Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Soldatengedenkstätten
"Nur noch versteinerte Geschichte"

Die Deutschen seien im Gedenken gehemmt, sagte der Historiker Manfred Hettling im DLF. Im Gegensatz zu anderen Nationen wie den USA, Kanada oder Australien versuche die Politik, die Erinnerung an gefallene Soldaten einer größeren Diskussion zu entziehen. Das werde an drei Punkten immer wieder deutlich.

Manfred Hettling im Gespräch mit Michael Köhler | 16.11.2014
    Ein Kreuz mit der Aufschrift "Den Toten zur Ehr" auf der Gedenkstätte "Wald der Erinnerung".
    Die neue Gedenkstätte "Wald der Erinnerung" befindet sich auf dem Gelände des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Geltow bei Potsdam. (picture alliance / dpa / Ralf Hirschberger)
    "Wir tun uns immer noch schwer, an den Tod der Soldaten zu erinnern und derer zu gedenken, was mit der Verarbeitung der Geschichte des Zweiten Weltkriegs zu tun hat", sagte Hettling, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Halle-Wittenberg, im Deutschlandfunk. Das zeige sich besonders an der Art der deutschen Kriegsdenkmäler, wie beispielsweise dem Berliner Bendlerblock oder dem neu errichteten "Wald der Erinnerung".
    Erstens seien diese Orte oft der Öffentlichkeit entzogen – ganz im Gegensatz zu anderen Staaten, wo Kriegsdenkmäler an hochpolitischen, zentralen Plätzen stünden. Zweitens hätten die deutschen Denkmäler durch die Nennung der Namen immer einen sehr persönlichen Charakter und zielten damit vor allem darauf ab, dem Trauerbedürfnis der Angehörigen gerecht zu werden.
    Drittens beobachte er, sagte Hettling, dass die Denkmäler immer ohne vorhergehende öffentliche Diskussion entworfen und errichtet würden. Das Verteidigungsministerium und die Parteien versuchten so, einen ernsthaften und kontroversen Diskurs zu unterbinden. Die Denkmäler würden der Bevölkerung vorgesetzt nach dem Motto: "Seid zufrieden, aber diskutiert nicht darüber", erklärte Hettling. Er sehe darin eine "verpasste Chance".
    Durch Rituale an den Denkmälern, wie sie in anderen Ländern Usus seien, könne man dafür sorgen, dass die Erinnerung an gefallene Soldaten mit jeweiligen aktuellen Situation in Verbindung gebracht werde. So könne ein Gefühl für den "Preis der Freiheit" entstehen, für die diese Soldaten gekämpft hätten. Andernfalls seien die Denkmäler – wie aus seiner Sicht vielfach in Deutschland zu beobachten – "nur noch versteinerte Geschichte".
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.