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Solarförderung trotz Kürzungen weiter lohnend

Das Bundeskabinett hat Kürzungen bei der Solarförderung von 20 bis 30 Prozent in die Wege geleitet. Für private Verbraucher sei die Einrichtung einer privaten Solaranlage aber weiterhin attraktiv, unterstreicht Holger Krawinkel von der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Holger Krawinkel im Gespräch mit Georg Ehring | 29.02.2012
    Georg Ehring: Die goldenen Zeiten für die Solarenergie sollen ziemlich plötzlich zu Ende gehen. Schon am 9. März, also in der nächsten Woche, sollen die Tarife drastisch sinken, außerdem soll nicht mehr der gesamte selbst erzeugte Solarstrom zu garantierten Preisen eingespeist werden. Und die Regierung will die Zubaumenge begrenzen, damit die Strompreise nicht zu stark steigen. – Holger Krawinkel befasst sich für den Verbraucherzentrale Bundesverband mit der Solarenergie und er gehört seit Langem zu den Kritikern der üppigen Förderung dieser Energiequelle. Ich habe ihn vor dieser Sendung nach seiner Meinung über die Förderkürzung befragt.

    Holger Krawinkel: Der Schritt, den die Bundesregierung jetzt vorhat, ist überfällig. Es will ja keiner die Solarenergie völlig runterfahren, sondern es geht darum, dass die Solartechnologie enorme Fortschritte erzielt hat. Dadurch, dass es immer größere Fortschritte bei der Kosteneffizienz gegeben hat, sind die Module sehr, sehr günstig geworden. Und da das Erneuerbare-Energien-Gesetz lediglich eine kostendeckende Vergütung vorsieht, ist es zwangsläufig, wenn die Kosten sinken, muss auch die Vergütung angepasst werden.

    Ehring: Nun sinken die Kosten ja stärker als bei früheren Schritten. Lohnt sich für den privaten Verbraucher die Einrichtung einer privaten Solaranlage noch?

    Krawinkel: Im privaten Bereich ist das nach wie vor sehr attraktiv, da sind die Kosten stärker gefallen, als jetzt die Vergütungen absinken. Zum ersten Mal ist eine Vergütung möglich, die unterhalb der Einstandspreise liegt. Das heißt, jemand, der seinen Strom selber verbraucht, den er aus der Solaranlage erzeugt, kann sich einen höheren Betrag zurechnen, als die Einspeisevergütung hergibt. Deswegen ist es besonders attraktiv, einen möglichst großen Teil des Stroms, den die Solaranlage erzeugt, selber zu nutzen.

    Ehring: Das heißt, die Eigenverbrauchsoption ist für Sie ein Fortschritt? Man bekommt künftig ja auch nicht mehr alles bezahlt.

    Krawinkel: Ja. Man bekommt 85 Prozent, wenn es so bleibt, vergütet und 15 Prozent müssen selber verbraucht werden. Ich denke, dass die meisten Haushalte über diesem Betrag liegen werden. Es ist relativ einfach, etwa 20, 25 Prozent des Solarstroms selber zu verbrauchen. Wenn es darüber hinausgeht, dann muss ich schon meine Geräte entsprechend einsetzen, oder eben über Speicher verfügen.

    Ehring: Was raten Sie denn privaten Interessenten? Soll man jetzt schnell handeln, oder soll man erst mal abwarten, wie sich das Ganze entwickelt?

    Krawinkel: Na ja, ich denke, es wird im Moment so sein, dass die Preise natürlich jetzt eher ansteigen. Wenn jeder so eine Solaranlage haben will, sind die Handwerker natürlich voll beschäftigt. Auch die Modulpreise werden sicher in den nächsten Tagen anziehen. Deswegen, glaube ich, kann man ganz gelassen abwarten. Selbst wenn die Vergütung dann um 20 oder 25 Prozent abgesenkt wird, werden auch die Preise entsprechend nachgeben. Wir haben ja zurzeit die Situation, dass insbesondere bei den Modulen sehr große Überkapazitäten bestehen. Etwa nur die Hälfte der Modulproduktion wird abgesetzt. Das heißt, wenn es hier jetzt einen zusätzlichen Preisdruck gibt, weil die Vergütung absinkt, kann man sich durchaus vorstellen, dass die Module noch ein Stück weit im Preis nachlassen.

    Ehring: Warum erwarten Sie, dass die Module teurer werden? Die Vergütung wird doch sehr schnell gesenkt.

    Krawinkel: Ja, aber in der Zwischenphase wird natürlich noch versucht, möglichst viel Geld zu verdienen. Das sind natürlich jetzt nur wenige Tage. Von daher, glaube ich, ist es für den Verbraucher sicher kein Problem, das jetzt noch abzuwarten.

    Ehring: Chinesische Anlagen haben in der Vergangenheit als Preisdrücker fungiert. Werden es denn die deutschen Solarhersteller jetzt noch schaffen können, Ihrer Meinung nach?

    Krawinkel: Die Frage der Modulherstellung ist natürlich völlig unabhängig von dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu sehen. Es wird ja nicht vorgeschrieben, aus welchem Land die Module kommen sollen, die eingebaut werden. Und die Chinesen haben aus verschiedenen Gründen hier Wettbewerbsvorteile. Das heißt, die Module werden dort preisgünstiger produziert, und das macht sich natürlich dann im Markt bemerkbar. Die deutschen Hersteller müssten stärker investieren, sie haben teilweise noch veraltete Anlagen. Natürlich sind sie jetzt unter Druck geraten, aber das ist zum größten Teil auch selbst verschuldet. Man hätte eben sehr viel früher in neue Anlagen investieren müssen, und das hat man versäumt, und deswegen sind die chinesischen Hersteller, die ja durchaus auch deutsche Maschinen benutzen, im Vorteil.

    Ehring: Die Bundesregierung will auch die Zubaumenge an Solaranlagen begrenzen. Kann ich denn künftig überhaupt sicher sein, dass meine Anlage ans Stromnetz angeschlossen und entsprechend vergütet wird?

    Krawinkel: Es wird ja keinen Deckel geben, das sind ja Korridore, die sich die Bundesregierung selber vornimmt. Sie hält sich weiterhin vor, eventuell nachzusteuern, also die Vergütung noch weiter abzusenken, wenn eben deutlich mehr gebaut wird, oder die Preise weiter sinken. Man kann so ein Mengenziel nicht wirklich vorgeben. Von daher besteht da kein Grund zur Beunruhigung, dass die Anlage, die gebaut ist, dann nicht ans Netz angeschlossen wird.

    Ehring: Holger Krawinkel vom Verbraucherzentrale Bundesverband sieht nach der Förderkürzung weiter Anreize für private Solaranlagen. Das Interview mit ihm haben wir kurz vor der Sendung aufgezeichnet.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.