriktionen für Sonnenkraftwerke.
    Solarwende auf dem Dach bleibt möglich
    Auf Hausdächern aber bleibe die Solarwende möglich. Bis zu einer Leistung von 10 Kilowatt sind die Kleinlagen zur Eigenstromversorgung von der EEG-Umlage befreit. Die Speichertechnik sei ausgereift, konstatiert der nebenberufliche TÜV-Gutachter, der gemeinsam mit Sonnenenergie-Anhängern im Sinziger Solarverein "Goldene Meile" das Klimaschutzpotential der Technologie weiter auslotet.
    Vorbei die Zeit, "dass die Photovoltaikanlagen generell noch so teuer waren, dass sich nicht wirtschaftlich darstellen ließ, den Strom, den die Anlage produzierte, selbst zu nutzen. Das ist jetzt, wo die Batteriespeicher auch günstiger geworden sind, durchaus der Fall, dass man dann 70 Prozent seines Strombedarfs über einen Photovoltaik- oder Lithium-Ionen-Speicher decken kann."
    Weg von der Netzeinspeisung hin zum Eigenverbrauch – diese politische Wende hatte sich der Sinziger Solarverein nicht gewünscht. Doch er begleitet sie, um das Klima und die einheimische Kompetenz zu retten.