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Solarmodule für den Privathaushalt
Strom vom Balkon

Solarmodul kaufen, am Balkon installieren, einstecken: Bisher war diese Art der Stromgewinnung für Privathaushalte mit großen rechtlichen und technischen Unsicherheiten verbunden. Doch jetzt könnte der Durchbruch für das Minikraftwerk auf dem Balkon bevorstehen. Möglich macht dies eine neue elektrotechnische Norm.

Von Daniela Siebert | 27.10.2017
    Satellitenantennen hängen in Köln-Chorweiler an den Balkonen eines Hochhauses.
    Der erste Schritt ist getan: Künftig könnte es auch Privathaushalten erlaubt sein, Strom auf dem Balkon zu erzeugen. (dpa / picture alliance)
    Die gute Neuigkeit ist: Strom für den eigenen Haushalt aus Solarmodulen am Balkon zu beziehen ist technisch ganz einfach. In vielen Ländern funktioniert das ganz problemlos sagen die Befürworter, etwa in der Schweiz, in Österreich und in Portugal. Nur in Deutschland ist das alles sehr viel komplizierter, weil viel mehr Akteure im Spiel sind, rechtliche und technische Hürden bestehen oder herbei geredet werden. Hier bewegt sich Vieles noch in Grauzonen. Aber ein bisschen ist es jetzt einfacher geworden so etwas zu installieren, weil es eine neue elektrotechnische Norm gibt, die solche Anwendungen betrifft.
    Marcus Vietzke von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie beschreibt das so:
    "Wir haben das jetzt erreicht, dass diese Anlagen in jedem Stromkreis angeschlossen werden können und mit einer Steckverbindung, die von einem Laien bedienbar ist. Das ist ein Paradigmenwechsel, das ist absolut neu und erschließt haufenweise Anwendungsfelder für dezentrale regenerative Energieeinbindung."
    Leider ist das nicht die einzige deutsche Norm, die für eine einfachere Anwendung geändert werden muss. Vor allem eine Produktnorm, die die Hersteller anwenden und die überprüfbar ist, steht noch aus. Die wird erst in ein bis zwei Jahren erwartet. Daher ordnet Alexander Nollau vom elektrotechnischen Fachverband VDE den aktuellen Fortschritt so ein:
    "Es ist ein wahnsinnig großer Durchbruch, den wir jetzt erreicht haben, wir wissen jetzt, wie wir es anzuschließen haben und wo, sodass die elektrische Sicherheit gewährleistet ist. Die Produktnorm regelt dann noch die Testung der Module und spezifiziert diese Module an sich."
    Viele Baustellen bestehen weiterhin
    Viele andere Baustellen bestehen für Mieter, die selbst am Balkon Strom erzeugen wollen, aber auch weiterhin. Das sind vor allem die Stromnetzbetreiber, die das allzu oft nicht wollen. Marcus Vietzke:
    "Es sind halt über 700 Netzbetreiber in Deutschland, die einen sagen "Danke für die Anmeldung", die andern sagen "Das ist verboten" und die Dritten drohen damit den Netzanschluss zu kappen. Das wird noch eine Weile so weitergehen, denke ich mal."
    Da der Strom vom Balkon aber eigentlich direkt im Haushalt verbraucht werden soll und allenfalls kleckerweise im allgemeinen Stromnetz landet ist es aber juristisch umstritten, inwiefern die Netzbetreiber da überhaupt mitreden dürfen.
    Sicher ist: Wer selbst mit Steckmodulen Strom am Balkon erzeugen will -oder auf dem Garagendach oder im Kleingarten, der darf keine Angst vor Wortungetümen haben und vor Bürokratie. Denn die Marktstammdatenverordnung sieht vor, dass man eine solche Anlage der Bundesnetzagentur angeben muss. Und die Netzanschlussverordnung verlangt eine Anmeldung beim Stromnetzbetreiber.
    Vor Inbetriebnahme mit Vermieter und Gebäudeeigentümer sprechen
    Außerdem sollten sich Mieter mit dem Gebäudeeigentümer und ihrem Versicherer über Genehmigungen bzw. Haftungsfragen verständigen. Dazu kommt eventuell der Einbau eines anderen Stromzählers, denn die Rechtslage verlangt, dass der bei solch einer Anwendung eine Rücklaufsperre haben muss.
    "Standardmäßig haben die Zähler, die wir haben keine Rücklaufsperre, das heißt, die würden sich zurückdrehen und damit landet man dann plötzlich in einer ungeregelten rechtlichen Grauzone mit seinem System.
    Also entweder man sorgt dafür, dass das System das nicht macht, indem man so viel verbraucht, dass es nie passiert oder in dem das System so klein ist, dass es nie passiert oder man muss sich mit dem Thema auseinandersetzen, da gibt es dann verschiedene Möglichkeiten für, beispielsweise der rücklaufgebremste Zähler."
    Über 20.000 Solar-Steckmodule sind in Deutschland schon verbaut hat die DSG im letzten Jahr erhoben. Sie liefern bei guter Ausrichtung etwa 300 Kilowattstunden pro Jahr.
    Michael Friedrich von Greenpeace Energy feiert die aktuelle Entwicklung daher auch als Durchbruch zu einer partiellen Selbstversorgung der Bürger.
    "Jetzt können normale Laien die einstecken, wir hoffen ja dass nun wirklich Tausende diese Module nutzen, damit wären die auch an der Energiewende beteiligt in den Städten, nun kann jeder selbst Sonnenstrom erzeugen und im eigenen Haushalt nutzen."
    Im Moment würden die Module aber vermutlich nur für ein LED-Lämpchen reichen, denn der Himmel in Berlin ist grau und es nieselt. Damit zurück nach Köln.